Die Grundschulen und Kindertagesstätten machen einen weiteren Schritt in Richtung Normalität. In zwei Schritten soll dieser Bereich in den nächsten Wochen einen „eingeschränkten Regelbetrieb“ aufnehmen. Das hat der Senat am Dienstag beschlossen und damit einen entsprechenden Bericht des WESER-KURIER vom Sonntag bestätigt.
Für die Kitas bedeutet die Entscheidung: Alle Kinder, die bereits vor der coronabedingten Schließung einen Kita-Platz hatten, werden ab dem 15. Juni mindestens 20 Stunden pro Woche betreut. Einrichtungen, die mehr leisten können, sollen vorrangig den Bedarf von Erziehungsberechtigten berücksichtigen, die berufstätig sind. Um die Infektionsgefahr so gering wie möglich zu halten, sollen die Kleinen möglichst in ihren Stammgruppen betreut werden, und auch für die Erzieherinnen gilt: Möglichst kein Wechsel zwischen den Gruppen. Von den Eltern, die ihre Kinder in die Tagesstätte bringen oder von dort abholen, wird erwartet, dass sie ebenfalls zur Minimierung der Corona-Ansteckungsgefahr beitragen. Eine Mund-und-Nasen-Bedeckung sollte deshalb im Kita-Bereich grundsätzlich getragen werden.
Auch in den Grundschulen wird der Betrieb ausgeweitet. Der Stufenplan des Senats sah bereits vor, im Primarbereich ab dem 15. Juni jeweils die Hälfte der Schüler in wechselnden Schichten zu unterrichten. Ab dem 22. Juni soll nun der Präsenzunterricht an den Grundschulen für alle Jahrgangsstufen auf jeweils vier Stunden an vier Tagen pro Woche ausgedehnt werden. Die Schulen sollen die Abläufe so organisieren, dass Unterrichts- und Betreuungsbetrieb möglichst in getrennten Gruppen und Räumen stattfinden.
Für Kinder und Jugendliche, die im Rahmen der Notbetreuung schon in den vergangenen Wochen an fünf Tagen pro Woche beschult wurden, soll sich möglichst nichts ändern, „wenn es die Personalsituation erlaubt“, wie es in einer schriftlichen Mitteilung der Senatskanzlei einschränkend heißt. An der bisherigen Praxis der Befreiung von der Schulpflicht soll sich nichts ändern. Schüler, die zu einer Risikogruppe gehören, sind vom Präsenzunterricht befreit, sofern der Schule eine entsprechende Meldung vorliegt. Ähnliches gilt für Lehrer, die ein Attest vorweisen können.
Wege in eine gesellschaftliche Normalität
Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) ließ bei der Vorstellung der Senatsbeschlüsse durchblicken, dass die Ausweitung der schulischen und Kita-Angebote aus ihrer Sicht keinen Tag zu früh kommt. „Wir können nicht die Kneipen und Fitnessstudios öffnen, Feiern und Veranstaltungen zulassen, während Kinder zu Hause sitzen“, sagte die Sozialdemokratin. In der allgemeinen Debatte über Corona-Lockerungen sei ihr der Stellenwert von Schule und vorschulischer Bildung zuletzt zu kurz gekommen. „Wir müssen für Kinder und auch für Eltern Wege in eine gesellschaftliche Normalität finden“, forderte Bogedan.
Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass die angestrebte, weitere Ausdehnung des Schul- und Kita-Betriebs nicht garantiert werden könne. Die Pandemie sei schließlich nicht vorbei. Bogedan: „Stufen der Öffnung, die bisher erklommen worden sind, könnten bei einem veränderten Infektionsgeschehen auch wieder zurückgenommen werden.“ Die Bildungssenatorin betonte auch, dass sie die Sorgen der Beschäftigten um ihre Gesundheit sehr ernst nehme. Für das Schulpersonal seien bereits 4000 sogenannte FFP-2-Masken mit hoher Filterwirkung verteilt worden. Weitere Masken sowie Schutzvisiere und Spuckschutzvorrichtungen im Gesamtwert von rund 100.000 Euro seien bestellt.
An den weiterführenden Schulen wird es zunächst noch nicht zu einer Ausweitung des Unterrichts über das bisher geplante Maß kommen. Für die Sekundarstufe plant die Behörde, ab dem 15. Juni wieder die Hälfte der Schüler in wechselnden Schichten an den Schulen zu haben. Mehr ist derzeit noch nicht drin, und das liegt an der Organisation des Schulalltags. Kurs- und Differenzierungssysteme sowie das Fachlehrerprinzip bewirken eine ganz andere Durchmischung der Lerngruppen als an den Grundschulen. Dennoch will die Bildungsbehörde die Zeit bis zu den Sommerferien dafür nutzen, den Präsenzunterricht punktuell auszuweiten. Das gilt insbesondere für die Schüler der zehnten Klassen. An den Schulen, die über die nötigen personellen und räumlichen Ressourcen verfügen, sollen sie nach ihren Abschlussprüfungen freiwillig an vorhandenen Unterstützungsangeboten teilnehmen können, insbesondere wenn der Wechsel an eine gymnasiale Oberstufe geplant ist.
In Bremerhaven werden die Kitas und Grundschulen den Weg der Stadtgemeinde Bremen noch nicht mitgehen. Hintergrund ist das Infektionsgeschehen in der Seestadt. Wie berichtet, kam es dort vor einigen Tagen in einer Religionsgemeinschaft zu einer Masseninfektion mit Corona, auch schulpflichtige Kinder sind betroffen. Am vergangenen Wochenende wurden bereits mehr als 100 Covid-19-Fälle mit diesem Vorgang in Verbindung gebracht. Der Bremerhavener Magistrat hat sich deshalb vorbehalten, eigenständig zu entscheiden, wie schnell die Ausweitung des Unterrichts an den allgemeinbildenden Schulen in der Seestadt vonstattengehen kann. Gleiches gilt für die Betreuungsangebote in den Kindergärten.