Auch wenn der Spardruck durch rasant steigende Benzinpreise – insbesondere bei Dieselkraftstoffen – gewaltig ist: Eine rasche Elektrifizierung ganzer Fahrzeugflotten ist auch beim besten Willen der Betreiber nicht möglich. Doch bereits angelaufene Prozesse zur Umrüstung nehmen jetzt Fahrt auf. Ein Überblick.
Öffentlicher Nahverkehr
261:5, so lautet bei der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) aktuell das Verhältnis von konventionell zu rein elektrisch angetriebenen Bussen. Ende dieses Jahres sollen aber schon 20 Stromer auf den Buslinien fahren und weitere 50 "zeitnah" folgen. Geht das nicht auch schneller – und damit wirtschaftlicher? „Die Beschaffung dieser Fahrzeuge ist ein mehrjähriger Prozess, der sich nicht einfach beliebig beschleunigen lässt", sagt Technik-Vorstand Thorsten Harder. "So muss die gesamte Betriebshofstruktur auf die Anforderungen der E-Mobilität angepasst und erweitert werden.“ Wo heute noch alles auf den Betrieb mit Dieselbussen ausgelegt ist, müssen Stromversorgung und Ladeinfrastruktur geschaffen werden. Von den Brandschutzvorkehrungen bis zur Werkstattausrüstung ist in den Depots vieles anzupassen.
Eine abrupte Umstellung der kompletten Busflotte von Diesel- auf Elektroantrieb wäre selbst bei den aktuellen Benzin-Höchstpreisen nicht wirtschaftlicher. Denn die BSAG kauft die E-Busse nicht nur für eine Flottenerweiterung, sondern immer auch als Ersatz für ausrangierte Dieselbusse. Der Kaufzeitpunkt hängt damit von der Abschreibungsdauer der Dieselbusse ab. „Es wäre betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar, einen jungen, modernen Euro-6-Bus abzugeben, um ihn durch einen Elektrobus zu ersetzen“, erklärt Harder.
Car-Sharing
Von den 480 Autos des Bremer Car-Sharing-Anbieters Cambio sind derzeit zehn elektrisch angetrieben. Im kommenden Jahr sollen mindestens weitere fünf hinzu kommen. "Wir werden kurzfristig ein E-Auto zusätzlich in Betrieb nehmen und an der Station Lesum-Park künftig zwei E-Autos betreiben", sagt Geschäftsführer Lasse Schulz. Eigentlich sollte dort erst im kommenden Jahr ein zweites E-Auto an die Station gestellt werden. "Cambio Bremen hatte ohnehin eine Beschleunigung der Elektrifizierung in den kommenden Jahren beschlossen", betont Schulz. "An der Strategie ändert sich somit nichts."
Zwei Umstände bremsen hier den Elan des Unternehmens, die Lieferzeiten von Neuwagen und der lange Vorlauf bei der Elektrifizierung von Car-Sharing-Stationen: "Projektplanung, Verhandlungen mit Stellplatzeigentümern, Lieferzeiten, bürokratische Prozesse im Genehmigungsverfahren", zählt Schulz auf. Die bislang bei Cambio angebotenen E-Autos sind allesamt Renault-Kleinwagen vom Typ ZOE. Aber auch die ließen sich noch nicht wirtschaftlich betreiben, räumt Schulz ein.
Taxi-Gewerbe
"Es gibt ein großes Interesse bei den Kollegen, jedoch sind die Fahrzeuge noch mit großen Hürden für die Unternehmen belegt", sagt René Hanke, bei Taxi-Ruf Bremen zuständig für das Thema Elektromobilität. Von den mehr als 460 Fahrzeugen der Vereinigung sind derzeit nur drei voll elektrisch unterwegs. Zwei davon betreibt Hanke: einen VW ID4 und einen Tesla Model 3.
Der Unternehmer vermietet auch E-Autos und sieht darin die Zukunft: "Auf Dauer wird es nichts anderes geben." Die Hürden in der Gegenwart lägen zunächst bei den Herstellern: keiner biete ab Werk serienmäßige E-Taxen an. Also müssten die Fahrzeuge von den Käufern einzeln aufwendig umgerüstet werden: Folierung im typischen Taxi-Beige, EU-konformes Taxameter, Vermittlungssystem, Kartenlesegerät, beleuchtetes Taxi-Schild, Zertifizierung – da kämen am Ende bis zu 5500 Euro pro Wagen zusammen, sagt Hanke.
In Hamburg erhalte man dafür Fördergelder, in Bremen leider nicht, bedauert Hanke. Tatsächlich hat der Hamburger Senat im vorigen Jahr unter dem Motto "Zukunftstaxi" den Entschluss gefasst, das Taxi-Gewerbe bei der Anschaffung von E-Autos tatkräftig zu unterstützen. "Damit einher gehen zusätzliche finanzielle Förderungen, der weitere Ausbau der Ladeinfrastruktur und deren zu Teilen exklusive Nutzung durch das Taxi-Gewerbe, verbunden mit einer zuverlässigen Preisgestaltung der Ladekosten", zählt Anjes Tjarks (Grüne) auf, Senator für Verkehr und Mobilitätswende. Sein erklärtes Ziel: Bei den Hamburger Taxen jährlich 25.000 Tonnen an CO?-Ausstoß einzusparen.
Den Willen hat seine Bremer Amtskollegin und Parteifreundin Maike Schaefer auch: „Grundsätzlich zählen Taxis für mich zum Umweltverbund und sind zudem Bestandteil der Daseinsvorsorge. Das Vorgehen Hamburgs, diese Fahrzeuge sukzessive auf Elektroantrieb umzurüsten und dies zu fördern, halte ich für richtig", sagt sie. "Wir haben dies ebenfalls vor und hatten es sogar schon für den aktuellen Klimatopf mit angemeldet. Es ist jedoch nicht zum Zuge gekommen", bedauert die Senatorin. Es liefen jedoch bereits erste Gespräche, wie die Taxihaltestellen mit Stromsäulen ausgerüstet werden können. "Eine Förderung von E-Taxen werden wir weiterhin prüfen.“ Im Hamburg hat es dazu geführt, dass dort schon jetzt 141 E-Taxen im Einsatz sind.