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Zum fünften Mal in Folge Bildungsmonitor 2025: Bremen mal wieder auf dem letzten Platz

Für Bremen birgt der alljährliche Bildungsmonitor keine Überraschungen mehr – der letzte Platz ist dem Land sicher. Einziger Trost: Es ist nicht alles so schlecht, wie es auf den ersten Blick aussieht.
09.09.2025, 09:00 Uhr
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Bildungsmonitor 2025: Bremen mal wieder auf dem letzten Platz
Von Frank Hethey

Die rote Laterne wird Bremen einfach nicht los: Zum fünften Mal in Folge ist Bremen beim Bildungsmonitor auf dem letzten Platz gelandet. Von 100 möglichen Punkten erhält Bremen 38,8 und stagniert damit auf dem Vorjahresniveau. Gegenüber 2013 hat Bremen 5,5 Punkte eingebüßt. Weitaus besser schneiden erneut die beiden anderen Stadtstaaten ab. Hamburg hält den dritten Platz (55,6 Punkte), Berlin (42,3) verbessert sich vom zwölften auf den elften Rang. An der Spitze steht einmal mehr Sachsen (65,4), gefolgt von Bayern (58,7). Niedersachsen (43,6) rutscht vom achten auf den zehnten Platz ab. Das geht aus der neuen Vergleichsstudie hervor, die das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) ermittelt hat. Die Ergebnisse sollen an diesem Dienstag in Berlin vorgestellt werden. Scharfe Kritik an den Erhebungsmethoden des Bildungsmonitors übt das Institut für Qualitätsentwicklung im Land Bremen (IQHB).

So ernüchternd das Bremer Abschneiden auch ist, in einigen Bereichen kann der ewige Letzte auch punkten. Im Handlungsfeld Hochschule und Mint (kurz für: Fächer aus dem Spektrum Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) belegt Bremen wie im Vorjahr den ersten Platz, bei den Betreuungsbedingungen den zweiten und bei der Digitalisierung den dritten Platz. Konkret bedeutet das: Bremen weist Spitzenwerte bei der Akademikerquote und beim Anteil von Mint-Wissenschaftlern am wissenschaftlichen Personal auf. In Bremen gibt es pro Schüler mehr Lehrer als im Bundesdurchschnitt. Das gilt auch für die Hochschulen, die beruflichen Schulen und die Betreuungsrelationen in den Kindergärten. Bei der Ausbildungsleistung im IT-Bereich erreicht Bremen sogar die besten Werte aller Bundesländer. Zudem erlangen in Bremen mehr ausländische Jugendliche als im Bundesdurchschnitt die Studienberechtigung.

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Allerdings können die Pluspunkte nicht die Schwächen aufwiegen. In vier von 13 Kategorien geht Bremen als Schlusslicht durchs Ziel. Nirgends sonst sind laut Studie die Bildungsausgaben so niedrig und ist die Schulqualität so schlecht wie in Bremen. Die Quote der Schulabbrecher fällt in Bremen mit 9,3 Prozent spürbar höher aus als der bundesweite Durchschnitt von 7,1 Prozent. Gleichzeitig besteht in Bremen die höchste Bildungsarmut aller Länder, das heißt: Die Mindeststandards in Lesen, Schreiben und Rechnen werden durch die Bank nicht erfüllt. Beträchtliche Defizite macht die Studie auch in der Ganztagsbetreuung aus. Nur 36,4 Prozent der drei- bis sechsjährigen Kinder wurden 2024 in Bremen ganztags betreut – der bundesweite Schnitt beträgt 46,6 Prozent. Vor allem im Sekundarbereich I liegt der Anteil der Schülerinnen und Schüler in Ganztagsschulen mit 32,8 Prozent deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 47,9 Prozent. Einigen Nachholbedarf sieht die Studie auch bei der Integration. In dieser Kategorie belegt Bremen den 14. Platz, ist also Drittletzter. Fast ein Viertel der ausländischen Jugendlichen verlässt die Schule ohne Abschluss. Das ist deutlich mehr als der Bundesdurchschnitt von 17,8 Prozent. Trübe auch das Bild an den Berufsschulen, wo mit 5,3 Prozent unterdurchschnittlich viele Jugendliche mit ausländischer Staatszugehörigkeit eine Studienberechtigung erlangten.

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Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) sagte in einer ersten Reaktion, in keinem anderen Bundesland sei die Bandbreite zwischen richtig guten und richtig schlechten Aspekten so groß wie in Bremen. Dass Bremen bei der Bildungsarmut mit weitem Abstand hinten liege, sei auch Ausdruck der sozialen Lage. "Aber das kann uns nicht zufriedenstellen." Erfreut zeigte sich Aulepp über die guten Leistungen, die Bremen im Bereich Digitalisierung bescheinigt werden. "Dass wir bei den Betreuungsrelationen ganz weit vorne sind, ist gut, aber auch notwendig." Das Bildungsbarometer zeige: "Wir haben was gemacht. Aber ich sage auch klar: Wir müssen noch mehr tun."

Unterdessen kritisiert Johannes Wiesweg vom IQHB die Datenbasis des Bildungsmonitors. Dabei verweist er auf die Angabe der Autoren, wonach sich die Studie überwiegend auf Zahlen aus dem Jahr 2023, teils auch 2024 stützt. Für Wiesweg haben sie deshalb keinen Neuigkeitswert. Im Kern handele es sich in jedem Jahr um eine Aktualisierung der Daten und geringfügige inhaltliche Überarbeitung des Vorjahresberichts – bis hin zu identischen Textpassagen. "Es liegt daher auf der Hand, dass keine Sprünge im Ranking zu erwarten sind." Aus Wieswegs Sicht taugt der Bildungsmonitor nicht für einen bundesweiten Datenvergleich. Diese Fähigkeit billigt der Bildungsexperte einzig dem Nationalen Bildungsbericht "Bildung in Deutschland" zu, der alle zwei Jahre veröffentlicht werde, das nächste Mal im Sommer 2026. Sein Fazit: Für die Bewertung der Situation in Bremen stelle das IQHB "deutlich differenziertere Steuerungsinformationenen" bereit.

Als Beleg für Bremens andauernden Bildungsabstieg werten dagegen die Arbeitgeberverbände Nordmetall und der Allgemeine Verband der Wirtschaft Norddeutschlands (AGV Nord) den neuen Bildungsmonitor. "Das ist eine desaströse Ausgangssituation für junge Menschen, ganz besonders für diejenigen mit Start- und Entwicklungshemmnissen", sagt Thomas Küll, Abteilungsleiter Bildung, Arbeitsmarkt, Fachkräfte bei Nordmetall und AGV Nord. Sorgen machen Küll die schlechten Ergebnisse in Kombination mit der sehr hohen Bildungsarmut in Bremen. Es sei absehbar, dass junge Menschen immer häufiger ohne Perspektive auf den Arbeitsmarkt kämen. Der Fachkräftemangel am Standort drohe noch prekärer zu werden. Daraus zieht Küll eine drastische Konsequenz: "In Bremen hilft nur ein deutlicher, ganzheitlicher Haltungswechsel in der Bildungspolitik."

Das IW hat den Bildungsmonitor für sämtliche 16 Bundesländer erstmals 2004 erstellt. Anhand von 13 Handlungsfeldern und 98 Indikatoren wird ermittelt, ob die einzelnen Bundesländer die Bildungsteilhabe verbessern, zur Sicherung von Fachkräften beitragen und Wachstum fördern. Laut IW werden alle Indikatoren auf einer Punkteskala von 0 bis 100 eingestuft, um sie vergleichbar zu machen. Der Auftraggeber INSM wird von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie finanziert.

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