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"Ein Funke Hoffnung" Landwirte verbreiten festliche Stimmung: "Wir können auch anders"

Aufblasbare Weihnachtsmänner und Lichterketten am Trecker, Rentiere auf dem Anhänger. Rund 100 Landwirte haben am Freitag "einen Funken Hoffnung" in Bremen verbreiten wollen.
10.12.2021, 20:57 Uhr
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Landwirte verbreiten festliche Stimmung:
Von Justus Randt

Die Kinder und Erwachsenen am Straßenrand, „die vergessen alles andere in den zehn Minuten, die wir an ihnen vorbeifahren“, sagt Jens Heumann aus dem Niederblockland. Der Organisator der Trecker-Tour "Ein Funke Hoffnung", die sich am Freitag durch die Stadt gezogen hat, weiß das schon vor dem Start in Vegesack an der Straße Zur Westpier, denn auch die Tour durch Borgfeld, Lilienthal und Horn-Lehe, am zweiten Advent, sei sehr gut angekommen. Diesmal sind rund 100 Traktoren in einem weihnachtlich beleuchteten Konvoi über Gröpelingen, die Innenstadt und Huckelriede in die Neustadt unterwegs.

Vier Stunden sind eingeplant – bei einem Tucker-Tempo von etwa zehn Kilometern pro Stunde. Heumann und andere Landwirte haben Erfahrung mit Trecker-Trecks. Seit den bundesweiten Protesten gegen die Preisgestaltung im Lebensmitteleinzelhandel sind sie vernetzt. "Wir können auch anders, wir können nicht nur Demos fahren", sagt Heumann. "Sondern auch einfach gute Stimmung verbreiten."

Der Plan ist aufgegangen: Tatjana Riedelmann, die wegen der guten Sicht auf den Konvoi extra aus Sebaldsbrück an den Rembertiring gekommen ist, findet die Lichterfahrt "sehr genial", das sei mal eine Ablenkung. So sehen es auch Luca (4) und sein großer Bruder Levio (6), die sich mit ihren Eltern Verena und Enrico Morgenstern eigens aus Mahndorf auf den Weg gemacht haben – und viele, viele andere entlang der Trecker-Strecke. "Den Weihnachtsmarkt meiden wir vorsichtshalber, das hier ist eine gute Alternative", sagt Verena Morgenstern.

Heumann ist mit seinem 150 PS starken John Deere am Start. "Ein normaler Frontlader, mit Lichterkette, vorne ein LED-Schneemann drauf und hinten ein aufblasbarer Weihnachtsmann." Ein Umwandler versorgt die Festbeleuchtung mit der richtigen Spannung. "Fünf bis 15 Watt brauchen die LEDs", erläutert 44-Jährige. "Über die gelben Rundumleuchten kommen Weihnachtsmützen, dann leuchten die rot." Andere in der "ungefähr zwei Kilometer langen, beweglichen Lichterkette" fahren Rentiere auf dem Anhänger durch Bremen.

100 Trecker, die im Konvoi fahren – da liegt die Feinstaubfrage auf der Hand. Heumann ist auf so etwas vorbereitet. "Dann sage ich: Andere fahren ja auch mit dem Auto zur Arbeit oder zum Einkaufen." Auf zehn bis 20 Liter pro Stunde schätzt er den Dieselverbrauch bei einer Straßenfahrt. Eindeutig sind die Regeln der Straßenverkehrsordnung: maximale Fahrzeugbreite drei Meter, Gewicht bis zu 7,5 Tonnen. Außerdem dürfen die Weihnachtstrecker nicht höher sein als vier Meter – wegen der Straßenbahnoberleitung.

Die Deko muss quasi überall passen. "Man schmückt ja nicht nur für eine Tour", sagt Heumann. Am 18. Dezember geht es weiter in Fischerhude, Quelkhorn, am 19. Dezember in Sottrum.  Und die Landwirte sammeln hier wie dort für das Kinderhospiz Löwenherz in Syke. "Ich hatte erst ans Ahrtal gedacht, aber hier gibt es auch viele Kinderaugen, die nicht leuchten."

Auch Uwe Michaelis (58) aus Mahndorf, der mit seinem Fendt 515, einem älteren Ackerschlepper, unterwegs ist, hält das für das Wichtigste. "Wir entschleunigen den Verkehr. Das ist jetzt mal was anderes als politische Aktionen vor Aldi und Lidl. Den Leuten ein bisschen Licht ins Dunkel bringen, einen Funken Hoffnung."

Mit die weiteste Anfahrt hat Jan Michaelis (39) aus dem 68 Kilometer entfernten Hesedorf bei Bremervörde – etwa zwei Stunden Anfahrt. "Das ist für eine gute Sache", sagt er. "Ohne Corona wäre das nicht aufgeploppt." Vergangene Woche, bei der Borgfeld-Tour, war seine Mutter dabei. "Die fand das mega emotional." Diesmal darf Patenkind Lilith aus Lilienthal mit in der Kabine sitzen. "Es macht so viel Spaß, zu sehen, wie die Leute sich freuen."

Zur Sache

Versammlung der Trecker

„Bei dem ,weihnachtlichen Treckerkonvoi' handelt es sich, anders als bei Autoposern und Hochzeitskonvois, um eine Versammlung, der durch das Grundgesetz ein besonderer Schutz gewährt wird", teilt die Innenbehörde auf Anfrage mit. Versammlungen sind auf gemeinschaftliche, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtete Erörterung oder Kundgabe ausgerichtet." Es gehe den anmeldenden Personen darum, „ein positives Zeichen während der Pandemie zu setzen und interessierten Menschen einen schönen vorweihnachtlichen Augenblick zu bescheren“.

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