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Bremer Überseeinsel Endspurt für das neue Silo-Hotel

Wo einst für die Frühstücksflockenfabrik von Kellogg zigtausend Tonnen Mais, Reis, Weizen und Hafen lagerten, ziehen bald die ersten Hotelgäste ein. Übernachten im Silo - aber das ist nicht der einzige Clou.
06.03.2024, 05:00 Uhr
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Endspurt für das neue Silo-Hotel
Von Jürgen Hinrichs

Das Badezimmer ist bereits gefliest, interessantes Muster, vom Chef ausgesucht. Klaus Meier hat ein Faible für Details und konnte sich austoben, als die Planung begann. Er hat auch entschieden, die Möbel aus Stahl fertigen zu lassen. Und dass kein Fernseher in den Zimmern aufgehängt wird: „Wofür? Junge Leute schauen sich Filme anders an.“

Robuste Ansage. So wie alles an diesem Projekt robust ist. Die Stühle aus unbehandeltem Stahl. Die Wände mit Spuren im Beton – Löcher, Schnitte, verputzte Stellen. Das riesige Kellogg‘s-Schild auf dem Dach, zwölf Meter breit, vier Meter hoch, und die enormen Stahlbefestigungen im Raum darunter, damit oben angesichts der bekannt steifen Brise im alten Hafenquartier nichts wegfliegt. Die Silos selbst natürlich, rund wie sie immer waren, nur jetzt eben aufgeschlitzt, damit man hinausschauen kann. Robuste Ansage. Meier liebt das.

Der Unternehmer ist mit Windenergie reich geworden („bin ein Windfritze“) und hat schon vieles gemacht in seinem Leben. Aber das hier? Die Silos von Kellogg in ein Hotel umzuwandeln? Wer kommt auf so eine Idee? „Meine Architekten“, sagt Meier, „Ihr habt ne Meise, habe ich damals gesagt.“ Und dann ist es doch so gekommen. Trotz aller Bedenken und Einwände. Die Planer, maßgeblich das Wiener Architekturbüro Delugan Meissl, haben sich durchgesetzt. „Ich will, dass das geht“, zitiert Meier den Statiker. So etwas gefällt ihm: Mut zur Lücke. Wagen un winnen.

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Für August werden die ersten Buchungen angenommen, ein knappes Jahr später als geplant. „Dafür sind die Kosten im Rahmen geblieben“, hebt Meier hervor. Ein kleines Kunststück in diesen Zeiten, die das Bauen so teuer gemacht haben. „Wir hatten mit 35 Millionen Euro gerechnet und liegen nur knapp drüber.“

Die Fenster in einem Teil der Zimmer bieten einen Ausblick, dass man nur Wow! sagen kann: Bremen mit seiner Silhouette, im Mittelpunkt der Dom. Wie in einem Ausguck kann der Hotelgast die Details studieren. Die Fenster sind vergleichsweise klein, ein bisschen wie Schießscharten. Hier musste der Statik dann doch mal Tribut gezollt werden – und den Kosten. Vor der gläsernen Öffnung jedes Mal eine Bank im Zimmer, ein Bänkchen, es schmiegt sich ins halbe Rund hinein. Der Boden bekommt Holz. Die Steckdosen werden aufgesetzt. „Eine richtige Inszenierung“, begeistert sich Meier. „Cool!“

21 Silos waren es früher, 40 Meter hoch, in denen Kellogg zigtausend Tonnen Mais, Reis, Weizen und Hafer gelagert hat. Acht Behälter sind übrig geblieben, und dass sie nun auf insgesamt zwölf Etagen mit 117 Zimmern als Hotel genutzt werden, dürfte einmalig sein in der Welt. „Ich kann mir vorstellen, dass es Gäste gibt, die extra anreisen, um bei uns eine Nacht zu verbringen“, sagt Meier.

Der Clou werden am Ende nicht nur die Silos sein, die extra große Turm-Suite ganz oben oder ein Kunstwerk, das sich in den Fluren bunt und motivreich über sämtliche Ebenen zieht. Der Clou ist auch das Schwimmbad. „Ich habe ein Binnenschiff gekauft.“ Meier grinst. „Habe ich noch nie gemacht.“ Ein Schiff, im Ernst, das zum Pool umfunktioniert wird: „Das Ladebecken ist 55 Meter lang, da passt einiges rein. Bar und Sauna soll’s auch geben.“ 

Den Frachter, der in Rostock gerade seine Ausstattung bekommt, legt er in der Weser direkt vors Hotel. Meier besitzt dort die Hafenrechte, was aus der Kellogg-Zeit herrührt, als an der Frühstücksflockenfabrik die Schiffe anlegten, um Ladung aufzunehmen oder zu löschen.

Ein Pool muss sein, sonst fehlt ein Kriterium, um gut bewertet zu werden. Das ist für Meier aber nicht der Punkt, jedenfalls nicht so, wie man das kennt bei Hotels: „Sterne? Quatsch. Sterne brauchen wir nicht.“ Er will mit seinem Projekt etwas Besonderes bleiben, sich nicht in Schubladen stecken lassen. Die Zielgruppe: jung und urban. Auch mal Unternehmen, die sich für ein paar Tage en gros einmieten, um die Belegschaft auf neue Ziele einzuschwören. Räume für Veranstaltungen sind auf dem Kellogg-Gelände ausreichend da.

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Wie es sich für einen „Windfritzen“ gehört, hat sich Meier für sein zwölfgeschossiges Hotel und das gesamte Areal drumherum ein ausgeklügeltes Wärme- und Kältesystem überlegt. Die Energie wird aus verschiedenen Quellen gespeist, darunter Fotovoltaik. Er verspricht außerdem ein ultraschnelles WLAN. Schon beim Einchecken können die Gäste das gut gebrauchen; der elektronische Schlüssel fürs Zimmer wird aufs Handy gespielt.

Betrieben wird das Hotel von der dänischen Guldsmeden-Gruppe. Sie wurde 1999 gegründet und unterhält mittlerweile Häuser in Skandinavien, Island, Frankreich, Bali und Deutschland. Das „Lulu“ in Berlin ist in einem sanierten Altbau in der Potsdamer Straße untergebracht.

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