Wir fuhren gerade einmal 15 Minuten und entflohen dem Trubel der Großstadt. Wie gut, dass es jetzt abends so lange hell ist und wir noch die Pracht des Parks sahen. Das Landhaus Höpkens Ruh glich einem Rückzugsort, das im Innern mit üppigen Stofftapeten, Leuchtern, Klavierlacktischen, schön gedeckten Tafeln und viel Silber seine volle Pracht entfaltete. Die Räume versprühten Charme und Behaglichkeit, weil hier nichts überkandidelt, nichts unangenehm war. Ganz nebenbei war der Handyempfang gedimmt, damit die Entspannung ganz leicht fiel.
So nahmen wir im Wintergartenrestaurant Platz und genossen die letzten Blicke in das riesige Areal mit Wald und Wiesen, ehe es dunkel wurde und plötzlich noch einmal eine ganz andere, noch lauschigere Atmosphäre entstand. Als wir diese Eindrücke verarbeiteten, standen schon dreierlei Brotsorten auf dem Tisch. Dazu reichte die Küche eine Butter mit Fleur de Sel, ein aromareiches Öl und eine Käsecreme. Es vergingen keine weiteren 15 Minuten, dann kam der Kellner mit einem weiteren Gruß. Es handelte sich um ein würziges Fischsüppchen, raffiniert in einem Schnapsglas serviert. Daneben lag eine Kugel Rauchforellentatar, das wunderbar passte. Meine Begleitung und ich schauten uns nur an und waren über alle Maßen positiv überrascht von diesem Programm, das das Haus dem Gast bot, ehe es überhaupt zu den eigentlich bestellten Gängen überging.
Mit unserem roten Butchers Block (0,2 Liter für 6,80 Euro) saßen wir da und fühlten uns von Anbeginn an wohl – und hofften, dass es so weitergeht. Und es ging. Die Portion Miesmuscheln war für den Preis von elf Euro respektabel. Vom Weißwein-Wurzelgemüsesud ganz zu schweigen, der einen grandiosen Pfiff besaß. Doch, ja, Suppen und Soßen können sie in Höpkens Ruh, das wurde deutlich an diesem Abend. Die klare Ochsenschwanzsuppe (8,50 Euro) war vielmehr eine vollmundige Essenz, die der Kellner erst am Platz aus einer Sauciere in den tiefen Teller goss, wo ein Ochsenfleischraviolo lag. Beides schmeckte klasse!
Hinter dem Dreierlei vom Salzwiesenlamm (24 Euro) versteckte sich geschmortes, gebratenes und gebackenes Fleisch. Alle drei Arten zergingen auf der Zunge. Allerdings kühlte das Fleisch auf dem Weg von der Küche an den Platz zu sehr ab. Keine Ahnung, an welcher Stelle getrödelt wurde. Schade auch, dass irgendwo falsch kalkuliert wurde, weshalb der Hauptgang meiner Begleitung mit etwa fünf Minuten Verspätung ankam und ich schon mal startete. Doch das gebratene Rinderfilet mit Nusskruste (34 Euro) überzeugte so sehr, dass schnell keiner mehr von diesem Fauxpas sprach. Zumal sich der Kellner mehrmals entschuldigte. Die Portweinzwiebeln waren allerdings ganz objektiv etwas zu bitter. Vom Pilzstrudel hätten ruhig noch zwei Stücke mehr auf dem Beilagenteller liegen können. Der war zum Fingerlecken. Auf gleich hohem Niveau bewegten sich die Desserts: Variationen von der Valrhona-Schokolade (11 Euro) und der getränkte Limettenkuchen mit Gewürzorangen (8 Euro).
Fazit
Höpkens Ruh scheint nach vielen unsteten Zeiten und einigen Wechseln in der Küche endlich angekommen zu sein. Der neue Küchenchef lieferte eine kontinuierliche Qualität ab, die im Topsegment rangierte. Dazu ein Service, der wusste, worauf es ankommt, ohne steif und zu förmlich zu wirken. Diese Entspanntheit und diese Genüsse stellten wahrlich eine Wohltat dar. Alle, die in den vergangenen Monaten oder Jahren eventuell schlechte Erfahrungen machten, sollten diesem Haus eine zweite Chance geben – und sie werden es nicht bereuen.
Landhaus Höpkens Ruh, Oberneulander Landstraße 69, 28355 Bremen, Telefon: 205 85 40, Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonnabend von 17 bis 22 Uhr und Sonntag von 12 bis 20 Uhr, weitgehend barrierefrei, Internet: www.hoepkens-ruh.de