Farge. 2013 ist es 20 Jahre her, dass Jutta Fuchs aus Farge verschwunden ist. Immer wieder hat die Kriminalpolizei den Fall wieder aufgerollt und in den vergangenen Jahren nach ihr gesucht. Die Akte ist noch nicht geschlossen.
Jutta Fuchs verschwand im Juni 1993. Mehrmals hat die Bremer Mordkommission den Fall seither wieder aufgerollt. Bis heute ohne Ergebnis. Jutta Fuchs bleibt verschwunden. Ihre Akte wurde allerdings noch nicht geschlossen. Auch dem ein oder anderen Ermittler von damals – wie etwa Dirk Siemering – will der Fall nicht aus dem Kopf. "Das beschäftigt mich noch immer", sagt der Beamte. Er hofft unverändert, dass sich der Fall aufklärt, "man soll eben niemals nie sagen. Vielleicht gibt es doch noch den berühmten Zufall".
Es war am Freitag, 25. Juni 1993, als Jutta Fuchs zuletzt gesehen wurde – im "Vegesacker Treff". Dann verliert sich ihre Spur. Anderthalb Tage später hatte ihr Lebensgefährte die blonde, schlanke Frau als vermisst gemeldet. Die Polizei vermutete schnell, das Jutta Fuchs Opfer einer Straftat geworden ist und suchte nach Zeugen, die die Blumenthalerin in der Nacht ihres Verschwindens gesehen hatten.

Hier, im Tietjensee bei Schwanewede, zog ein Angler eine Tüte mit einer Zahnbürste, dem Verlobungsring und den Schminksachen von Jutta Fuchs aus dem Wasser.
Jutta Fuchs wollte ein neues Leben anfangen. Gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn. Zuvor hatte sie mehrmals versucht, sich von ihrem Lebensgefährten zu lösen und sich zu trennen – erfolglos. Dieses Mal aber hatte sie es geschafft und sich eine kleine Wohnung besorgt und liebevoll hergerichtet. Auch das Kinderbett war schon aufgebaut. Als Umzugstermin, fanden die Ermittler heraus, stand der 26. Juni bei Jutta Fuchs im Kalender, also der Tag nach ihrem Verschwinden. Am Sonntag, 27. Juni, fand ein Autofahrer ihre Handtasche auf dem Parkplatz Mittelkämpe an der A 27. Darin – völlig durchnässt, obwohl es in den vergangenen Tagen nicht geregnet hatte – die persönlichen Papiere: Reisepass, Führerschein, Personalausweis, Bankkarte und eine Telefonkarte.
Der Verdacht, dass Jutta Fuchs etwas zugestoßen ist, erhärtete sich. "Wir haben damals eine ganze Menge unternommen", erinnert sich der Polizist Dirk Siemering, ehemaliger Mitarbeiter der Mordkommission. Schnell sei der Lebensgefährte der verschwundenen Frau in das Visier der Mordermittler geraten. Er hatte ausgesagt, dass seine Partnerin am Abend ihres Verschwindens mit einer Freundin verabredet gewesen sein soll.
Er selbst habe bis circa 19 Uhr Tennis gespielt und sei eine Stunde später zurück in der gemeinsamen Wohnung in der Heidlerchenstraße gewesen. Die Freundin jedoch gab zu Protokoll, dass es am Abend des Verschwindens von Jutta Fuchs keine gemeinsame Verabredung geben habe. Die Vermutung des Lebensgefährten, Jutta Fuchs sei mit einem anderen Mann durchgebrannt, teilte die Polizei nicht – Jutta Fuchs galt als verantwortungsbewusste Mutter und hätte ihren Sohn nicht zurückgelassen, da waren sich die Ermittler sicher. Außerdem stießen die Beamten im Zuge ihrer Ermittlungen auf keinerlei Hinweise auf Männerbekanntschaften, schildert Siemering.
Es waren nicht nur Widersprüchlichkeiten, die den Lebensgefährten in das Zentrum der Ermittlungen rückten, denn Leichenspürhunde schlugen nach Angaben der Polizei in seinem Wagen an. Aber der Mann bestritt die Tat und rückte auch in den Jahren danach nicht von seinen Unschuldsbeteuerungen ab.
Ein Jahr später kam erneut Bewegung in den Fall. Ein Schüler hatte aus dem Tietjensee nahe Schwanewede eine Tüte mit Schminkutensilien, einer Zahnbürste und dem Verlobungsring von Jutta Fuchs gezogen. Die Polizei ging davon aus, dass die Tüte, im Gegensatz zu den Papieren an der A 27, nicht gefunden werden sollte. Sollten hier falsche Spuren gelegt worden sein?
Dirk Siemering erinnert sich noch genau daran, wie die Polizei in mehreren Gewässern nach der Leiche von Jutta Fuchs suchen ließ, "ich hatte einen Gartenstuhl mitgenommen", aber auch dieses Mal blieb die Suche vergeblich.
Tauchroboter und Sonar
Dann, nach 13 Jahren wurden die Bemühungen erneut intensiviert. Mittlerweile standen der Polizei neue Geräte zur Verfügung. Der damalige Leiter der Bremer Mordkommission, Helmut Mojen, ordnete den Einsatz eines Tauchroboters und eines so genannten Sidescan-Sonars an, um ein zweidimensionales Profil vom Bodens des Tietjensees erstellen zu lassen. Mehrere Tage lang dauerte auch diese Suche – eine Suche, die auch dieses Mal erfolglos blieb. Außerdem kam im Oktober 2006 ein neuartiger Bodenradar zum Einsatz, mit dem das Geländes eines Betriebshofes in Rönnebeck abgesucht wurde. Jutta Fuchs bleibt weiterhin verschwunden.
Im Jahr 2008 befasst sich die Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" mit dem Verschwinden von Jutta Fuchs. "Da im Laufe der beiden letzten Jahre mehrere Zeugen vernommen wurden, die sich noch gut an das Verschwinden von Jutta Fuchs erinnern können, besteht die Hoffnung, dass mit Hilfe des Mediums Fernsehen noch weitere Personen angesprochen werden", berichtete DIE NORDDEUTSCHE in ihrer Ausgabe vom 30. April 2008. Nach der Sendung meldete sich ein Polizeibeamter aus Farge. Er gab an, dass hinter dem Haus in der Richard-Taylor-Straße, in das Jutta Fuchs ziehen wollte, eine Sickergrube sei. Sieben Meter tief war der Schacht und mit Erde aufgefüllt. Die Ermittler entschlossen sich, die Grube ausspülen zu lassen. Gefunden haben sie auch bei diesem Anlauf nichts.
Das Leben ist weitergegangen. Wie es sich anfühlt, über das Schicksal der eigenen Tochter im Unklaren zu sein – und das knapp 20 Jahre lang – können nur die Eltern von Jutta Fuchs beantworten. Der Sohn der damals 29 Jahre alten Frau war erst zwei Jahre alt, als seine Mutter verschwand.