Burg-Grambke. Im Falle einer Ölkrise würde die Bundesregierung auf Vorräte zurückgreifen. Ein Teil dieser Reserven lagert in Grambke. Fünf unterirdische Salzstock-Kavernen enthalten etwa 1,1 Millionen Tonnen Dieselkraftstoff.
Wer in Burg-Grambke am idyllischen Lesumdeich entlang spaziert, wird kaum vermuten, was sich unter den Wiesen neben dem Weg verbirgt. In fünf Salzstock-Kavernen lagern bis zu 1000 Meter tief unter dem unscheinbaren Betriebsgelände der Nord-West Kavernengesellschaft (NWKG) am Brokkampsweg etwa 1,1 Millionen Tonnen Dieselöl. Sie sind Teil der nationalen Öl-Reserven, die für Krisenfälle bevorratet werden.
1969 wurde die erste Kavernenbohrung in dem Grambker Salzstock – dem einzigen auf Bremer Gebiet – vorgenommen. Grund war damals die Einführung der sogenannten Mineralölpflichtbevorratung im Jahr 1966. Seither wurden neun Hohlräume in den Salzstock gebaut; in vier lagern heute Gasvorräte. Die Gasspeicher werden von den Unternehmen swb und Storengy unterhalten.
"Der Kavernenspeicher heißt ,Lesum’ obgleich er im Ortsteil Burg-Grambke liegt. Das liegt daran, dass der Salzstock, in dem die Kavernen gebaut worden sind, damals von den Geologen ,Salzstock Lesum’ genannt wurde", erläutert Bergingenieur Thomas Piter von der NWKG. Die Nord-West Kavernengesellschaft mit Sitz in Wilhelmshaven betreibt fünf der unterirdischen Vorrats-Speicher in Grambke im Auftrag des Erdölbevorratungsverbands (EBV). Dieser wurde 1978 durch das Erdölbevorratungsgesetz geschaffen. Nach mehreren Novellierungen besagt das Gesetz heute, dass der EBV Rohöl, Motorenbenzine, Kerosin, Diesel und Heizöl in einer Menge bevorraten muss, die dem bundesdeutschen Verbrauch von 90 Tagen entspricht.
Einen erheblichen Teil der Vorratsbestände lagert der EBV unterirdisch – wie in Grambke. Weitere von der EBV unterhaltenen Kavernenspeicher sind in Wilhelmshaven-Rüstringen, Heide in Schleswig-Holstein und Sottorf bei Hamburg. Insgesamt 58 Kavernen umfassen diese EBV-Standorte. Nach dem gut sechs Millionen Kubikmeter fassenden Vorratslager in Wilhelmshaven-Rüstringen ist der Kavernenspeicher Lesum der zweitgrößte.
Thomas Piter ist seit 22 Jahren für die NWKG tätig und kennt den Nordbremer Kavernenspeicher wie seine Westentasche. Allerdings: Gesehen hat er die unterirdischen Höhlen noch nie – wie auch sonst kein Mensch. "Manche stellen sich vor, dass man mit dem Fahrstuhl hinunterfahren kann", sagt Piter lachend. Doch das geht nicht, die Hohlräume sind schließlich komplett befüllt; entweder mit Sole oder eben Dieselöl. "Da sind keine Tanks unter der Erde", erläutert der Bergingenieur. Weil Salz für Öl undurchlässig ist, wirkt es direkt wie eine Tankwand.
Gewaltige Dimensionen
Piter erläutert, wie die Hohlräume entstanden sind: "Zunächst wurde eine Bohrung gesetzt. Durch ein Rohr wurde Wasser hinunter gepumt. Durch das Wasser löste sich das Salz und nach und nach entstand so ein Hohlraum." Die Kavernen sind riesig; 150 bis 200 Meter hoch und etwa 30 bis 40 Meter im Durchmesser. "Je nach Größe fassen die Kavernen 200000 bis 300000 Kubikmeter", beschreibt Piter die gewaltigen Dimensionen der unterirdischen Speicher. Davon ist an der Erdoberfläche indes nichts zu sehen. Nur die sogenannten Kavernenköpfe verraten, an welcher Stelle auf dem Gelände die Hohlräume liegen. Sie bestehen aus zahlreichen dicken Metallrohren, Ventilen und Druckmessern. "Normalerweise sind sie alle mit Containern abgedeckt", sagt Piter und zeigt auf einen Kavernenkopf, der an diesem Nachmittag zufällig freiliegt. "Hier stehen Wartungsarbeiten an."
Wenn das Dieselöl in die Kavernen gepumpt wird, nimmt es nicht den gleichen Weg, wie zuvor das Wasser. Mit hohem Druck wird es an den Wasserrohren vorbeigepumpt und verdrängt nach unten die Sole. Diese steigt daraufhin langsam in den Wasserrohren empor. "Zur Ableitung der Sole führt eine acht Kilometer lange Solefernleitung durch das Werderland zur Weser", erläutert Piter. In Höhe Lemwerder werde die Sole in den Fluss geleitet.
Will man an die Dieselölvorräte heran, muss wiederum Wasser in die Kaverne gepumpt werden. Es wird aus der Lesum entnommen. Bis zu 400 Kubikmeter Diesel könnten pro Stunde ans Tageslicht befördert werden. "Weil Öl leichter ist als Wasser schwimmt es oben und steigt schnell auf." Eine etwa 5,5 Kilometer lange Pipeline führt direkt zum Hafenterminal von Weser Tanking an der Hüttenstraße.
So stünde das Öl im Krisenfall schnell zur Verladung zur Verfügung. Bisher wurden die Grambker Dieselölreserven allerdings noch nie angezapft. Das letze Mal, so Piter, sei vor etwa zehn Jahren ein Teil des Dieselöls ab- und anderes wieder hineingepumpt worden. "Das hatte damit zu tun, dass sich die Spezifikationen für Dieselkraftstoffe geändert hatten", sagt Piter und nennt ein Beispiel: "Vor 15 Jahren enthielt Diesel noch einen höheren Schwefelanteil als heute." Weil die Vorräte der jeweiligen Norm entsprechen müssen, wurde der Kraftstoff damals ausgetauscht.