Können Bremerinnen und Bremer per Volksbegehren darüber abstimmen, ob es künftig mehr Pflegepersonal in den Krankenhäusern gibt? Mit dieser Frage beschäftigt sich seit Donnerstag der Staatsgerichtshof. In drei Wochen, am 20. Februar, soll das Urteil verkündet werden. Das Bremer Bündnis für mehr Krankenhauspersonal hatte Ende 2018 rund 12.000 Unterschriften – 7000 mehr als grundsätzlich nötig – für ein Volksbegehren gesammelt. Dieses fordert ein neues Gesetz, das unter anderem mehr Personal durch einen neuen Verteilungsschlüssel an den Bremer Krankenhäusern vorschreiben soll. Der Bremer Senat ist der Auffassung, dass dieses Volksbegehren aus mehreren Gründen nicht zulässig ist und klagt nun vor dem Staatsgerichtshof.
Bremen ist nicht die einzige Stadt, in der diese juristische Frage derzeit aufgeworfen wird: Die Verwaltungsgerichte in Hamburg und Bayern hatten ähnliche Pläne dortiger Bündnisse bereits im Mai und Juli 2019 gestoppt. In Berlin steht eine Entscheidung noch aus.
Problem Finanzierung
Der Senat, vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Stauch, argumentiert, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für das Volksbegehren nicht gegeben sind. So sei im Text des Begehrens nicht ausgeführt, welche Kosten auf Bremen zukämen, sollte das Volksbegehren Erfolg haben. Die Bremer Landesverfassung sehe aber vor, dass mögliche finanzielle Lasten im Entwurf des Gesetzes begründet werden müssten. "Das ist eine Bremer Sonderregelung, wenn es um finanzielle Risiken für das Land geht", sagte Stauch. Sie bestehen aus Sicht des Senats darin, dass, wenn sich durch mehr Personalkosten das ganze Krankenhaussystem verteuert, auch die Beihilfen steigen, die das Land seinen Beamten zahlen muss.
Ein anderer Punkt, den die Senatsvertreter vorbrachten: Bremen ist nach ihrer Ansicht überhaupt nicht dafür zuständig, eigenständige Regelungen für Pflegepersonal aufzustellen. Die Kompetenz, festzulegen, wie viele Pflegekräfte pro Patient nötig seien, liege beim Bund. "Der Bund hat die Zuständigkeit und davon auch Gebrauch gemacht, die Zahlen sind sehr genau festgelegt worden", sagte Stauch. "Es sollen bundesweit einheitliche Standards gelten." Das Volksbegehren verstoße in diesem Punkt gegen höherrangiges Recht, nämlich das des Bundes.
Das Pflege-Bündnis ist anderer Meinung und argumentiert, dass die Bundesregelungen über Untergrenzen bei der Anzahl der Pflegekräfte willkürlich und ohne Bezug zur tatsächlichen Lage in vielen Kliniken gezogen worden seien. Anwältin Adelheid Rupp: "Es geht uns insgesamt um gute Patientenversorgung. Im aktuellen Gesetz ist die Rede von ,nicht patientengefährdenden Standards'. Das ist nicht das, was wir wollen." Die Vertreter des Bündnisses, das die Interessen von Ärzten, Pflegern und Krankenhauspersonal, aber auch von Gewerkschaftlern und Patientenverbänden vertritt, stehen auf dem Standpunkt, dass es für die Länder sehr wohl Spielräume gebe.
Zudem könnten die Kliniken die Untergrenzen beim Personal unterschreiten, ohne dass ihnen Konsequenzen drohten. "So lange sich auf Bundesebene nichts bewegt, muss das Land Bremen seinen gesetzlichen Spielraum nutzen! Denn: Mehr von uns ist besser für alle!“, sagte Roman Fabian, ebenfalls stellvertretende Vertrauensperson des Volksbegehrens und Betriebsrat am Klinikum Links der Weser.