Sie fährt die kürzeste Strecke unter den Bremer Straßenbahnen: die Linie 8. Durchschnittlich 10,13 Kilometer legt sie auf ihrer Route zwischen Schwachhausen und Huchting zurück. Warum durchschnittlich? Hin- und Rückweg weichen geringfügig voneinander ab. Insgesamt 22 Haltestellen steuert diese Straßenbahn der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) an. Aber was steckt eigentlich hinter den Haltestellen-Namen? Woher kommt der Name oder wer war die Person, nach der sie benannt ist? Ein Überblick.
Von Kulenkampffallee bis Roland Center Bremer Straßenbahnlinie 8: Das steckt hinter den Haltestellen-Namen
Ob berühmte Komponisten oder Bremer Schauspieler: Die Haltestellen-Namen der Straßenbahnlinie 8 erinnern an Orte, Persönlichkeiten und auch an verlorene Schlachten. Was genau steckt hinter den Haltestellen-Namen? Ein Überblick.
Die Straßenbahnlinie 8 fährt von der Kulenkampffallee in Schwachhausen in Richtung Huchting bis zum Roland-Center.

In rund 30 Minuten von Schwachhausen nach Huchting.

Kulenkampffallee:
Die Endhaltestation wurde nach der alteingesessenen Bremer Kaufmannsfamilie Kulenkampff benannt, die viele Persönlichkeiten hervorbrachte. Eine davon war der Bremer Schauspieler und Fernsehmoderator Hans-Joachim Kulenkampff. Kulenkampff war drei Jahrzehnte lang die unangefochtene Nummer eins der Fernsehunterhaltung, unter anderem als Moderator der legendären Quiz-Sendung "Einer wird gewinnen".

"Kuli" wurde 1921 in Bremen geboren und starb 1998 in Österreich. Nach dem Abitur am Hermann-Böse-Gymnasium in Bremen studierte er Schauspiel an der Schauspielschule des Deutschen Theaters Berlin. Seine Spezialität: das maßlose Überziehen. Jeglichen Zeitrahmen zu sprengen, das war für Hans-Joachim Kulenkampff ein sichtbares Zeichen der Unangepasstheit und der Eigenwilligkeit. Sehen Sie hier Kulis Abschiedsrede am Ende seiner letzten "Einer wird gewinnen"-Sendung.

Busestraße:
"Wo heute die Meierei im Bürgerpark steht, hatte früher Bauer Buse seinen Hof. Seine Weiden reichten bis an die Parkallee. Die gegenüberliegende Straße wurde später nach ihm benannt." So erklärte es Harald Weinacht, Pastor im Ruhestand, bei einem Erzählcafé im Dezember 2010 .
Wer in den 1930er-Jahren mit dem Pferdewagen aus Richtung Borgfeld kam und über die Parkallee in Richtung Bremen wollte, traf nach langer Fahrt durch Äcker und Wiesen endlich auf eine Straße. Diese lag damals noch deutlich entfernt vom seinerzeit kleinen Bremen und bildete zusammen mit den umliegenden Straßen ein in sich geschlossenes Dorf. Die Bewohner nannten sich selbst "die Busedorfer". Während in Bremen viele Straßen nach dem Krieg in Schutt und Asche lagen, blieb es in der Busestraße verhältnismäßig ruhig. Fast alle Häuser blieben erhalten. Bei einem Spaziergang durch die Busestraße findet man noch heute ein Sammelsurium von Häusern aller Stilrichtungen.

Crüsemannallee:
Conrad Carl Eduard Crüsemann war Mitbegründer des Norddeutschen Lloyd. Er war gebürtiger Berliner, eröffnete in Bremen allerdings ein Import- und Reedereigeschäft. Durch eine Geschäftsreise in die USA und die Karibik erkannte er 1853 den Bedarf einer regelmäßigen Dampfschifflinie zwischen USA und Bremen.
Auch nach seiner Tochter Hedwig Heyl ist eine Straße in Schwachhausen benannt. Der Name der Straße steht allerdings in der Kritik.
Die Tochter von Eduard Crüsemann machte sich einen Namen als Sozialpolitikerin und Frauenrechtlerin, machte aber auch gar keinen Hehl aus ihrer Begeisterung für die Ideen der Nationalsozialisten und ihrer Ablehnung von Mischehen in deutschen Kolonien, um diese „rassisch rein“ zu halten. Sie sprach von ihrer "inneren Verwandtschaft" zu Hitlers Zielen und hielt eine "scharfe Behandlung der Judenfrage" für richtig. Sehen Sie hier weitere Spuren des Kolonialismus in Bremen .

Bulthauptstraße:
Der Bremer Heinrich Alfred Bulthaupt ist Namensgeber dieser Straße in Schwachhausen. Er war ein Dichter und Dramaturg des 19. Jahrhunderts. Er studierte Jura und war später als Rechtsanwalt tätig. 1979 wurde er Direktor der Stadtbibliothek, der heutigen Staats- und Universitätsbibliothek. Er wirkte unter anderem an der Gestaltung von Festen im Konzerthaus "Die Glocke" mit.

Brahmsstraße:
Die Brahmsstraße in Bremen ist nach dem berühmten deutschen Komponisten Johannes Brahms benannt. Brahms war gebürtiger Hamburger und ein bedeutender Komponist, Pianist und Dirigent des 19. Jahrhunderts. Auch an die Komponisten Beethoven, Händel und Wagner wird in diesem Teil Schwachhausens mit einem Straßennamen erinnert.

Am Stern:
Der Stern ist einer der Verkehrsknotenpunkte überhaupt in Bremen und existiert seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Bis zu 30.000 motorisierte Fahrzeuge und rund 5.500 Radfahrer sind nach Angaben des Amtes für Straßen und Verkehr dort täglich unterwegs. Auch die Straßenbahnlinien 6 und 8 fahren über den Stern und halten dort ebenfalls an der entsprechenden Haltestelle. Eine Luftbildaufnahme verdeutlicht, warum der Kreisel nach den Himmelskörpern benannt wurde: Er ist sternförmig.

Blumenthalstraße:
An der Blumenthalstraße liegt das Hermann-Böse-Gymnasium. Die Bürgerweide mit der Stadthalle ist ebenfalls in Sichtweite. Benannt wurde die Straße nach Leonard Graf von Blumenthal. Dieser war im 19. Jahrhundert preußischer Generalfeldmarschall. Er erlag in Potsdam seinen Verletzungen, die er sich bei der Schlacht bei Dennewitz zugezogen hatte.

Hauptbahnhof Bremen:
Er ist der Verkehrsknotenpunkt überhaupt in Bremen. Am Bremer Hauptbahnhof kommen im Minutentakt Busse, Bahnen und natürlich Züge an. Fast alle Straßenbahnlinien der BSAG müssen hier vorbei, bevor sich ihre Wege wieder trennen. Lediglich die Linien 2 und 3 steuern den Hauptbahnhof nicht an.

Herdentor:
Das Herdentor war eines der Haupttore der Bremer Stadtmauer und führt in die Altstadt. Von dort aus kann man die Mühle am Wall sehen. Das Gewölbe des Herdentores trug seit 1562 das von Löwen gehaltene Schlüsselwappen und ist heute im Focke Museum zu sehen. Ab 1803 wurde die Stadtmauer entfernt und bis 1811 zu den Bremer Wallanlagen umgebaut.

Schüsselkorb:
Es gibt unterschiedliche Behauptungen darüber, woher der Name stammt. Es könnte von dem plattdeutschen Wort Schuttkaven, Schüttkave oder Schuttelkaven abstammen, glaubt man den Aufzeichnungen im Bremer Straßenlexikon von Monika Porsch. Dies war ein Pferch beziehungsweise Stall für herrenloses oder gepfändetes Vieh auf der Bürgerweide.
Es könnte auch von dem Wort Schoss abstammen und somit auf Steuern hinweisen. Einer anderen Erklärung zufolge wurden am Schüsselkorb Schüsseln hergestellt und aufbewahrt.

Domsheide:
Noch ein Verkehrsknotenpunkt für die öffentlichen Verkehrsmittel: die Domsheide. Dort halten die Straßenbahnlinien 2, 3, 4, 6, 8 und die Buslinien 24 und 25. Heide wächst auf der Domsheide heutzutage nicht mehr. Aber tatsächlich erhielt sie ihren Namen wegen des damaligen freien Heidelands vor dem Dom. Denn Heide bedeutete im Mittelalter "unbebautes Land". Bis zum 19. Jahrhundert war es verboten dort zu bauen.

Wilhelm-Kaisen-Brücke:
Die Wilhelm-Kaisen-Brücke ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Die Straßenbahnlinien 4, 6 und 8 führen dort entlang. Und die Brücke verbindet die Altstadt mit der Neustadt. Wilhelm Kaisen war ein gebürtiger Hamburger und Mitglied der Bremischen Bürgerschaft. Der Sozialdemokrat war Bremens erster Bürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg und gilt als Baumeister des Landes Bremen. Er starb 1979 im Alter von 92 Jahren. Er prägte den Wiederaufbau der Stadt.

Am Neuen Markt:
Diese Straße hatte schon so manche Bezeichnung. Doch bereits 1785 benannte man den Platz nach seiner damaligen Verwendung "Schweinemarkt" um. Im 19. Jahrhundert wurden dort aber auch Wochenmärkte veranstaltet. Daher erhielt er ab 1821 seinen heutigen Namen. "Neu" ist der Markt demnach nicht mehr.
Wo und wann es heutzutage Wochenmärkte in Bremen gibt, sehen Sie in unserer Übersicht.

Vom Neuen Markt aus kommt man auch schnell zum Lucie-Flechtmann-Platz. „Ab geht die Lucie“ heißt das Urban Gardening Projekt in der Neustadt. Der Platz wurde nach der Fischhändlerin Johanna Lucie Henriette Flechtmann (1850–1921) benannt, bekannt als Fisch-Luzie. Sie war ein beliebtes und schlagfertiges Original in der Bremer Neustadt. Sie betrieb einen Handel mit Fischen und Kleidungen.

Es finden sich auch Klassiker wie der "Kleine Roland" vor der St.-Pauli-Kirche Am Neuen Markt. Dass der Roland und Bremen untrennbar zusammengehören, ist klar. Allerdings finden sich als Sinnbild der Stadtrechte in zahlreichen deutschen Städten, aber auch in Mitteleuropa, Kroatien und Lettland, Rolandstatuen . Hier gibt es eine Auswahl.

Westerstraße:
Die Westerstraße liegt zwar nicht unbedingt im Westen von Bremen, dennoch ist die Straße nach dieser Himmelsrichtung benannt. Denn sie ist die westliche Abzweigung von der Brautstraße, eine der ältesten Straßen in der Neustadt, die damals als Zuwegungsstraße von der Altstadt in die Neustadt diente. Die älteste Straße in der Neustadt ist übrigens die Bachstraße in der Nähe der Pappelstraße.

Hochschule Bremen:
Manche Haltestellen sind nicht nach den umliegenden Straßen benannt, sondern nach markanten Punkten in der Umgebung. In der Neustadt befindet sich die staatliche Hochschule Bremen. Sie entstand 1982 aus der Fusion von vier Hochschulen: der Hochschule für Wirtschaft, der Hochschule für Technik, der Hochschule für Sozialpädagogik und Sozialökonomie sowie der Hochschule für Nautik.

Pappelstraße:
In der Pappelstraße stehen viele Pappeln, könnte man denken. Tatsächlich wurde sie nach den großen Bäumen benannt, die Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Gelände des alten Schützenhofes wuchsen. Inzwischen ist die Neustadt dicht bebaut. In den Innenhöfen wachsen aber immer noch einige Bäume.

Neuenlander Straße:
Die Neuenlander Straße ist eine der längsten Straßen in Bremen. Sie wurden nach dem Dorf Neuenland benannt. Es entstand im 13. Jahrhundert. Erst 1921 wurde das Gebiet in die Stadt Bremen eingemeindet.

Duckwitzstraße:
Arnold Duckwitz lebte im 19. Jahrhundert und war ein Bremer Kaufmann und später Senator und Bürgermeister der Hansestadt. Er hatte an der Entwicklung des bremischen Handels und dem Anschluss an den preußischen Zollverein großen Anteil. Als hanseatischer Staatsmann war er von 1848 bis 1849 Reichshandelsminister und Verantwortlicher für die Marine in der provisorischen Regierung des damals entstehenden Deutschen Reiches.

Solinger Straße:
Mehrere Straßen in dieser Gegend tragen die Namen von Orten in Nordrhein-Westfalen. So auch die Solinger Straße. Solingen liegt in der Nähe von Düsseldorf. Die ehemalige Hansestadt kann auf eine tausendjährige Geschichte zurückblicken.

Bardenflethstraße:
In Huchting dienen nur wenige Personen als Vorbild für Straßennamen: Eine ist Bolko von Bardenfleth, einer der Führer der Stedinger. Im Jahre 1234 trug sich die Schlacht von Altenesch – heute ein Ortsteil der Gemeinde Lemwerder – zu. Bei der Schlacht unterlagen die Stedinger Bauern im Kampf um ihre Freiheit den Kreuzrittern des Bremer Erzbischofs. Angeführt wurden die Stedinger von Tammo von Huntorp, Detmar tom Dyk und Bolko von Bardenfleth. Sie alle sind Namensgeber von Straßen in Grolland. Darüber hinaus gibt es die Straße Stedingsehre.

Norderländer Straße:
Die Straße ist nach dem Landschaftsgebiet Norderland im Landkreis Aurich benannt. Es handelt sich dabei um eine historische Landschaft in Ostfriesland. Ostfriesland ist der breiten Öffentlichkeit sicherlich durch Otto Waalkes, durch tolle Landschaften an der Küste oder die berüchtigten flachen Ostfriesenwitze bekannt. Norderland liegt am nordwestlichen Rand Ostfrieslands direkt am Wattenmeer.

Huchting/Roland Center:
Die Endstation der Linie 8 liegt in Huchting direkt vor dem Roland Center. Hier halten neben der Straßenbahnlinie 1 und 8 diverse Busse. Seit Längerem wird darüber diskutiert, ob die Linie 8 in Richtung Stuhr und Weyhe ausgebaut werden soll. Doch Anwohner und Unternehmen aus Stuhr und Weyhe klagten gegen die Pläne. Im August 2016 hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg entschieden, dass der Planfeststellungsbeschluss für das Projekt auf niedersächsischer Seite fehlerhaft ist. Aber die Diskussion ist noch nicht beendet.
Der Name Huchting weist auf mittelniederdeutsch und westfälisch auf hucht, das bedeutet Strauch, hin. Bereits 1385 wurde Huchting urkundlich erwähnt.

Einen Überblick über die Herkunft der Bremer Straßennamen gibt das "Bremer Straßenlexikon" von Monika Porsch. Die Gesamtausgabe ist im Schünemann-Verlag erschienen, umfasst 544 Seiten und kostet 16,90 Euro. Zudem gibt es 12 Einzelbände zu den verschiedenen Stadtteilen, die allerdings vergriffen und nur noch antiquarisch erhältlich sind.