Stark steigende Schülerzahlen stellen die Bremer Bildungsbehörde in den kommenden Monaten vor eine Bewährungsprobe. Zum Schuljahreswechsel im Sommer wird die Verwaltung die notwendige Infrastruktur für 56 zusätzliche Klassenverbände aus dem Boden stampfen müssen. Eine Kraftanstrengung, die sogar den Zuwachs nach der Flüchtlingswelle des Jahres 2015 in den Schatten stellen könnte.
Der Senat will an diesem Dienstag kurzfristig ein Landesschulbauprogramm mit einem finanziellen Volumen von rund zehn Millionen Euro auf den Weg bringen. Fast alle zusätzlichen Kapazitäten sollen durch Mobilbauten geschaffen werden. Dabei wird die Bildungsbehörde überwiegend auf nicht mehr benötigte Wohncontainer für Flüchtlinge zurückgreifen.
Kenner der Materie hatten bereits geahnt, dass der Senat schulpolitisch auf eine schwierige Situation zusteuert. Denn die Landesregierung hatte sich bei ihren Ausbauplanungen bis Ende vergangenen Jahres auf überholtes Zahlenmaterial gestützt, nämlich auf die Prognosen des Statistischen Landesamtes zur Bevölkerungsentwicklung von August 2016.
Sie waren Grundlage des Doppelhaushaltes 2018/19, den die Bürgerschaft am 6. Dezember 2017 beschloss. Zwei Wochen später hatte der Senat eine aktualisierte „kleinräumige Bevölkerungsprognose“ auf dem Tisch. Der daraus abgeleitete Bedarf an Schulplätzen ist deutlich höher als das, was davor zur Debatte stand.
Die jetzt eingetretene Situation erfordere „zum Schuljahr 2018/19 weitere kurzfristige Maßnahmen, um die Schulpflicht abzusichern“, heißt es in einer internen Unterlage aus der Bildungsbehörde. Deutlich wird darin auch, wie angespannt die Situation jetzt schon ist: „Alle räumlichen Kapazitäten an den Schulen sind derzeit nahezu ausgeschöpft“, schreiben die Fachleute aus dem Haus von Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD).
Bisher habe man durch die Umwandlung von Fach- und Projekträumen in allgemeine Unterrichtsräume letzte Reserven im Gebäudebestand mobilisieren können. Das sei künftig nicht mehr möglich. Den einzigen Ausweg böten zusätzliche Mobilbauten an vorhandenen Schulstandorten. Dafür hat das Bildungsressort nach derzeitigem Stand zehn Grundschulen, sieben Oberschulen und ein Gymnasium ins Auge gefasst.
Kauf, Miete und Umbau von Containern
Bei den Grundschulen handelt es sich unter anderem um die Standorte Mönchshof, Weidedamm, Kirchhuchting und Rablinghausen, bei den Oberschulen beispielsweise um die Lerchenstraße, Findorff und An der Egge. An der Oberschule Ohlenhof müssen die vorhandenen Mobilbaukapazitäten erhöht werden. Ein Provisorium entsteht auch auf dem Grundstück des Kippenberg-Gymnasiums.
Um die Kosten für den großflächigen Ausbau in Grenzen zu halten, hat die Verwaltung für die Beschaffung der Mobilbauten drei Varianten durchgespielt: Kauf, Miete und Umbau vorhandener Container aus Flüchtlingsunterkünften, die aktuell nicht benötigt werden. Ergebnis: Das Aufmöbeln der Wohncontainer sei „eindeutig die wirtschaftlichste Lösung“, wie es in einem Papier aus der Finanzbehörde heißt.
Pro Einheit (rund 200 Quadratmeter einschließlich Nebenräumen) fallen dabei Kosten von gut 112.000 Euro an. Hinzu kommen jeweils etwa 245.000 Euro für das Herrichten des Grundstücks, Fundamente, Außenanlagen, Ver- und Entsorgungsanschlüsse und andere Nebenkosten. Unterm Strich will die Bildungsbehörde für die Container-Standorte rund zehn Millionen Euro ausgeben.
Sollte es gelingen, die benötigten Raumkapazitäten tatsächlich innerhalb weniger Monate bereitzustellen, wäre allerdings noch nicht geklärt, wer die vielen zusätzlichen Schüler unterrichten soll. Schon jetzt hat das Bildungsressort des Senats große Mühe, den steigenden Bedarf an Pädagogen zu decken. „Das ist durchaus eine herausfordernde Situation“, sagt Behördensprecherin Annette Kemp.
Unter anderem werde man die Anwerbung und Qualifizierung beruflicher Quereinsteiger forcieren. Der bereits eingerichtete zentrale Einstellungspool für Lehrkräfte bei der Bildungsbehörde soll ausgebaut werden. In welchem Umfang auch die Städte und Gemeinden im niedersächsischen Umland auf steigende Schülerzahlen reagieren müssen, ist derzeit noch schwer abzuschätzen.
Ein Anhaltspunkt ist für Benjamin Möller, den Projektleiter „Regionalentwicklung“ beim Kommunalverbund Niedersachsen-Bremen, die Zuzugsstatistik der vergangenen Jahre. Danach verzeichneten zuletzt vor allem Städte wie Delmenhorst und Achim massive Zuwanderung.