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Kommentar zum Wahlprogramm der Bremer CDU Die CDU muss mehr Argumente für den Wechsel liefern

Weshalb am 26. Mai den Wechsel wählen? Das Programm der Bremer CDU für die Bürgerschaftswahl liefert jedenfalls kein überzeugendes Argument, meint Jürgen Theiner.
26.04.2019, 17:32 Uhr
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Die CDU muss mehr Argumente für den Wechsel liefern
Von Jürgen Theiner

Bremen sucht den Landes-Carsten. Noch vier Wochen, dann ist wahrscheinlich klar, wer an der Spitze des nächsten Senats steht. Die Bürger haben die Wahl zwischen einem SPD-Carsten, der als Redner niemanden vom Hocker reißt, aber zumindest bewiesen hat, dass er Geld aus Berlin besorgen kann – und einem CDU-Carsten, der als Redner niemanden vom Hocker reißt und ansonsten bewiesen hat, dass er… tja, was eigentlich? Ein klares politisches Profil hat Herausforderer Carsten Meyer-Heder bisher nicht wirklich gewonnen. Das Kampagnen-Gedöns um seine „klare Birne“ und flotte Sprüche wie „Der Bauch muss dem Kopf öfter in den Arsch treten“ können die inhaltliche Flaute kaum kaschieren.

Würde man x-beliebige Leute auf der Straße fragen, wofür der CDU-Spitzenkandidat steht, müssten die meisten wohl passen. Was größere Zukunftsprojekte wie die von ihm geforderte medizinische Fakultät an der Uni angeht, hat Meyer-Heder sein Pulver inzwischen verschossen. Aus der Partei ist zu hören, dass in den letzten Wochen vor dem Urnengang am 26. Mai nichts mehr von ähnlichem Kaliber kommen wird.

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Der Wahlkampf der CDU sollte eigentlich über den Kandidaten zum Erfolg führen. Doch dessen Strahlkraft ist von den Parteigranden, die ihn installiert haben, offenbar überschätzt worden. Darauf deuteten jedenfalls die letzten Umfragen hin. Zwar liefern sich Sozial- und Christdemokraten ein Kopf-an-Kopf-Rennen, doch von den ursprünglich angepeilten Prozentzahlen ist der CDU-Spitzenmann meilenweit entfernt. „Mitte dreißig sollten es schon werden“, sagte Meyer-Heder, als ihn der Parteivorstand im Januar 2018 nominiert hatte. Mitte zwanzig sind es aktuell.

Programme von SPD und CDU unterscheiden sich nur in Details

Wenn also der Kandidat bisher nicht im erhofften Maße funktioniert, dann müsste die CDU zumindest deutlich machen können, worin ihre inhaltlichen Alternativen zum rot-grünen Senat bestehen. Doch zieht man die politische Kampflyrik ab, dann unterscheiden sich zumindest die Programme von SPD und CDU nur in Details. Beide räumen in ihren Bürgerschafts-Wahlprogrammen dem Komplex Bildung überragende Bedeutung ein und wollen für Verbesserungen erheblich mehr Geld aufwenden.

Bei der SPD liest sich das so: „Ziel ist es nun, die Pro-Kopf-Ausgaben auf das Niveau der anderen Stadtstaaten zu erhöhen.“ Die CDU will „die pro Schülerin und Schüler verausgabten Mittel schrittweise auf den hierfür von den anderen Stadtstaaten durchschnittlich veranschlagten Betrag anheben“. Punktuelle Unterschiede gibt es in Einzelfragen, doch eine unüberwindbare Kluft tut sich nicht auf – wie auch, die CDU hatte schließlich im vergangenen Jahr den sogenannten Bremer Bildungskonsens mit SPD, Grünen und Linken fortgeschrieben.

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In der Wirtschaftspolitik bekennen sich die Christdemokraten zwar zum Grundsatz „Privat vor Staat“, führen aber nicht näher aus, was das konkret heißen soll. Radikale Forderungen nach dem Verkauf landeseigener Betriebe wie der Flughafen GmbH oder des Hafenlogistikers BLG, wie sie die FDP erhoben hat, finden sich in den CDU-Wahlaussagen jedenfalls nicht. Ganze Passagen der Wirtschaftskapitel in den Programmen von SPD und CDU könnte man im Kanon singen. Ähnlich verhält es sich auf weiteren wichtigen politischen Handlungsfeldern wie Bürgerservice, Umwelt oder Inneres. Letzteres war immer eine CDU-Domäne. Doch was Law and Order angeht, ist SPD-Sheriff Ulrich Mäurer ohnehin nicht zu schlagen. Die CDU versucht es gar nicht erst. Ihre Forderung nach „mindestens 2800“ Polizisten bleibt sogar noch hinter der Zielzahl der Sozialdemokraten (2900) zurück.

Bremer CDU ohne profilgebenden Programmpunkt

Den einzigen profilgebenden Programmpunkt, der sich von Rot-Grün glasklar unterschied, haben die Christdemokraten kürzlich selbst abgeräumt. Es war ihr 2017 formuliertes finanzpolitisches Glaubensbekenntnis, dass Bremens jährliche Mehreinnahmen aus dem neu geregelten Bund-Länder-Finanzausgleich komplett in die Schuldentilgung gesteckt werden müssten. Angesichts des enormen Sanierungsstaus in der öffentlichen Infrastruktur, der in den nächsten Jahren abgebaut werden muss, hat Carsten Meyer-Heder dieses Dogma kassiert.

Das war richtig so. Aber zugleich hat er damit den Streit um die besseren politischen Rezepte endgültig zu einer Sache für Feinschmecker gemacht. Eine Prise mehr Gründergeist in der Wirtschaft, ein bisschen weniger Tempo bei der Inklusion, eine etwas flexiblere Quote beim sozialen Wohnungsbau – das ist nicht der Antritt für die politische Zeitenwende, die Bremens Christdemokraten nach 70 Jahren einläuten wollten.

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