Die Finanzierung der Kliniken muss auf eine neue Grundlage gestellt werden. Diese Forderung hat die Bürgerschaft am Donnerstag erhoben und den Senat beauftragt, auf Bundesebene aktiv zu werden. Im Kern geht es dabei um die Überwindung des Systems der Fallpauschalen. Auf ihm beruht die Krankenhausfinanzierung seit fast 20 Jahren. Medizinische Leistungen der Kliniken werden dabei anhand fest definierter Fallgruppen vergütet, bei denen Aufwand und Kosten der Behandlung jeweils vergleichbar sind.
An diesem System wird unter anderem kritisiert, dass die Vorhaltekosten für medizinische Infrastruktur unzureichend berücksichtigt werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat bereits Pläne für eine Reform angekündigt, deren Grundzüge im Januar konkreter werden sollen. Die Forderungen der Bürgerschaft gehen aber noch weiter. SPD, Grüne und Linke, aber auch die FDP verlangen Zahlungen des Bundes an die Kliniken zum Ausgleich der stark gestiegenen Energiekosten. Außerdem einen Klimaschutz-Investitionsfonds des Bundes für die Krankenhäuser. Hintergrund: Kliniken sind sehr energieintensive Betriebe. Der Verbrauch pro Krankenhausbett entspricht ungefähr dem eines Einfamilienhauses.
Ute Reimers-Bruns (SPD):
Die Gesundheitspolitikerin der Sozialdemokraten unterstrich den Reformbedarf im Kliniksektor. Die von Karl Lauterbach geplanten Vorhaltepauschalen für Geburtshilfe- und kindermedizinische Abteilungen der Krankenhäuser unterstützte sie ausdrücklich. Dass Berlin zudem acht Milliarden Euro zur Existenzsicherung in der Energiekrise angekündigt habe, sei ebenfalls gut. Reimers-Bruns: "Das Geld muss nun rasch bei den Kliniken ankommen."
Nelson Janßen (Linke):
Aus Sicht des Linken-Fraktionschefs ist das System der Fallpauschalen "marode". Krankenhausbelegschaften bestünden nicht nur aus Ärzten und Pflegern. Auch Reinigungskräfte, Küchenpersonal, Hygienefachleute, Sicherheitsleute und Verwaltungspersonal müssten aus den Fallpauschalen bestritten werden. Solche Kosten und der Aufwand für die medizinische Infrastruktur müssten künftig besser berücksichtigt werden.
Rainer Bensch (CDU):
Der Fachpolitiker der Christdemokraten warf dem rot-grün-roten Bündnis vor, mit bundespolitischen Forderungen von landespolitischen Versäumnissen ablenken zu wollen. Schließlich seien die Bundesländer für die Investitionskosten der Krankenhäuser zuständig. In den vergangenen 15 Jahren habe Bremen jedoch nicht ein einziges Mal den Mindestbedarf für die örtlichen Kliniken zur Verfügung gestellt. Bensch bescheinigte der Koalition für ihren Vorstoß auch schlechtes Timing. Sinnvoll wäre es aus seiner Sicht gewesen, den 5. Januar abzuwarten. Dann will Karl Lauterbach seine Pläne für den Kliniksektor konkretisieren.
Ilona Osterkamp-Weber (Grüne):
Ein "Sterben auf Raten" droht aus Sicht der Grünen-Fachsprecherin, wenn die Kliniken mit der aktuellen Energiepreiskrise und dem Reformbedarf allein gelassen werden. Dazu dürfe es nicht kommen. Osterkamp-Weber sah klar den Bund in der Pflicht. Bei den anstehenden Veränderungen im Finanzierungssystem müsse es auch darum gehen, Fehlanreize zu vermeiden, die beispielsweise dazu führen, dass Kliniken auf eine möglichst hohe Zahl an Behandlungsfällen statt auf die Qualität der Behandlung setzen.
Magnus Buhlert (FDP):
Die Mängel des Fallpauschalensystems seien offenkundig, meinte der FDP-Gesundheitspolitiker. Es müsse durch ein "intelligentes System" ersetzt werden, das unter anderem die Vorhaltekosten für klinische Infrastruktur berücksichtigt. Der rot-grün-roten Koalition hielt Buhlert Versäumnisse bei Krankenhausplanung auf Landesebene vor. Wer nicht wisse, wie sich die Bremer Kliniklandschaft mittel- und langfristig entwickeln soll, könne die Investitionszuschüsse an die einzelnen Häuser auch nicht sinnvoll verteilen.