Für Schaustellerin Susanne Keuneke war der Donnerstag ein Tag, der sie, ebenso wie ihre Kollegen, einiges an Nerven gekostet hat. Bis zur Entscheidung des Senats am Nachmittag, dass der Freimarkt-Ersatz namens „Freipark“ doch diesen Freitag um 13 Uhr öffnen darf, allerdings vorerst nur für 3000 statt wie geplant für 6000 Besucher, hingen sie zwischen Hoffen und Bangen. „Ich hatte Angst, dass er ganz abgesagt wird“, sagte die Vorsitzende des Verbands der Schausteller und Marktkaufleute, die auch im Vorstand der Veranstaltungsgesellschaft VBS sitzt.
Sie organisiert erstmals in Eigenregie den eingezäunten „Freipark“ mit gut 120 Karussells, Ständen und Buden auf der Bürgerweide. „Natürlich sind wir nicht begeistert über die Entscheidung, weil der ,Freipark' so noch weniger wirtschaftlich für uns ist“, sagt Keuneke, „aber wir sind immerhin am Start und können zeigen, dass Jahrmarkt auch mit Corona möglich ist.“
So lange der Inzidenzwert, also die Neuinfektionen mit Corona auf 100.000 Einwohner bezogen auf die vergangenen sieben Tage, in Bremen bei einem Wert zwischen 35 und 50 liegt, bleibt es nach der Senatsentscheidung vom Donnerstag bei der abgespeckten Freimarkt-Variante. Steigt der Wert auf über 50, wird die Veranstaltung abgebrochen, sinkt er auf unter 35, dürfen bis zu 6000 Besucher gleichzeitig auf die Fläche.
Aufgrund des erhöhten Infektionsgeschehens muss Werder auch sein Heimspiel gegen Bielefeld am Samstag ohne Fans austragen, das Zuschauerverbot bei Bundesliga-Spielen greift bundesweit bei Inzidenzwerten über 35. Was den „Freipark“ angeht, werde ihr Ressort die Zahlen in den kommenden Tagen und Wochen beobachten und entsprechend reagieren, kündigte Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) an. Am Dienstag soll die Lage mit Schaustellern und den zuständigen Behörden erneut bewertet werden.
Eigene Regelungen an jedem Fahrgeschäft
Die Senatorin betonte auch, dass die Entscheidung, die zugelassene Menge an Besuchern zu halbieren, nichts mit Zweifeln am Hygienekonzept der Schausteller zu tun habe. Dieses sieht unter anderem vor, dass die Wege mit 15 Metern mehr als fünf Meter breiter sind als bei einem normalen Freimarkt. An jedem Fahrgeschäft gibt es eigene Regelungen wie verzögerten Einlass, Markierungen der Laufwege auf dem Boden und Spender mit Hygiene-Mitteln. Zur Desinfizierung von Gittern und Geländern verwenden die Schausteller das gleiche Mittel, das auch die Bremer Straßenbahn AG in Bussen und Bahnen einsetzt, weil es seine Wirkung besonders lange anhält.
„Uns tut es um jeden Besucher leid, den wir nun nicht hineinlassen können“, sagte die VBS-Vorsitzende Bettina Robrahn-Böker. Ob die verringerte Besucherzahl am Wochenende zu mehr Andrang in der Wartezone vor der ÖVB-Arena führen wird, müsse man abwarten. „Wir sind jedenfalls nach wie vor auf 6000 Besucher eingestellt, auch wenn wir nun erst mal mit 3000 starten.“
Aus anderen Bundesländern, die Erfahrungen mit temporären Freizeitparks besitzen, gebe es keine Hinweise, dass es durch die Jahrmärkte mehr Infektionen gebe, sagte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). „Offensichtlich greifen die professionellen Hygienekonzepte.“ Trotzdem könne man auch in Bremen „nicht so tun, als ob das Überschreiten des Grenzwerts keinen Einfluss hat“, sagte er. „Auch wenn klar ist, dass wir für unsere Entscheidung von den Schaustellern keine Jubelgesänge erwarten können.“
Auf eine offizielle Eröffnung des temporären Freizeitparks verzichten die Schausteller. Lediglich eine kleine Abordnung mit Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) und Vertretern des Ordnungsamts wird ab 12.45 erwartet. Der „Freipark“ ist bis Sonntag, 1. November, geöffnet, Montag bis Samstag von 13 bis 22 Uhr, Sonntag von 12 bis 21 Uhr.