Die Bürgerschaftsfraktion der SPD spricht sich für die Verschärfung der Corona-Maßnahmen aus. In einem Positionspapier plädieren die Bremer Sozialdemokraten unter anderem für eine Ausweitung der 2G-Regel bei Großveranstaltungen und Freizeitveranstaltungen in Hallen sowie für eine bundesweite Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen, wie sie aktuell die künftigen Partner in einer Bundesregierung – SPD, Grüne und FDP – in Berlin diskutieren.
"Wer sich impft, schützt sich und andere", sagt der Bremer SPD-Fraktionsvorsitzende Mustafa Güngör. Eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen, etwa Lehrkräfte in Schulen oder Pflegepersonal in Heimen und Krankenhäusern, könne ein wichtiger Baustein sein, um insbesondere Kinder und vulnerable Gruppen, also Alte, Erkrankte und Geschwächte, zu schützen.
Eine solche Impfpflicht wird kontrovers diskutiert. Die Bremer CDU-Fraktion hat zu diesem Thema zwar noch nicht getagt, aber Rainer Bensch, Fraktionssprecher für Gesundheit, hat seine persönliche Meinung: „Das bringt überhaupt nichts.“ Man müsse sich mit dem eigentlichen Thema beschäftigen, und zwar mit den drei Millionen Ungeimpften über 60. Was jetzt mit der Diskussion über die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen passiere, sei nur für diejenigen Politiker geeignet, die auf mediale Aufmerksamkeit aus seien. Das eigentliche Problem werde dadurch nicht gelöst. „Wir müssen diejenigen schützen, die besonders gefährdet sind – und das sind die Ungeimpften.“ Die sollte man in Bremen nochmals anschreiben oder „meinetwegen in einem persönlichen Gespräch vom Impfen überzeugen“, fordert Bensch.
Für eine Impfpflicht setzt sich der Deutsche Caritasverband ein. Bei der Caritas gebe es in der vierten Welle große Sorgen, dass sich Situationen wie 2020 wiederholten, „mit massiven Ausbrüchen, Einschränkungen der Kontakte zu Angehörigen und schlimmstenfalls einem Lockdown“, sagt Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa. Deshalb seien Maßnahmen notwendig, „die schnell wirken und zugleich gut begründet das Prinzip der Verhältnismäßigkeit beachten“.
Genau dieser Aspekt, die Verhältnismäßigkeit, sei wichtig, um aus rechtlicher Sicht beurteilen zu können, ob eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen überhaupt haltbar sei, sagt der Bremer Arbeitsrechtler Ralf-Carsten Bonkowski. „Es geht um eine Abwägung zwischen dem Recht auf körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers auf der einen und dem Schutz besonders gefährdeter Gruppen auf der anderen Seite“, so Bonkowski.
Der Jurist nennt eine Impfpflicht einen „massiven Eingriff in die körperliche Integrität“ des Einzelnen, schätzt die Nachteile und Gefahren, die kranken oder geschwächten Menschen durch Ungeimpfte drohen, aber höher ein. Gleichwohl rechnet Bonkowski damit, dass Arbeitnehmer klagen werden, sollte es eine Impfpflicht geben.
Mit einer Eskalation der ohnehin schon angespannten Lage im Gesundheitswesen rechnet die Gewerkschaft Verdi im Falle einer Impfpflicht. „Die Impfquote in Bereichen wie der Pflege, dem Gesundheitswesen und Kitas ist im Verhältnis zum Durchschnitt der Bevölkerung sehr hoch“, sagt Verdi-Chef Frank Werneke, „wenn jetzt über eine Impfpflicht nachgedacht wird, führt das nicht dazu, dass signifikant mehr Menschen geimpft werden, sondern dass noch mehr Betroffene ihren Beruf verlassen werden. Das verschärft den Personalmangel in allen betroffenen Bereichen.“