Die Zahl der Wildgänse in Niedersachsen steigt seit Jahren. Was Ornithologen und Tierschützer freut, macht Landwirten Sorgen. Sie fürchten um die Ernte. CDU und FDP wollen deshalb zur Jagd blasen.
CDU und FDP im Landtag in Niedersachsen haben eine pauschale Verlängerung der Jagdzeiten für Wildgänse gefordert, um die wachsenden Bestände zu reduzieren. Damit könnten Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen begrenzt werden, außerdem leide die Wasserqualität in Teichen und Seen im Land, hieß es zur Begründung. Bei SPD und Grünen stieß die Opposition mit ihrer Forderung am Freitag auf Skepsis.
"Die neue Jagdzeitenverordnung ist ja bereits aus exakt diesem Grund geändert worden", sagte Agrarminister Christian Meyer (Grüne) im Parlament in Hannover. Sollte es in einigen Regionen wegen vieler Wildgänse weiteren Jagdbedarf geben, so liege die Genehmigung in der Zuständigkeit der Kommunen. Es gebe bislang keinen Grund, diese Praxis zu ändern.

Sie sind viele: Die Bestände von Graugänsen haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht.
Bestände haben sich vervielfacht
Die Zahl der brütenden Wildgänse in Niedersachsen hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Nach Angaben der Landesjägerschaft haben sich die Brutbestände der einzelnen Arten deutlich erhöht. Die Zahl der Graugänse soll sich seit 1994 fast verzehnfacht haben, zuletzt wurden gut 8600 Paare gezählt. Bei Kanadagänsen gab es einen Anstieg von 84 im Jahr 1994 auf gut 1400 Brutpaare 20 Jahre später, die Zahl der brütenden Nilgänse stieg auf zuletzt rund 5900.
Nach Ansicht von CDU und FDP reichen die Jagdmöglichkeiten in Niedersachsen nicht überall aus, um die wachsenden Populationen von Wildgänsen einzudämmen. Zudem würden die Techniken zum Vertreiben der Tiere nicht helfen, da sie sich schnell daran gewöhnten.

Sind nicht gern allein: Auch die Nilgänse haben sich in Niedersachsen stark vermehrt.
Leidtragende seien neben den Landwirten, deren Felder geplündert und verwüstet würden, auch andere Tierarten und Gewässer. Deshalb müsse es bei Bedarf möglich sein, "vagabundierende Junggesellen" auch außerhalb der Jagdzeiten zu schießen. Brütende Elterntiere seien davon nicht betroffen.
Vertreiben statt Töten
Der Antrag pauschalisiere, kritisierte Hans-Joachim Janßen (Grüne). Die Tiere könnten durchaus vertrieben werden, ohne getötet zu werden. Auch Wiard Siebels (SPD) sagte, über die von der FDP vorgeschlagenen Lösungswege müsse noch sehr intensiv beraten werden. Die FDP verwies in ihrem Antrag unter anderem auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Nordrhein-Westfalen aus dem März 2015. Dort hatte ein Landwirt erfolgreich für eine Aufhebung der Schonzeit für Wildgänse geklagt, die nicht brüten.
Stark angestiegen sind in den vergangenen Jahren auch die Abschusszahlen. Niedersachsenweit wurden im Jagdjahr 2015 genau 14 276 Graugänse erlegt, sechs Prozent mehr als 2014 und so viele wie nie zuvor in den vergangenen Jahrzehnten. Auch bei der Nilgans (3895) und der Kanadagans (813) wurden neue Rekord-Abschüsse gemeldet.

Sind von vielen städtischen Teichen nicht mehr wegzudenken: Kanadagänse.
In Niedersachsen regelt seit September 2014 die Jagdzeitenverordnung auch die Gänsejagd. Sie sieht unter anderem außerhalb der Vogelschutzgebiete längere Jagdzeiten vor und kürzere innerhalb von Vogelschutzgebieten. Die noch in der parlamentarischen Beratung befindliche Novelle des Jagdgesetzes sieht künftig zudem die sogenannte Intervalljagd vor. In festgelegten Gebieten darf dann im Zwei-Wochen-Rhythmus in einer Zone gejagt werden, während in der anderen die Gänse Schonung genießen. (dpa)