Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat vergangene Woche einen Corona-Impfstoff für Kinder von fünf bis elf Jahren zugelassen. Die Zulassung gilt als wichtiger Schritt, um die vielerorts stagnierende Impfquote zu erhöhen. Wie Bremen die Kampagne organisieren will und welche Schwierigkeiten sich abzeichnen, beantworten wir im Überblick:
Um welchen Impfstoff geht es?
Die Zulassung der EMA gilt für einen Impfstoff des Herstellers Biontech/Pfizer. Die für Kinder angepasste Variante soll ein Drittel der Erwachsenen-Dosis enthalten. Vorgesehen sind zwei Spritzen im Abstand von drei Wochen. Die EMA verweist auf Studien, denen zufolge das Vakzin sicher und effektiv sei. Mögliche Nebenwirkungen seien mit denen in anderen Altersgruppen vergleichbar: Fieber, Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit oder Kopfschmerzen.
Wann starten die Impfungen?
Vom 20. Dezember an stehen Deutschland nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) 2,4 Millionen Dosen des angepassten Impfstoffes zur Verfügung. Ob dann überall sofort geimpft wird, ist noch offen. Zwar liegt die EMA-Zulassung vor, eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) gibt es jedoch bislang nicht. Die Bremer Gesundheitsbehörde lässt durchblicken, dass sie die Impfungen unabhängig von der Stiko starten möchte. Man wolle Angebote machen, sobald der Impfstoff verfügbar sei, teilt ein Sprecher von Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) mit. Laut Ressortangaben sind 43.000 Kinder im Land Bremen zwischen fünf und elf Jahren alt.
Wie wird die Impfkampagne ablaufen?
Fest steht der Behörde zufolge bereits, dass es eine reine Kinder-Impfstelle am Wall/Herdentor geben werde. Sie soll nach Weihnachten den Betrieb aufnehmen. "Wir sind dabei, Personal für das Impfzentrum zu suchen", sagte Gesundheitsstaatsrätin Silke Stroth am Dienstag. Im Austausch ist Bernhard auch mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Bremen (BVKJ). Wenn die Stiko-Empfehlung komme, stünden die Kinder- und Jugendärzte zum Impfen bereit, sagt BVKJ-Sprecher Marco Heuerding. Laut Kassenärztlicher Vereinigung Bremen beteiligen sich aktuell mehr als 90 Prozent der Bremer Kinder- und Jugendarztpraxen an den Corona-Impfungen. In Niedersachsen bereite man derzeit alles vor, "um allen Eltern, die ihre Kinder impfen lassen möchten, ein Impfangebot machen zu können", sagt Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD).
Welche Schwierigkeiten werden erwartet?
"Wir werden uns beteiligen, aber die Zeit ist natürlich ungünstig", sagt der Kinderarzt Heuerding. In der Vorweihnachtszeit seien die Praxen durch Infekt-Wellen ohnehin stark belastet. Ähnlich äußert sich der BVKJ-Landesvorsitzende Stefan Trapp. Er warnt, dass vor allem kleinere Praxen schnell an ihre Grenzen kommen könnten. Trapp betont weiter: "Die Einrichtung spezieller Impfangebote für Kinder durch das Land würden wir daher grundsätzlich begrüßen." Möglich sei es dann zum Beispiel, dass Inhaber kleinerer Praxen kein eigenes Angebot machten, sondern in einer Impfstelle anheuerten.
Wie sinnvoll ist eine Corona-Impfung für Fünf- bis Elfjährige?
Der BVKJ stehe der Impfung von Kindern grundsätzlich positiv gegenüber, so Trapp. Heuerding betont allerdings auch, dass Corona "keine Krankheit der Kinder" sei. Er verweist auf eine "fast nicht vorhandene Krankheitslast"; schwere Verläufe oder gar Todesfälle seien extrem selten. Ein wichtiger Schritt sei die EMA-Zulassung deshalb vor allem für Kinder, die entweder selbst vorerkrankt seien oder vorerkrankte Angehörige hätten. Heuerding appelliert an die Eltern von gesunden Kindern, Ruhe zu bewahren. Nicht nur seine Praxis bekomme derzeit sehr viele Anfragen. Das dürfte auch an den steigenden Infektionszahlen bei Kindern liegen: "In der vergangenen Woche lag die Inzidenz bei den Sechs- bis Neunjährigen in der Stadt Bremen bei 500", sagte Tanja Brüchert, Referentin in der Gesundheitsbehörde, am Dienstag.
Welche Kritik gibt es an den Plänen?
Die Impfung sei sicher – das würden auch Erfahrungen aus den USA und Israel zeigen, sagt Heuerding. Dort wurden in den vergangenen Wochen bereits mehrere Millionen Kinder geimpft. Die Kritik, die auch der BVKJ formuliert, richtet sich vielmehr an die Politik. "Es wird versucht, die Verantwortung auf die Kinder abzuwälzen", sagt Heuerding. Nach Ansicht des BVKJ müssten zunächst alle Erwachsenen geimpft werden, bevor Fünfjährige an der Reihe seien. Eine Impfpflicht für Erwachsene sei das geeignetere Mittel, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Sie müsste Vorrang haben – vor der Impfung von Kindern, aber auch vor anderen Maßnahmen wie Schulschließungen.