Schneller und stärker soll der Fuß- und Radverkehr in Bremen gefördert werden. Sieben Verkehrsverbände haben sich zusammengeschlossen und appellieren in einem gemeinsamen Forderungskatalog, die Radpremiumrouten zügiger umzusetzen und die Planung für Fahrradbrücken über die Weser zu beschleunigen. Die Unterzeichner des Positionspapiers, das dem WESER-KURIER vorliegt, fordern außerdem, Studiengänge und Professuren für die Bereiche Fuß- und Radverkehr, Barrierefreiheit sowie den öffentlichen Nahverkehr an der Hochschule Bremen einzurichten.
Bevorzugt am Hochschul-Standort in der Neustadt sollen laut den Verkehrsvereinen duale Studiengänge geschaffen und die Lehre gestärkt werden, um dadurch die "dringend benötigten Fachkräfte" zu gewinnen, heißt es in dem Papier der Bremer Organisationen Autofreier Stadtraum, ADFC, BUND, Einfach Einsteigen, Fachverband Fußverkehr (FUSS), Forum Verkehrswende Neustadt und Verkehrsclub Deutschland (VCD). Wie berichtet, fehlen der Stadt die Experten, um die lange Liste an Radverkehrsprojekten abzuarbeiten.
"Bremen ist nicht gut vorangekommen, was die Fahrrad-Premiumrouten angeht, die im Verkehrsentwicklungsplan von 2014 stehen", sagt Sven Eckert, Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Bremen. Die Premiumrouten D15 (Bremen-Nord, Innenstadt, Wall, Hemelingen) sowie die D16 (Huchting, Innenstadt, Universität, Lilienthal) müsse man laut Eckert "am dringlichsten vorantreiben", um das geplante Radwege-Kreuz von Osten nach Westen sowie Norden nach Süden zu erhalten. Dazu gehören dann auch die "wichtigen Fahrradbrücken" in der Innenstadt und Hemelingen. Bis 2023 sollte die erste der drei geplanten Fahrrad- und Fußgängerbrücken über die Weser fertig sein. Aus einem ersten Zeitplan des Verkehrsressorts geht aber hervor, dass sich der Bau verzögert.
Als Haushaltsnotlageland habe Bremen laut ADFC-Chef Eckert große Probleme, die Radverkehrsprojekte schneller umzusetzen. Die Arbeitsbelastung bei den zuständigen Mitarbeitern in den Ämtern und Behörden sei hoch, es fehle an Personal und Ressourcen. "Das sieht man beispielsweise auch an der mangelnden Sanierung der Radwege", sagt Eckert. Mittelfristig könnte es eine Lösung sein, Fachkräfte an der Hochschule selbst auszubilden. "Das könnte eine Signalwirkung haben, um Entwicklungen anzustoßen."
Der Gedanke, Fachkräfte direkt in der Stadt auszubilden ist nicht ganz neu: In einem Positionspapier der Grünen hatte Verkehrspolitiker Ralph Saxe (Grüne) das gefordert und Kosten von 250.000 Euro dafür ausgerechnet. Erste Gespräche mit der Hochschule sollen in diese Richtung bereits geführt worden sein. Die Idee ist zudem auch in der Klima-Enquetekommission diskutiert worden.
Weitere Forderung aus dem Papier der Verbände: eine personelle Aufstockung des „Teams Nahmobilität“, eine zügige Umsetzung des Wallrings und eine Neufassung von Richtlinien für Fahrradstraßen sowie die Führung von Verkehren bei Baustellen. Außerdem schlagen die sieben Verbände vor, einen unabhängigen Radbeauftragten im Verkehrsressort oder eine Abteilung für Fuß- und Radverkehr beim Amt für Straßen und Verkehr (ASV) einzurichten. Auch eine eigene Radinfrastrukturgesellschaft sei denkbar. In Berlin ist das die Gesellschaft „Infra-Velo“, die das Land dabei unterstützt, neue Radinfrastrukturen zu schaffen.
Wichtig sei es, eine positive Wahrnehmung von außen zu schaffen, Vorschläge sichtbarer zu machen und den Nutzen darzustellen, der durch neue Radwege, Umgestaltungen und neuen Verkehrsführungen entsteht, sagt Susanne von Essen, Vorstandsmitglied des Vereins Autofreier Stadtraum. "Wir müssen die Leute teilhaben lassen", erklärt sie. Die vorhandenen Potenziale in der Stadt müssten gehoben werden. Sie wünscht sich den Dialog zwischen denen, die die Maßnahmen kritisieren, und denjenigen, die sie großartig finden. In der Öffentlichkeit und den Medien würden sich meistens diejenigen äußern, die sich von Verkehrsversuchen, Einbahnstraßen oder neu gestalteten Flächen gestört fühlen. Den "Verkehrswende-Fremdlern" müsse man die Hand reichen und ihnen die Vorteile aufzeigen. Dafür brauche es aber auch Fachpersonal. Immer noch werde in vielen Bereichen zu sehr vom Auto, vom Asphalt aus gedacht, so von Essen.
„Fußgänger sind als schwächste Verkehrsteilnehmende am meisten im Straßenraum benachteiligt“, sagt Martin Rode, Geschäftsführer des BUND Landesverbandes Bremen. Besonders zu spüren sei dies oft bei Baustellenführungen. „Zugeschnitten auf den Autoverkehr, werden Fußgängern große Umwege, Extrastraßenquerungen und vor allem für bewegungseingeschränkte Menschen hindernisreiche Umwege vorgeschrieben“, sagt Rode. Es sei sehr wichtig, endlich einen Fußverkehrsetat zu etablieren.