Die Ankündigung des Bundesfamilienministeriums, die Finanzierung des Programms "Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ Ende 2022 einzustellen und eine mögliche Fortsetzung den Ländern zu überlassen, trifft in Bremen zahlreiche Einrichtungen der Kindertagesbetreuung vor allem in den eher ärmeren Quartieren. Bislang erhält Bremen jährlich 1,785 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm. Damit werden Sprachförderangebote in 64 Kitas finanziert.
Im Jahr 2020 wurde jedem zweiten Kind in Bremen Sprachförderbedarf bescheinigt. So ballen sich etwa im Bremer Westen die Sprachprobleme, heißt es im jüngsten Armutsbericht des Sozialressorts. Im Ohlenhof (74 Prozent) und in Grohn (73 Prozent) ergaben Sprachtests, dass fast drei Viertel der Kinder Sprachförderbedarf hatten. In einzelnen Einrichtungen haben neun von zehn Kindern einen solchen Förderbedarf. Im Ortsteil Hemelingen wurde für 68,3 Prozent aller Kindergartenkinder in ihrem letzten Kitajahr eine zusätzliche Sprachförderung als notwendig erkannt. Ermittelt werden solche Werte mithilfe von Primo, einem Sprachtest, an dem ein Jahr vor ihrer Einschulung alle Kinder verpflichtend teilzunehmen. Dabei sollen sie zum Beispiel zeigen, ob sie Begriffe wie "vorher / nachher" richtig anwenden und ob sie den Unterschied zwischen ähnlich klingenden Wörtern wie "Nadel" und "Nudel" hören.
Die jeweiligen Teams in den betroffenen Einrichtungen mit hohem Förderbedarf werden daher mithilfe der Bundesmittel durch zusätzliche Fachkräfte mit Expertise im Bereich sprachliche Bildung verstärkt, die direkt in der Kita tätig sind. Die Sprachförderer holen die Kinder dabei zeitweise aus ihren normalen Gruppen und geben ihnen in einer Kleingruppe mit maximal sechs Kindern spielerische Anregungen. Aber auch der übrige Kita-Alltag wird genutzt, um die Kinder in ihrer Sprachentwicklung zu fördern. Weil Sprachbildung aber zuerst durch Eltern und zu Hause stattfindet, beraten die Sprach-Kitas auch die Eltern. Zusätzlich finanziert das Programm eine Fachberatung, die kontinuierlich die Arbeit in den Sprach-Kitas begleitet. Die Fachberatung qualifiziert beispielsweise die Fachkräfte innerhalb eines Verbundes von zehn bis 15 Sprach-Kitas und sorgt für den Erfahrungsaustausch.
Bremen und andere Länder kämpfen um Finanzierung
"Dass der Bund hier seine Unterstützung zurückfährt, kann ich nicht verstehen", kommentiert Bremens Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp (SPD) die Entwicklung. Deshalb kämpfe Bremen jetzt mit den anderen Ländern gemeinsam dafür, dass der Bund das Programm weiter finanziert und sogar noch aufstockt. In einer veröffentlichten gemeinsamen Erklärung appellierten die Jugend- und Familienminister der Länder an die Regierung, die Entscheidung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der vielen Geflüchteten aus der Ukraine zu revidieren. Das Projekt müsse fortgeführt und „perspektivisch als dauerhaftes Bundesprogramm“ etabliert werden.
„Die Zuständigkeit im Bereich der Kindertagesbetreuung liegt bei den Ländern und kann nicht dauerhaft durch Förderprogramme des Bundes finanziert werden“, sagte dagegen eine Sprecherin des Familienministeriums laut einem Bericht der „Welt“. Nach elf Jahren Finanzierung des Programms Sprach-Kitas und dem Kompetenzaufbau in der Fläche gingen die geschaffenen Strukturen und Ansätze nun in die Verantwortung der Länder über. Nach Angaben des Ministeriums ist bundesweit etwa jede achte Kindertagesstätte eine Sprach-Kita. Das sind mehr als 7000 Häuser mit etwa einer halben Million Kinder.
In Bremen ist das Bundesprogramm zu den Sprach-Kitas ein Baustein für das ab August geplante verpflichtende Kita-Brückenjahr für Kinder mit Sprachförderbedarf, die noch keine Kita besucht haben. Diese Kinder sollen das letzte Jahr vor der Einschulung verpflichtend in eine normale Kita-Gruppe gehen, in der die Erzieherinnen durch eine Sprachförderkraft Verstärkung bekommen. Bremen will dafür in diesem und im kommenden Jahr 2,3 Millionen Euro ausgeben. Zur Finanzierung sind die Bundesmittel fest eingeplant, die nun fehlen würden.
Aulepp hat bereits deutlich gemacht, die Sprachförderung aber in jedem Fall weiter zu ermöglichen, auch wenn das aus Landesmitteln schwer zu stemmen sei. "Wir blieben dann hinter dem zurück, was dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Notwendig ist und bleibt, dass der Bund seine Förderung nicht nur fortführt, sondern angesichts der immensen Bedeutung für die Zukunft der Kinder weiter ausbaut", sagt die Senatorin. Zu guter Bildung gehöre von Anfang an die Sprachförderung dazu.