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Etwa 400 Übernachtungen von Gastschiffen zählt Hafenmeisterin Sigrid Leichsenring pro Jahr / Klassische Segler und selbstgebaute Boote Ein lebendiger Museumshafen

Vegesack. Vor 100 Jahren war im Vegesacker Hafen Europas größte Heringsflotte beheimatet - heute legen dort Traditionsschiffe und moderne Jachten, klassische Segler und urige Boote der Marke Eigenbau an. Als "lebendig" bezeichnet Hafenmeisterin Sigrid Leichsenring Deutschlands ältesten künstlichen Hafen. "Durch die ständig wechselnden Gastlieger ändert er laufend sein Gesicht." Etwa 400 Schiffer übernachten dort im Schnitt jährlich. Auch 2011 wird diese Zahl in etwa erreicht werden, schätzt Leichsenring.
08.10.2011, 05:00 Uhr
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Ein lebendiger Museumshafen
Von Julia Ladebeck

Vegesack. Vor 100 Jahren war im Vegesacker Hafen Europas größte Heringsflotte beheimatet - heute legen dort Traditionsschiffe und moderne Jachten, klassische Segler und urige Boote der Marke Eigenbau an. Als "lebendig" bezeichnet Hafenmeisterin Sigrid Leichsenring Deutschlands ältesten künstlichen Hafen. "Durch die ständig wechselnden Gastlieger ändert er laufend sein Gesicht." Etwa 400 Schiffer übernachten dort im Schnitt jährlich. Auch 2011 wird diese Zahl in etwa erreicht werden, schätzt Leichsenring.

Für dieses Wochenende, zum Vegefest, erwartet Sigrid Leichsenring, die seit 2003 als Hafenmeisterin in Vegesack arbeitet, noch einmal mehrere Gastschiffe. "Danach wird es wohl ruhiger werden." Vor allem im Frühjahr und Herbst ist der Hafen gut besucht. "Im Sommer liegen dagegen viele Sportschiffer aus dieser Region in der Ostsee", erzählt sie. Die 49-Jährige ist unter anderem für die Bedienung der Fußgängerklappbrücke über der Hafeneinfahrt zuständig - circa 700 Mal öffnet und schließt sie diese im Jahr. Auch um die Belange der Schiffer kümmert sie sich.

Der Hafen hat einen guten Ruf

Der Ruf des Vegesacker Hafens bei Auswärtigen, so ist ihr Eindruck, ist ziemlich gut. "Viel besser, als vor acht Jahren." Damals hätten viele Sportschiffer den Vegesacker Hafen gemieden, weil die Brücke nach 18 Uhr nicht mehr geöffnet wurde.

Den Österreichern Edith und Friedel Eggerstorfer, die kürzlich mit ihrem Motorschiff "Bukanier" in Vegesack lagen, gefällt der Hafen jedenfalls. "Es ist so gemütlich hier, man hat tolle Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe", lobte Edith Eggerstorfer vor wenigen Wochen den Hafen. Tatsächlich ist vor allem die Nähe des Hafens zum Einkaufszentrum Haven Höövt von Vorteil. "Viele Stammgäste kommen extra her, um vor größeren Touren Proviant einzukaufen", erzählt Sigrid Leichsenring. "Hier können sie mit dem Einkaufswagen direkt vom Supermarkt zum Schiff fahren - wo gibt es das schon?"

Auch die Auszeichnung als "Museumshaven" habe zum guten Ruf beigetragen. Am 1. Juli 2006 - 384 Jahre nach der Eröffnung im Jahr 1622 - verlieh die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Museumshäfen den Titel. Angestoßen hatte das Projekt der Schifferverein Vegesacker Haven, ein Zusammenschluss der Dauerlieger, der damit auch den Tourismus ankurbeln wollte. "Das ist gelungen", meint Leichsenring. Obwohl der Hafen gut besucht und bei Veranstaltungen wie dem Festival Maritim auch ziemlich voll wird - abweisen musste die Hafenmeisterin noch kein Schiff. "Ich sage immer: Hier hat Europas größte Heringsflotte gelegen - natürlich haben wir noch Platz."

340 Meter Stegfläche stehen im Hafen zur Verfügung, weitere 40 Meter Liegefläche bietet ein Anleger in der Lesum. Im Schnitt, erzählt Leichsenring, bleiben die Gastlieger ein bis zwei Nächte. "Viele sind auf der Durchreise und überlegen sich spontan, noch einen Tag zu bleiben, weil es ihnen hier gut gefällt." Im Gästebuch der Hafenmeisterin haben sich zahlreiche Gäste verewigt. "Leider führe ich das nicht konsequent", bedauert sie. Denn viele Besucher haben interessante Geschichten über sich und ihre Schiffe im Gepäck: "Am Dienstag habe ich ein Ehepaar verabschiedet, das sich mit seinem Motorboot auf den Weg ins Mittelmeer gemacht hat. Die beiden wollen fünf Jahre unterwegs sein."

Einmal, erinnert sich Leichsenring, habe eine Motorjacht angelegt, die sah auf den ersten Blick topmodern aus, war aber schon 70 Jahre alt. "Eine richtige alte Dame, der Eigner kam aus England", erinnert sie sich. Auch der Katamaran "Catrax" mit einem Aufbau in Iglu-Form, Badewanne und sogar einer Werkstatt an Bord sowie die zum Kneipenschiff umgebaute "Wilhelm Bauer" aus Bremerhaven waren schon in Vegesack zu Gast. "Schön finde ich es auch, wenn wir klassische Segler hier haben wie die 'Ella' oder die 'Senta'."

Doch nicht nur die Gäste sorgen für Leben im "Museumshaven". 23 Schiffe haben dort ihren festen Liegeplatz, darunter das Stahlrumpfschiff "TS Atlantic", der Segellogger "BV2 Vegesack", der Kutter "Kormoran" und das Segelschiff "Roter Sand". Während die Wirtschaftsförderung Bremen für die Instandhaltung des Hafens zuständig ist, kümmert sich der Schifferverein Vegesacker Museumshaven um die Pflege der Traditionsschiffe. Die Dauerlieger haben gemeinsam mit Sigrid Leichsenring im Blick, was rund um den Hafen geschieht.

Als sich im August dieses Jahres beispielsweise die Fähre "Lemwerder II" von ihrem Liegeplatz losgerissen hatte, weil ein Frachter mit zu hoher Geschwindigkeit vorbeigefahren war, erfuhr die Hafenmeisterin schon früh am Morgen davon. "Die Schiffer sind von der Welle alle aufgewacht", erzählt die 49-Jährige. "Die 'Prenzlau' ist deshalb jetzt sogar in der Werft, weil sie durch die Welle vermutlich Grundberührung hatte und beschädigt wurde."

Erst in den Wintermonaten wird das Leben im Vegesacker Hafen und damit auch der Job der Hafenmeisterin ruhiger. "Im Winter arbeite ich deutlich weniger." Die 49-Jährige ist sonst beinahe rund um die Uhr telefonisch für die Schiffer erreichbar ist. "Als ich den Job damals angefangen habe, war mir klar, dass es so sein würde", sagt sie und ergänzt scherzhaft: "Da ich für meine drei Söhne sowieso immer abrufbar war, dachte ich mir, dass es darauf auch nicht mehr ankommt. Der Vegesacker Hafen ist so etwas wie mein viertes Kind."

Der Vegesacker Hafen: Tagesgäste zahlen kein Liegegeld, können aber gegen eine Gebühr von drei Euro Strom und Wasser abnehmen. Gastlieger zahlen ab 19 Uhr für eine Schiffslänge bis zehn Meter sechs Euro, bis zwölf Meter acht Euro und für Schiffe über zwölf Meter acht Euro plus einen Euro für jeden weiteren Meter. Anmeldungen von Sportschiffern nimmt das Vegesacker Havenkontor, Friedrich-Klippert-Straße 1, unter Telefon 0421/6520089 entgegen. Die Klappbrücke wird in der Zeit von 7 bis 22 Uhr geöffnet. Hafenmeisterin Sigrid Leichsenring ist unter der Telefonnummer 0170/1651860 zu erreichen.

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