Nein, das ist keine schmückende Girlande. Die Akkreditierung von Hochschulen durch externe Gutachter gilt als europaweiter Standard. Man muss das ernst nehmen. Eine sogenannte System-Akkreditierung, die das gesamte Qualitätsmanagement einer Uni erfasst, ist gerade für eine Einrichtung wie die Jacobs-Uni von hoher Bedeutung. Andernfalls würde sie über kurz oder lang auch Probleme mit der staatlichen Anerkennung bekommen.
Die Jacobs University hüllt sich in Schweigen, was die Gründe für die verweigerte Akkreditierung angeht. Trauen Sie sich eine Einschätzung zu?Ich kenne unter den Professoren der Jacobs University ganz hervorragende Leute. Aber die Hochschule ist einfach unterfinanziert, der Spardruck der vergangenen Jahre hat dort ganz massive Spuren hinterlassen. Wichtige Studiengänge laufen dort mit zu wenig Lehrpersonal. Die Jacobs University hat zudem internen Reformbedarf. Sie verfügt nicht über transparente Entscheidungsstrukturen, über rückgekoppelte Entscheidungsprozesse, auf deren Grundlage man selbstkritisch die Strategien bestimmen sollte. Im Gegenteil, es geht dort ziemlich präsidial zu, um nicht zu sagen: autoritär. Es gibt – nach meinem Blick von außen – an der Jacobs-Uni keinen vernünftigen Umgang mit konstruktiver Kritik. Wenn von außen Hinweise auf Fehlentwicklungen kommen, ist das Majestätsbeleidigung.
Es stimmt, dass die rein private Finanzierung spätestens in dem Moment gescheitert war, als sich nach der Krise der New Economy große Geldgeber wie die Telekom und die Deutsche Post AG zurückzogen. Es war also frühzeitig absehbar, dass die wirtschaftliche Grundlage der Jacobs-Uni brüchig wird. 2015 hat dann die inzwischen ausgeschiedene Präsidentin Katja Windt das Studienangebot komplett umstrukturiert und auf scheinbar ertragsstarke Angebote ausgerichtet. Das war absolut dem Spardruck geschuldet und folgte nicht einer schlüssigen akademischen Leitidee. Die misslungene System-Akkreditierung ist mithin auch das Erbe von Frau Windt.
In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass die Bremer Wissenschaftsbehörde einen Antrag der Jacobs University auf unbefristete staatliche Anerkennung zurückgewiesen hat. War es unklug von der Uni, einen solchen Antrag zu stellen, obwohl man zu diesem Zeitpunkt weder für einzelne Studienangebote noch für den Lehrbetrieb insgesamt eine Akkreditierung besaß?
Eindeutig ja. Jeder wusste, dass bis Ende 2018 die bestehende staatliche Anerkennung ausläuft. Zumindest hätte die Uni-Leitung gegenüber der Wissenschaftsbehörde kommunizieren müssen, dass man sich in einem Zertifizierungsprozess mit ungewissem Ausgang befand. Die Wissenschaftsbehörde hat übrigens völlig richtig gehandelt. Da die öffentliche Teilfinanzierung der Jacobs-Uni immer schon politisch umstritten war, kann man als Aufsichtsbehörde eine staatliche Anerkennung nur rechtfertigen, wenn man auf die Erfüllung der Qualitäts- Anforderungen pocht.
Wie kann es jetzt mit der Jacobs University weitergehen?Sie braucht im Grunde einen Neustart auf der Basis der wirtschaftlichen Gegebenheiten. Da sind zunächst mal die 100 Millionen Schweizer Franken, die bis 2027 fließen, und es gibt die von der Bürgerschaft beschlossene Übernahme eines Altkredits in Höhe von 45 Millionen Euro, die einer dauerhaften jährlichen Entlastungswirkung von 2,5 bis 3 Millionen Euro entspricht. Es müsste jetzt eine Art Task Force gebildet werden; eine Gruppe, in die auch externe Fachleute eingebunden sind und die eine realistische Zukunftsperspektive entwirft. Das sollte ein seriöser Beirat ohne Ja-Sager sein. Auch Politiker würde ich da außen vorlassen. Ein ganz wichtiger Aspekt wäre aus meiner Sicht langfristig die verstärkte Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen in Bremen und Bremerhaven.
Seit Kurzem wird die Idee diskutiert, an der Jacobs-Uni eine medizinische Fakultät einzurichten. Könnte ein solches Element die Aussichten der Privathochschule verbessern?
Also, wenn etwas nicht zur Jacobs University passt, dann ist es ein Medizinstudiengang. Sie wirbt doch nach wie vor um Studenten aus der ganzen Welt. Diese Leute würden in ihrer ganz überwiegenden Zahl nach dem Studium zurück in ihre Heimatländer gehen und sich nicht in der Bremer Region niederlassen. Die Rekrutierung junger Ärzte für die Region ist aber doch das erklärte Ziel eines Medizinstudienganges in Bremen.
Sie haben stets eine kritische Grundhaltung gegenüber der Jacobs-Uni eingenommen, insbesondere was die staatliche Teilfinanzierung angeht. Fühlen Sie sich bestätigt angesichts der neuerlichen Schwierigkeiten, in denen die Privathochschule steckt?Ich habe die zuerst vernebelte und dann schleichende öffentliche Finanzierung immer kritisiert, aber ich gehöre nicht zu denen, die sich ein Ende der Jacobs University wünschen. Damit würde man zu viel an Lehrkapazität und -qualität und an bremischem Renommee versenken. Als ich noch dem Aufsichtsrat der Allianz AG angehörte, habe ich dort um eine Sponsorenrolle für die Jacobs-Uni geworben. Mein Einsatz für diese Privatuni ist belegbar. Aber sie muss eben im Prinzip privat finanziert sein, nicht öffentlich.
Wo steht die Jacobs University in zehn Jahren?Ich würde mir wünschen, dass sie als echte Privatuniversität in zehn Jahren stabil dasteht, glaube aber, dass sie dieses Ziel nicht erreicht. Erst einmal muss es darum gehen, sie zu stabilisieren und nicht abstürzen zu lassen, denn dort arbeiten zum Teil großartige Leute mit viel Potenzial.
Die Fragen stellte Jürgen Theiner.Rudolf Hickel (76) ist Wirtschaftswissenschaftler. Er war Hochschullehrer für Finanzwissenschaft an der Universität Bremen und hat die private Jacobs University seit ihrer Gründung kritisch begleitet.