Dänemark will Zigaretten verbieten – zumindest für Menschen ab dem Geburtsjahrgang 2010. Damit möchte das dänische Gesundheitsministerium den Tabakkonsum in der Gesellschaft deutlich reduzieren und verhindern, dass zukünftige Generationen überhaupt erst mit dem Rauchen anfangen. Neuseeland geht einen ähnlichen Weg: Menschen, die jetzt 14 Jahre alt sind oder jünger, sollen dort ihr ganzes Leben lang keine Tabakprodukte mehr kaufen dürfen. Bremer Experten und Gesundheitspolitiker sehen dieses Modell kritisch.
Wie hat sich die Zahl der Raucherinnen und Raucher in Deutschland entwickelt?
Die Zahl der Raucherinnen und Raucher in Deutschland nimmt seit Jahren stetig ab, insbesondere in der jungen Altersgruppe. Laut dem Tabakatlas des Deutschen Krebsforschungszentrums griffen im Jahr 2017 etwas über 22 Prozent der Menschen ab 15 Jahren zur Zigarette. 2003 waren es noch fünf Prozentpunkte mehr. In der Altersgruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen rauchte vor der Jahrtausendwende noch über ein Viertel, 2019 waren es fünf Prozent. Im Vergleich der Bundesländer ist Bremen – gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern – der Spitzenreiter: Der Anteil der Rauchenden liegt dort jeweils bei 28 Prozent. Im Jahr 2018 starben in Deutschland rund 127.000 Menschen an den gesundheitlichen Folgen des Rauchens.
Wie denken Bremer Parteien in Bremen über ein Verbot?
"Grundsätzlich bin ich dafür, dass man viel tun sollte, damit die Menschen gesund bleiben oder gesund werden", sagt Ute Reimers-Bruns, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. "Aber die Regelung der Dänen ist meiner Meinung nach zu einschneidend." Konsequenterweise müsse der Staat dann auch Alkohol oder zuckerhaltige Lebensmittel verbieten. "Aber wo ist denn da die Grenze? In einer Welt voller Verbote möchte ich nicht leben", sagt sie. Stattdessen sollten Verbraucherinnen und Verbraucher über Gesundheitsgefahren, etwa auch im Lebensmittelbereich, informiert und aufgeklärt werden.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Ilona Osterkamp-Weber, hält ein Tabakverkaufsverbot wie in Dänemark und Neuseeland derzeit nicht für erforderlich. Die abnehmende Zahl der Raucherinnen und Raucher in Deutschland zeige, dass bisherige Maßnahmen wie Nichtraucherschutzgesetze, Altersgrenzen beim Verkauf und Verteuerung der Tabakprodukte wirksam seien. "Wichtig ist vor allem, die 17 Millionen erwachsenen Raucherinnen und Raucher zur Abgewöhnung zu bewegen", sagt Osterkamp-Weber. "Neben Präventionsangeboten ist dafür auch eine Verschärfung des Bremer Nichtraucherschutzgesetzes sinnvoll." Vorstellbar sei zum Beispiel ein konsequentes Rauchverbot an Haltestellen, in Innenräumen und in Freiluftcafés.
"Absolut gegen ein Verbot" ist Sina Dertwinkel, in der CDU-Fraktion zuständig für Drogenpolitik und Verbraucherschutz. "Ein Verbot macht für mich keinen Sinn, vor allem wenn nur bestimmte Altersgruppen davon betroffen sind." Das sei zudem ein zu großer Eingriff in Persönlichkeitsrechte vonseiten des Staates. Für sinnvoller erachtet sie ein Werbeverbot für Tabakprodukte, wie es für viele Bereiche in Deutschland seit 2021 schon in Kraft ist. "Aber der Konsum lässt sich nie ganz abstellen, auch durch Verbote nicht", so Dertwinkel. Sie sei dafür, auch auf die Eigenverantwortung der Menschen zu setzen. Auch die FDP ist gegen ein Verbot: "Die Menschen sind aufgeklärt genug, um die Folgen des Rauchens zu kennen", teilt Magnus Buhlert mit. Man dürfe andere Menschen durch das eigene Handeln nicht schaden, aber: "Jeder Mensch hat das Recht, sich selbst zu gefährden."
Wie bewerten Suchtexperten Dänemarks Vorstoß?
Beatrix Meier aus dem Vorstand der Bremischen Landesstelle für Suchtfragen sieht solch ein Verbot, wie Dänemark es einführen will, skeptisch: "Verbote haben uns nie wirklich weitergebracht. Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist." Viel eher wäre eine deutlichere und nachhaltige Suchtprävention sinnvoll. Doch dafür stünden noch immer zu wenig finanzielle Mittel zur Verfügung. "Der Staat könnte etwa Tabakprodukte höher besteuern und die Mehreinnahmen dann in Präventionsmaßnahmen stecken", so der Vorschlag von Meier.
Auch der Sozialpädagoge Armin H. Klein, der als Coach arbeitet und in Bremen Seminare zur Nikotin-Entwöhnung gibt, ist von Dänemarks Weg nicht überzeugt. "Plumpe Verbote rufen meist Illegalität hervor", sagt er und verweist etwa auf die Prohibition in den USA: Während dieser Zeit seien die Verbreitung und der Konsum von Alkohol weiter gestiegen, obwohl der Staat dies eigentlich untersagt hatte. Vielmehr müsse das gesellschaftliche Bewusstsein für die Gefahren des Rauchens steigen. Auch in den Medien solle Rauchen stärker als eine Sucht dargestellt werden und nicht als etwas Selbstverständliches. Kleins Wunsch: "Nichtrauchen muss cooler werden."