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Unrat in den Straßen und Grünanlagen Der Müll nimmt überhand

Die Neustadt hat ein Müll-Problem: Reste gelber Säcke, überquellende Papierkörbe und illegaler Spermüll liegen in den Straßen und Grünstreifen. Das Thema wurde nun in der jüngsten Beiratssitzung diskutiert.
23.05.2016, 00:00 Uhr
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Von Karin Mörtel

In den Straßen liegen vielerorts die Reste zerfledderter gelber Säcke, in Grünstreifen häufen sich Zigarettenkippen und Kronkorken, Papierkörbe quellen über und immer wieder lagern Anwohner illegal Sperrmüll an der Straße: Dieses Erscheinungsbild der Neustadt haben Stadtteilbewohner und Lokalpolitiker in der jüngsten Beiratssitzung geschildert.

Ortsamtsleiterin Annemarie Czichon fasste zusammen, worin sich alle einig waren: „Jeder von uns kann sehen, dass die Müllsituation im Stadtteil momentan wenig erfreulich ist.“ Immer schlimmer sei es in den vergangenen Jahren geworden, stellten viele Besucher der Sitzung im Anschluss fest – und nannten Beispiele aus ihrer Nachbarschaft.

So auch Marta Hewelt von der Schwankhalle am Buntentorsteinweg, die einen regelrechten Hilferuf an den Neustädter Beirat absetzte: „Wir bekommen den Müll hinten am Deich nicht mehr in den Griff“, beklagte die Geschäftsführerin der Spielstätte für freie darstellende Künste.

Diese Masse überfordert

Vor einigen Jahren hatte das Schwankhalle-Team die Bänke an der Weser als Anknüpfungspunkt für die Kunst auf dem ehemaligen Brauerei-Gelände für sich entdeckt und freiwillig die Pflege des Deichstücks übernommen.

„Doch die Entsorgung für die wachsenden Müllmengen, die dort anfallen, können wir mittlerweile weder bezahlen noch personell stemmen“, so Hewelt. Über 1000 Euro Zusatzkosten für die zusätzlichen Leerungen der Papierkörbe am Deich seien heute schon zu viel – und da der Müll immer mehr werde, reichten selbst zwei wöchentliche Leerungen nun nicht mehr aus. „Wir brauchen dringend Hilfe, denn eigentlich haben wir eine ganz andere Aufgabe als Müllentsorgung“, unterstrich die Geschäftsleiterin.

Auch der Leiter des Polizeireviers Neustadt kann aus der Praxis mit illegal abgestellten Autowracks und Schrotträdern bestätigen, dass die Problematik insgesamt zugenommen hat: „Eigentlich wäre eine Verhaltensänderung der Bürger notwendig, aber die passiert einfach nicht“, sagte Volkmar Sattler. Ein Gewerbeaußendienst wäre seiner Meinung nach im Stadtteil nötig, „der die Leute wieder über ihren Geldbeutel auf ihr rücksichtsloses Verhalten aufmerksam macht“.

Damit stößt er ins gleiche Horn wie Torsten Dähn (Grüne), der sich eine Art „Müllpolizei“ wünschte, die ebenfalls die Verursacher von Verunreinigungen in die Verantwortung nehmen solle. Hartmut Wöhltjen von der Umweltbehörde nahm diese und viele weitere Anregungen während der Sitzung entgegen, erteilte einer kurzfristigen Änderung der bisherigen Praxis allerdings eine Absage. „Derzeit gibt es nur einen Umweltüberwacher in ganz Bremen – das ist politisch so gewollt“, beschreibt der Mitarbeiter der „Leitstelle Saubere Stadt“ die Situation. „Bei diesem großen Gebiet kann jeder ausrechnen, wie oft der mal in der Schulstraße vorbeikommt.“

Der Müllexperte setzt auch bei vielen anderen angesprochenen Punkten auf das Jahr 2018. Denn dann kümmern sich nicht mehr viele verschiedene Privatunternehmen, sondern wieder die Stadt um die Müllentsorgung. „Private Firmen interessiert es nicht, wie es hinter ihnen aussieht, die städtischen Mitarbeiter dann hoffentlich schon“, so Wöhltjen. Viele Anregungen wie größere und zusätzliche Papierkörbe und regelmäßige Komplettreinigungen ganzer Straßenzüge sah er dagegen kritisch: „Bremen ist arm und das ist teuer.“

Ein Neustädter, der mit einem Bürgerantrag das Thema überhaupt erst in den Fokus gerückt hatte, regte an, in vielen Sprachen über die vorgeschriebene Praxis der Müllentsorgung zu informieren. Schließlich würden Neubürger und aus dem Ausland stammende Geschäftsleute in vielen Fällen nicht wissen, wie und wann in Deutschland der Unrat getrennt und entsorgt werde. „Das ist auch ein Problem, das viele Deutsche haben“, erklärte dagegen Conny Rohbeck (SPD) aus eigener Beobachtung und warnte davor, die Verursacher des Problems einseitig bei Migranten und Flüchtlingen zu suchen.

Alexander Bauermann (CDU) fand darüber hinaus lobende Worte für die Leitstelle Saubere Stadt, die auf gemeldete Verunreinigungen reagiert: „Jedes Mal, wenn ich dort angerufen und um Beseitigung von Müll gebeten habe, ist das schnell und gründlich passiert.“ Ebenfalls viel Lob erhielt das städtische Wohnungsunternehmen Gewoba, das mit einem eigenen Müllkonzept und konsequenter Reinigung seine Wohnanlagen sauber halte.

Wolfgang Schnecking kritisierte jedoch die Denkweise, nur die Müllbeseitigung in den Fokus zu rücken. „Mir fehlt hier komplett die Frage, wie man Müll vermeiden kann.“ Jedoch genau da müsse man ansetzen, um das Problem grundsätzlich und nachhaltig in den Griff zu bekommen. Die Wegwerf-Mentalität und der Verpackungswahn seien sonst nicht mehr zu stoppen.

Rainer Müller (SPD) regte deshalb an, einen Arbeitskreis unter Beteiligung von Fachleuten und Bürgern zu gründen, der ein Gesamtkonzept für den Stadtteil erarbeitet, „damit unsere Diskussion hier nicht ins Leere läuft.“

Die Leitstelle Saubere Stadt ist unter der Telefonnummer 36 11 58 50 zu erreichen.

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