Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Vorwürfe gegen Vonovia Der Wohnungsriese reagiert

Der Immobilienkonzern Vonovia kündigt neue Abrechnungen an und senkt den Preis für Fernwärme zum Jahreswechsel. Die Umweltbehörde hat derweil die Kartellaufsicht eingeschaltet.
11.01.2018, 17:28 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Der Wohnungsriese reagiert
Von Patricia Brandt

Lüssum-Bockhorn. Bis vor wenigen Jahren hieß die Vonovia noch Deutsche Annington. Das schlechte Image hat das Wohnungsbauunternehmen wie den Namen abgelegt. Verabschiedet hat sich der Marktführer im Wohnungsmarkt nach Medienberichten auch von der Strategie, maximale Renditen aus Wohnungen zu holen und dafür die Modernisierungskosten klein zu halten. Nur für Bremen-Nord scheint das nicht zu gelten. Hier sitzen Mieter weiter in verschimmelten Buden und zahlen horrende Heiz- und Betriebskosten.

Die Mieter in der Lüssumer Heide, wo die Vonovia 224 Wohnungen unterhält, können froh sein, wenn die Vonovia jemanden schickt, der die kaputten Heizungen und defekten Fenster repariert – oder eben den Schimmel von den Wänden beseitigt. Viele Schäden sind längst von der Bremer Verbraucherzentrale dokumentiert, einige sind seit Jahren bekannt. In einigen Stockwerken haben Mieter undichte Kinderzimmerfenster selbst laienhaft abgeklebt, um die Zugluft zu stoppen. Heizungen bleiben kalt oder lassen sich nicht abstellen. Wasser läuft durch undichte Dächer in die Flure (wir berichteten).

In einer Runde mit Vertretern des Bauressorts, der Sozialbehörde und der Vonovia wird oft über die Wohnungsmängel gesprochen. Die Runde ist in einer Zeit entstanden, in der es das Dax-30-Unternehmen in Blumenthal noch nicht gab: 2004 hatten die Stadtgemeinde Bremen und frühere Eigentümer der Mehrfamilienhäuser in Lüssum-Bockhorn gemeinsam bekundet, im Sinne des Quartiers wirken zu wollen. Das Gebiet, in dem auch heute noch viele Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose und inzwischen auch viele Flüchtlinge leben, sollte aufgewertet werden.

In diesen Gesprächen habe die Vonovia signalisiert, dass sie zu besseren Wohnverhältnissen auch bei vermieteten Wohnungen kommen wolle, betont Bernd Schneider, Sprecher des Sozialressorts, auf ­Anfrage. Es soll jedoch bisher einige Probleme im Zusammenwirken mit Mietern gegeben haben. Die Zusammenarbeit funktioniere durch die eingeschaltete Gebeko inzwischen besser. „Die vermittelt gut und schafft Vertrauen und Verbindlichkeit auf beiden Seiten.“ Die Gebeko ist eine Gesellschaft für Begleitung und Kommunikation.

Gemeldete Mängel, versichert Unternehmenssprecherin Bettina Benner auf ­Anfrage unermüdlich, werden schnellstmöglich behoben. So ein Fall ist der des vierfachen Familienvaters Glenn Godoy-Sagredo, der kurz vor Weihnachten in die Lüssumer Heide gezogen und in seiner neuen Wohnung unter anderem mit einem klaffenden Loch in der Küchenwand konfrontiert war. Der Konzern wurde im Sinne des Mieters tätig – nach einem Bericht in der NORDDEUTSCHEN. Zuvor hatte der Mieter mehrfach vergeblich bei der Servicehotline des Unternehmens angerufen.

Dass sich die Mieterzufriedenheit im nördlichsten Zipfel Bremens nach dem Namenswechsel nicht deutlich verbessert hat, mag auch daran liegen, dass die Vonovia extrem hohe Heiz- und Betriebskosten verlangt. Vor Weihnachten sind erneut Nachzahlungsforderungen von bis zu 1500 Euro an die Mieter verschickt worden. Viele Mieter haben sich hilfesuchend an das Haus der Zukunft gewandt, in dem die Quartiersmanagerin Heike Binne sitzt.

Die Umweltbehörde hat diese Woche eine energiekartellrechtliche Prüfung angekündigt. Sie will wissen, warum die Abrechnungen so hoch sind. In der Vergangenheit ­waren Nachzahlungsforderungen in Höhe von bis zu 5000 Euro an die Mieter ergangen. „Das Bremer Umweltressort ist aufgrund der Berichterstattung in der NORDDEUTSCHEN und dem WESER-KURIER auf den Fall aufmerksam geworden und wird nun als Energiekartellaufsicht seiner Aufsichtspflicht nachkommen“, sagt Jens Tittmann, Sprecher des Umweltressorts. Es gehe darum zu schauen, „ob der Fernwärmepreis kartellrechtlich statthaft ist“.

Die Vonovia kündigt prompt eine Korrekturabrechnung auf Basis eines Mittelwertes an. Vonovia-Sprecherin Bettina Benner: „Zu stark nach oben hin angepasste Heizkostenvorauszahlungen können im Nachgang auf Mieteranfrage individuell gesenkt werden.“ Auch der Fernwärmepreis werde sich ab 2018 reduzieren, auf 9,5 Cent. Zeitweise lag er bei fast 16 Cent. Zum Vergleich: Die SWB nimmt nach eigenen Angaben 8,5 Cent.

Gut möglich, dass die Vonovia demnächst die maroden Balkons in Blumenthal sanieren lässt. Das wird im Stadtteil erzählt, aber nicht vom Konzern bestätigt. Immerhin steht ein Satz auf der Homepage, der die Mieter hoffen lassen kann: „Ein wohnwertes Umfeld geht weit über die eigenen vier Wände hinaus. Wir legen daher großen Wert auf eine lebenswerte Umgebung für unsere Mieter. Darum investieren wir: in das energetische Sanieren der Wohnhäuser ebenso wie in das Schaffen eines sicheren, erholsamen und grünen Umfelds.“

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)