Vegesack. Klamotten für die Kurzen aus der Nachbarschaft: „Dünenkind“ heißt der neue Secondhandladen des SOS-Kinderdorfes Worpswede in der Geschäftszeile der Grohner Düne. Kaufen darf hier jedermann. Nach dem Kindermittagstisch ist es schon das zweite Engagement der wohltätigen Organisation in der Düne. Und wieder ist das Wohnungsbauunternehmen Grand City Property mit dabei und überlässt dem SOS-Team die Räume mietfrei.
Zur Einweihung hatte sich sogar Bremens Wirtschafts- und Arbeitssenator Martin Günthner eingefunden, der Senatsbeauftragte für Bremen-Nord, Martin Prange, Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt (alle SPD) und Ulrich Ipach vom Arbeit- und Lernzentrum ALZ. Das Quartier Grohner Düne steht ganz offensichtlich unter besonderer Beobachtung und Betreuung, auch was seine Image-Entwicklung angeht. Viele Akteure mühen sich zur Zeit, positive Nachrichten zu erzeugen und die regelmäßigen Polizeieinsätze in der Großwohnanlage aus dem Schlaglicht zu verdrängen.
So lobt der Senator das herausragende Engagement des Worpsweder SOS-Kinderdorfes für die Grohner Düne: „Hier kommen ja gleich mehrere sehr positive Aspekte zusammen: Man bekommt ein Angebot an Secondhandartikeln, das hier bislang noch gefehlt hat. Dann bekommen hier Menschen die Möglichkeiten zu einer sinnvollen Beschäftigung über das ALZ. Und es entsteht auch noch ein Nachbarschaftstreff als Ort des Austausches unter den Bewohnern.“ Was sein Ressort dazu beigetragen hat? Man sei über das Jobcenter und das ALZ mit den vier Stellen dabei, so Senator Günthner.
Dabei haben die frischgebackenen Dünenkind-Mitarbeiter aus den sogenannten AGH-Maßnahmen – AGH steht für Arbeitsgelegenheiten – laut Projektleiterin Simone Grannemann mehr zu tun, als nur Kleidung, Kinderschuhe, Spiele, Bücher, CDs und DVDs an die Kunden zu bringen. Die Spenden müssen gewaschen, aufbereitet, teilweise sogar genäht und instand gesetzt werden, bevor sie in dem rund zwanzig Quadratmeter großen Verkaufsraum landen. Hinten stehen Waschmaschinen und Trockner im Lagerraum. Als Öffnungszeiten sind von montags bis freitags 10 bis 17 Uhr angepeilt. Grannemann: „Vormittags klappt es mit der Besetzung schon ganz gut. Aber am Nachmittag könnten wir dringend noch ehrenamtliche Helfer gebrauchen.“
Denn einen kurzen Vorlauf hat „Dünenkind“ vor dem Tag der Eröffnung schon hinter sich. Grannemann: „Wir haben in den vergangenen Wochen schon gut verkauft und gesehen, wie groß der Bedarf nach Kinder- und besonders auch Babyartikeln hier ist.“ Nach der professionellen Konkurrenz anderer Secondhandläden im Stadtteil gefragt, antwortet die Projektleiterin: „Ich glaube, dass viele Bewohner hier die Anlage gar nicht so oft verlassen und froh sind, dass wir jetzt da sind. Wir nehmen da niemandem etwas weg.“
Die Preise sind an die Kundschaft angepasst: Schuhe und Kleider erzielen hier Höchstpreise von drei Euro, das Gesellschaftsspiel oder Puzzle mal zwei Euro. Aber dann hat Simone Grannemann doch tatsächlich ein Argentinien-Trickot des Fußballidols Messi auf gerade mal 1,50 Euro gepreist. Irgendwo gibt es ja wohl Grenzen: „Aber sie glauben nicht, in was für glückliche Kinderaugen sie gucken, wenn die einem dann ihr Taschengeld auf den Tisch zählen und mit dieser Beute nach Hause gehen.“
Babykleidung wird immer gebraucht
Im Moment ist das Angebot noch sehr sommerlich. Viele dünne Kleidchen, Pullis und Halbschuhe liegen im Laden statt gefütterte Kinderstiefel, dicke Pullover und robuste Kinderjeans und Regenhosen. Grannemann: „Da müssen wir momentan noch Spenden einwerben, die der Jahreszeit entsprechen. Auch Babybekleidung wird immer gebraucht. Die Leute können mit ihren Sachen zu den ganz normalen Öffnungszeiten zu uns kommen.“
Nach dem zweiten Laden in der Düne mit dem grünen SOS-Kinderdorf-Worpswede-Logo müssen dessen Mitarbeiter immer wieder erläutern, wie dieser Einsatz so weit weg von zu Hause eigentlich zustande kommt. Worpswedes Einrichtungsleiter Joachim Schuch betont, wie wichtig er für seine Organisation als freien Träger der Jugendhilfe findet, „vorne an der Grohner Düne etwas zu machen“. Frage: Werden sich denn Frauen und Mädchen hier vorne in den Laden trauen, wo hier doch vor der Tür den ganzen Tag junge Männer herumlungern? Schuch: „Man verschätzt sich da und bekommt ein falsches Bild: Der Quartiertreff mit 180 Quadratmetern Fläche ist auch gleich um die Ecke herum und da finden Sie alle Familien.“
Und dieses SOS-Kinderdorf-Angebot sei nun auch insgesamt keine ungewöhnliche Sache für die Organisation, fügt eine Kollegin von Schuch hinzu: Es sei vielmehr das 22. Angebot der Einrichtung neben Dingen wie der offenen Familienberatung in Osterholz-Scharmbeck, Rotenburg und Bremen auf der einen und den Wohngruppen und Familien für 71 Kinder und Jugendliche in dem Künstlerdorf auf der anderen Seite. „Hier haben wir es bei den beiden Angeboten mit Prävention zu tun: Hier sorgen wir dafür, dass die Lebenssituation der Familien erträglich wird und es gar nicht erst dazu kommt, dass wir sie in unserer Kerneinrichtung mit ihren zwölf Häusern aufnehmen müssen.“