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Unterricht ohne Maske Luftfilter längst nicht in jedem Klassenraum

In den Sommerferien könnte man die Schulen für den Herbst noch besser gegen Corona schützen - doch vor aufwändigen Modernisierungen ihrer Lüftungsanlagen mit Hilfe des Bundes schrecken viele Träger zurück.
27.06.2021, 12:04 Uhr
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Luftfilter längst nicht in jedem Klassenraum
Von Joerg Helge Wagner

In den Schulen findet längst wieder Präsenzunterricht in voller Klassenstärke statt, seit einigen Tagen auch ohne Maskenpflicht in den Zimmern. Wurden die Monate des Lockdowns genutzt, um die Unterrichtsräume mit Filtern und Messgeräten zur Kontrolle der Luftqualität auszurüsten? Seit dem 11. Juni fördert auch der Bund stationäre Luftreinigungsanlagen in Schulen und Kitas – aber die Hürden dafür sind hoch. In Bremen konnte sich bislang keine einzige öffentliche Einrichtung darum bewerben.

In den 141 allgemeinbildenden und berufsbildenden öffentlichen Schulen der Stadt Bremen sind derzeit laut Bildungsbehörde rund 2400 mobile Luftreinigungsgeräte und etwa 1400 CO2-Messgeräte im Einsatz. "Die Schulen geben seit Monaten Bestellungen auf, dies ist auch weiterhin möglich", sagt Sprecherin Annette Kemp. Auch die Träger von Kitas könnten bestellen. Finanziert wird das überwiegend aus dem Bremen-Fonds zur Linderung der Corona-Folgen.

Forderung des Personalrats

Der Personalrat Schulen hatte im November gefordert, sämtliche Klassenzimmer mit Luftfilteranlagen – mobil oder stationär – auszustatten. "Dies ist nicht passiert, wahrscheinlich auch nicht für alle Räume, die sich nur unzureichend lüften lassen", bedauert der Vorsitzende Jörn Lütjens. Kemp betont wiederum, dass die beschafften mobilen Geräte durchweg einen hohen Luftdurchlass hätten.

Einen Beschluss der Bürgerschaft, möglichst viele Klassenräume mit Filtern auszustatten, gibt es nicht. Allerdings können die Schulen Fördermittel sowohl vom Land als auch vom Bund beantragen. "Wer Filter haben will, bekommt eine Förderung, die ausreichend ist", sagt Yvonne Averwerser, bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. Am Ende hänge es eher an der Frage, wer die Filter beschafft und einbaut.

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Bei den stationären Luftfiltern ist dies zunächst Sache von Immobilien Bremen (IB) als Gebäudeeigentümerin, denn es geht um bauliche Maßnahmen. IB liefert die technischen Daten, prüft Stromversorgung und Substanz der Gebäude, wenn es um die mit vielen Auflagen verbundene Förderung durch den Bund geht. 

Noch keine Schule untersucht

Bislang hat IB aber noch keine einzige öffentliche Schule oder Kita untersucht. "Das erfolgt in den Sommerferien", teilt Unternehmenssprecher Fabio Cercere mit. Zusätzliches Personal gebe es dafür nicht. Die Dauer der Prüfung sei so unterschiedlich wie die Einrichtungen und deshalb nicht zu benennen. "Voraussichtlich werden Prüfergebnisse aber im September – eben nach den Sommerferien – vorliegen", sagt Cercere.

"Das Lüften über die Fenster bleibt aber das A und O", betont Kemp. So sieht man es auch im niedersächsischen Kultusministerium. "Luftfilter sind nur als Ergänzung zu sehen", sagt Sprecherin Ines Buchmann. Grundsätzlich solle etwa alle 20 Minuten eine fünfminütige Stoßlüftung oder Querlüftung durch möglichst weit geöffnete Fenster vorgenommen werden.

Trotzdem nimmt Niedersachsen Geld in die Hand, um die Schulen sicherer zu machen. "Das 20-Millionen-Schutzausstattungsprogramm des Landes aus dem Herbst 2020 wird sehr gut angenommen", berichtet Buchmann: Etwa 550 Anträge von Schulträgern wurden gestellt, rund 18,5 Millionen Euro bewilligt und hiervon rund 10,2 Millionen Euro ausgezahlt.

Bei den Schulträgern, die für die Ausstattung der Einrichtungen verantwortlich sind, kommt das unkomplizierte Verfahren offenbar an: Sie erklären lediglich, dass sie sächliche Schutzausstattung wie Masken, Schutzkleidung, Acrylglas-Wände und CO2-Ampeln oder auch mobile Luftfiltergeräte anschaffen. Detailliertere Angaben seien vor der Auszahlung nicht nötig, sagt das Ministerium, und die Verwendungsnachweise könnten noch bis Ende September eingereicht werden.

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Zudem setzt man in Hannover auch auf die Förderrichtlinie des Bundes für stationäre Anlagen. Am Ende entscheiden aber die Schulträger "in eigener Zuständigkeit", ob sie am Förderprogramm des Bundes teilnehmen. Daten dazu hat das Kultusministerium nicht.

Beim Zentralen Elternbeirat (ZEB) in Bremen hat das Thema Lüften keinen Vorrang. "Wir hören relativ wenig Beschwerden", sagt der Vorsitzende Martin Stoevesandt. Es gebe sehr moderne Schulgebäude in Passivbauweise, in denen bewusst nicht durch Fensteröffnen gelüftet werden soll. Aber diese Schulen hätten entsprechende Lüftungsanlagen. Hinsichtlich einer Förderung durch den Bund ist man eher skeptisch: "Der Nutzen ist nicht bewiesen und der Aufwand gigantisch", befürchtet Stoevesandt. Wenn man jetzt Millionen in ein Luftfilterprogramm stecke, lenke das nur davon ab, dass Bremen "seit Jahren unfähig ist, genügend Schul- und Kitaraum zu schaffen".

Zur Sache

Bund fördert Filter

Seit dem 11. Juni können Schulen und Kitas beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) Fördermittel für Luftfilter beantragen. Das Programm richtet sich an Einrichtungen, die von Kindern bis zu zwölf Jahren besucht werden, da für ältere Kinder bereits ein Impfstoff (Biontech-Pfizer) zugelassen wurde.

Gefördert werden die Investitionsausgaben sowie die Ausgaben für Planung und Montage in Höhe von bis zu 80 Prozent der förderfähigen Ausgaben. Die maximale Förderung beträgt 500.000 Euro pro Standort. Es besteht eine Bagatellgrenze von 8000 Euro, ab der eine Förderung gewährt werden kann.

Eine Antragstellung ist bis einschließlich 31. Dezember 2021 möglich. Planungsleistungen dürfen vor Antragstellung erbracht werden. Förderfähig sind nur Maßnahmen, mit denen zum Zeitpunkt der Bewilligung noch nicht begonnen worden ist. Sollten die im Bundeshaushalt verfügbaren Haushaltsmittel bereits vorher ausgeschöpft sein, ist eine frühere Beendigung der Laufzeit der Richtlinie möglich.

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