Es ist wie verhext: Jahrzehntelang warnten Demografen davor, dass der Bundesbürger auf der roten Liste bedrohter Arten steht. Eine Lehrerschwemme wurde in den 1980er-Jahren diagnostiziert. Nun scheint es gewissermaßen eine Kinderschwemme zu geben, der laut Bertelsmann-Studie nicht annähernd genug Lehrer gegenüber stehen. Es gibt Schwierigkeiten, das Bildungs- und Schulsystem auf die bis 2025 prognostizierte Schulkinderzahl auszurichten. Es fehlt bereits jetzt an Schulen, an Pädagogen, an Schulleitern. Das Bildungsressort in Bremen hat nach eigenen Angaben früh vorgesorgt, sonst wäre der Mangel noch größer: Im August waren in Bremen 41, in Bremerhaven mindestens ebenso viele Stellen nicht besetzt.
Es liegt in der Natur der Ausbildung, dass dieser Mangel – wie bei allen Fachkräften – nicht von heute auf morgen zu beheben ist. Das Studium dauert einige Jahre, der Beruf gilt trotz geregelter Ferien und Unterrichtszeiten als mittelmäßig attraktiv, zumal in Schulen in sozialen Brennpunkten. Das Ministerium für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen sah sich genötigt, mit einer wahnsinnig originellen Plakat-Kampagne Lehrer zu ködern: „Job mit Pultstatus – Gönn Dir!“ oder „Großraumbüro mit Klasse? – Kriegste!“ Man darf vermuten, dass der Beamtenstatus mehr als flotte Sprüche lockt. Allerdings dürfte mittlerweile bekannt sein, dass die Anforderungen an Lehrer deutlich gewachsen sind. Der Lehrerberuf ist eben kein „Job“, wie ihn die nordrhein-westfälische Werbekampagne lax bezeichnet, schon gar nicht bei den jüngsten Schülern.
In der Grundschule können Defizite noch am ehesten aufgefangen oder ausgeglichen werden. In der Grundschule lernen Kinder zu lernen, dort werden Schulkarrieren begründet, in die eine wie in die andere Richtung. Was in der Grundschule nicht passiert, rächt sich später, unter anderem in Pisa-Ergebnissen. Offene Stellen irgendwie zu besetzen, reicht also nicht. Die Besten der Besten gehören an die Grundschulen, auch in Bremen: gut ausgebildet, hoch motiviert, belastbar und mit ganzem Herzen dabei, bis zur Pensionierung. Von derartigen Ansprüchen ist in der Studie nicht einmal die Rede.