Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung hat ergeben, dass der Bedarf an Grundschullehrern in Deutschland in den kommenden Jahren deutlich höher sein wird als bislang angenommen. Das Bremer Bildungsressort sieht das kleinste Bundesland aber gut aufgestellt. „Für die Stadt Bremen haben wir schon früh Neuberechnungen angestellt und die Zahlen mit der Schulstandortplanung vom November 2018 auch vorgestellt – anders als viele andere Kommunen in Deutschland“, sagte Behördensprecherin Annette Kemp.
Der Bertelsmann-Stiftung zufolge werden bis zum Jahr 2025 mindestens 26.300 Lehrer an deutschen Grundschulen fehlen. Damit sei die Lage noch dramatischer als von der Kultusministerkonferenz (KMK) erwartet, heißt es in der am Montag vorgelegten Studie der Stiftung. Die KMK hatte im vergangenen Oktober einen Mangel von 15 300 Grundschullehrern im Jahr 2025 errechnet. Die Studie geht für das Jahr 2025 nun von 3,254 Millionen bis 3,323 Millionen Kindern zwischen sechs und zehn Jahren aus. Die Macher der Studie orientierten sich an der fast niedrigsten Variante – und kamen dabei bereits auf ein Plus von 168.000 Kindern im Vergleich zur Zahlenbasis der Kultusministerkonferenz.
Die Ergebnisse der Studie zweifelt die Bremer Bildungsbehörde an und hält die eigenen Prognosen der Schülerzahlen für richtig. Für die Stadt Bremen geht das Ressort von Senatorin Claudia Bogedan (SPD) in der Standortplanung von einer Steigerung von rund 3200 auf dann 20.600 Grundschüler (plus 18,8 Prozent) aus. Auch wenn es stadtweit Unterschiede in den Stadtteilen gebe, so Sprecherin Kemp. Diese Daten würden jährlich aktualisiert. „Daher rührt auch die Erkenntnis, dass wir neue Schulen brauchen und Bestandsgebäude erweitern müssen“, sagte Kemp. Wie der WESER-KURIER berichtete, soll es laut Behörde zunächst acht neue Grundschulen – zwei davon sind schon gegründet – sowie drei komplette Ersatzbauten für Grundschulen geben. Durch die im Jahr 2016 beschlossene Zuweisungsrichtlinie würden die Mittel für Schulen automatisch erhöht, wenn die Kinderzahl steigen, so die Ressortsprecherin.
Aktuell fehlten in Bremen zum Schulstart 41 Stellen, die schnellstmöglich besetzt werden sollen. Davon sind es laut Behörde 18 freie Stellen in den Grundschulen. „Bundesweit stehen wir ganz gut da und haben den Lehrermangel gut im Griff“, sagte Kemp.
Kein erhebliches Plus an Lehrern
Das Land Bremen bemühe sich und habe durchgehend mehr Lehrer eingestellt: So seien bereits 188 Lehrkräfte neu eingestellt worden, davon 45 Sonderpädagoginnen und -pädagogen. Allerdings ist das kein erhebliches Plus: 131 Lehrerinnen und Lehrer sind zuletzt in Pension gegangen. Außerdem wurden die Referendariatsplätze von 450 auf 600 aufgestockt. Etwa 75 Prozent der Referendarinnen und Referendare würden im Bundesland bleiben. Zudem habe die Behörde die Möglichkeiten des Seiteneinstiegs erweitert.
Die Bremer CDU forderte nach Bekanntwerden der Ergebnisse der Bertelsmann-Studie ein Sofortprogramm gegen Lehrermangel an Grundschulen. Für die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Yvonne Averwerser, sind die Ergebnisse der Studie alarmierend. „Bremen liegt schon jetzt bei der Bildung weit abgeschlagen hinter den anderen Bundesländern. Wir können uns Lehrermangel, Stundenausfall und Einbußen bei der Qualität nicht leisten. Fehlende Pädagogen gefährden wichtige politische Bildungsvorhaben wie Ganztag oder Inklusion ganz erheblich“, sagte Averwerser. Sie fordert von Bildungssenatorin Bogedan Transparenz hinsichtlich des tatsächlichen Bedarfes sowie ein Sofortprogramm gegen den sich verschärfenden Lehrermangel.
Die CDU-Abgeordnete will Auskunft darüber, was die neuen Daten und Ergebnisse für Bremen bedeuten. „Bisher sind die Zahlen der unbesetzten Stellen vom Bildungsressort möglichst klein gerechnet worden. Das hilft aber niemanden, am wenigstens unseren Kindern", sagte Averwerser. Spätestens nach den aktuellen alarmierenden Zahlen brauche Bremen endlich Transparenz, was den konkreten Bedarf angehe. Für Averwerser reichen bisherige Maßnahmen, wie Ruheständler und Seiteneinsteiger zu akquirieren und Teilzeitkräfte zur Erhöhung ihrer Unterrichtsstunden zu bewegen, auf Dauer nicht aus. Stattdessen stehe die Bildungssenatorin in der Pflicht, ein Sofortprogramm aufzulegen.
In Niedersachsen werden nach Einschätzung von Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) künftig mehr Grundschullehrer benötigt. „Die Geburtenzahlen steigen aktuell erfreulicherweise. Damit wird sich der Lehrkräftebedarf im Grundschulbereich dementsprechend erhöhen“, sagte der Politiker am Montag. Tonne zufolge weist die Studie allerdings „keine konkreten Erkenntnisse für unser Bundesland“ aus.
Grundlage der Bertelsmann-Studie ist die Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamts von Ende Juni. Auf dieser Grundlage erarbeite auch das niedersächsische Kultusministerium derzeit eine Prognose, sagte Tonne. Ein erster Zwischenstand lege nahe, dass es 2025 gut 300.000 Grundschüler in Niedersachsen geben werde – ein Anstieg um etwa 14.000 Schüler im Vergleich zu den bisherigen Annahmen.