Die drei Männer, alle um die 30, haben sich vorweg ein kleines Pils bestellt. Später kommt das Essen, zweimal Nudeln, einmal Schnitzel. Schön, ja. Endlich, ja. Niels, Benedikt und Besart freuen sich aber am meisten, dass sie mal wieder zusammen sind, wie vor dem Lockdown, als die gemeinsame Mittagspause jeden Tag ein Höhepunkt war: Rausgehen, schnacken, Spaß haben.
"Das ist jetzt ein bisschen befreiend", sagt Niels. Mal abschalten von der Arbeit, nicht allein, sondern in der Gruppe und am Tisch vor einem Lokal. Sie haben am Freitag das "Luv" an der Schlachte gewählt, die Nudeln sind das Tagesgericht: Penne in Erdnuss-Paprika-Chilisauce mit Hähnchen. Bevor die Gäste bestellen, werden sie nach dem Corona-Test gefragt. Die drei zücken ihr Handy, zeigen den Code vom Testcenter, das sie am Morgen aufgesucht haben, und alles ist geritzt. "Normalerweise sitzen wir im Homeoffice, heute ist die Ausnahme", erzählt Benedikt. Nichts für ihn, die Arbeit zu Hause, "es fehlt der Kitt, gerade für die Kollegen, die im Betrieb neu dazukommen."
Die Nudeln, das Schnitzel - zubereitet werden die Gerichte von Horst Wille, dem Inhaber des "Luv". Er ist kurz mal rausgekommen und berichtet von den Wirrnissen, ausgelöst von mittlerweile 26 Corona-Verordnungen des Senats. "Das ist Behördenirrsinn, da steigt niemand mehr durch", beklagt Wille. Es sei unmöglich, genau zu wissen, ob man als Gastronom alles richtig mache: "Ein beklemmendes Gefühl." Kontaktverfolgung? Mal ja, mal nein. Haushaltsregel? Kompliziert. Tests? Klar, die Frage ist nur, ob man das den Gästen überlässt oder selber welche anbietet. Abstandsregel? "Da habe ich vor dem letzten Lockdown erlebt, dass die Kontrolleure das noch weniger verstehen als wir." In diesem Moment fährt ein Polizeiauto die Schlachte hinunter, zwei Beamte, die zu den Tischen hinüberlinsen.

Ist froh, endlich wieder öffnen zu dürfen, auch wenn das nur im Außenbereich möglich ist: "Luv"-Wirt Horst Wille.
Der Gastronom hat anders als viele seiner Kollegen keine Sekunde daran gedacht, erst einmal ein paar Tage verstreichen zu lassen, bis mit den Corona-Regeln alles einigermaßen eingespielt ist oder der Inzidenzwert so weit sinkt, dass die Freiheiten größer werden. Er hat auch nicht aufs Wetter geschaut, sehr durchwachsen an diesem Tag, zwischendurch regnet es immer wieder. "Meine Leute konnten ein halbes Jahr nicht arbeiten, die bekommen kein großes Festgehalt und sind auf das Trinkgeld angewiesen." Ein Grund für Wille, keinen Tag mit der Wiedereröffnung im Außenbereich zu warten. Der andere: "Wir wollen das System langsam wieder hochfahren, mit einer überschaubaren Zahl von Gästen, damit wir die alte Routine zurückbekommen."

Alles vorbereiten für den Neustart: Vor dem "Luv" an der Schlachte werden die Tische gereinigt.
Fünfzig Meter weiter sitzen zwei Rentner vor ihrem Bier. "Das erste vom Fass", schwärmen die beiden. Sie nehmen es vor dem Paulaner's, ein schnelles Getränk, denn Rentner haben immer zu tun. "Wollte ich vorher nicht glauben, ist aber so", sagt Karl-Heinz, der erst seit Kurzem im Ruhestand ist. Das Lokal an der Schlachte haben sie sich auch deshalb ausgesucht, weil man sich dort testen lassen kann, "für fünf Euro, aber das ist okay". Die beiden Männer sind seit 40 Jahren befreundet und haben sich wegen Corona seit einem Jahr nicht gesehen. Sie strahlen, die Freude ist groß.

Die Konditorei Knigge am Bremer Marktplatz begrüßte auch wieder Gäste.
Die Gastronomie ist während der Monate des Lockdown buchstäblich leergelaufen. Was die Wirte jetzt im "Luv" oder im Paulaner's ausschenken, musste erst einmal bestellt und geliefert werden. Der Getränkegroßhandel hat deshalb in diesen Tagen gut zu tun, berichtet Uwe Lammers von Beckröge. "Das ist das erste Mal wieder ein strammes Geschäft, der Umsatz hat eindeutig angezogen", sagt der Geschäftsführer. In den Betrieben müssten die Bestände nach einem halben Jahr fast komplett neu aufgebaut werden. "Viele Wirte machen die Öffnung aber noch nicht mit, weil ihnen das wegen der Auflagen zu kompliziert ist und sie den Gästen so etwas nicht zumuten wollen", so Lammers. Was er nicht versteht: "Vor einem Jahr hatten wir die Situation nach dem Lockdown ja schon mal, die Gastronomie konnte damals beweisen, dass sie die Regeln einhält und nichts passiert, auch ohne Tests." Trotzdem seien die Behörden jetzt noch strenger als damals, während gleichzeitig die Zahl der Impfungen gegen Corona stark gestiegen sei und überall und ständig getestet werde.
Der "Schwarze Hermann" am Friedenstunnel in Schwachhausen hat zwar einen großen Biergarten, der gerade hübsch gemacht wird, aufmachen wird die Kneipe aber erst in zwei Wochen. "Wir müssen nicht die Ersten sein und gehen das ruhig an", sagt Inhaber Johannes Ziegler. So ersparten sie sich das Hin und Her bei den behördlichen Auflagen - und ein Wetter, das wenig biergartentauglich sei. Dass viele gerne jetzt schon kommen würden, spüre er schon: "Wir erleben Stammgäste, die scharwenzeln hier herum und schauen, wie weit wir sind, wann es losgeht."