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Kapazitäten im Blockland reichen wenige Jahre Bremen braucht eine neue Deponie

Die Bremer Blocklanddeponie stößt zum Ende des Jahrzehnts an ihre Kapazitätsgrenzen. Wegen langer Planungsvorläufe muss Bremen nach Anschlusslösungen suchen. Doch bisher tut sich wenig.
02.07.2021, 18:47 Uhr
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Bremen braucht eine neue Deponie
Von Jürgen Theiner

Muss Bremen in naher Zukunft nach einem neuen Deponiestandort Ausschau halten? Die vorhandene Abfall-Lagerstätte im Blockland ist zwar noch nicht am Ende ihrer Kapazitäten, doch dieser Zeitpunkt rückt näher. Noch bis zum Ende des Jahrzehnts wird die Anlage nahe der A27 genutzt werden können, danach dürfte ihre Aufnahmefähigkeit erschöpft sein. Und dann?

Die Wirtschaftspolitiker der Koalition haben sich kürzlich mit dieser Frage beschäftigt, wenn auch nur am Rande ihrer Debatten über das  Gewerbeentwicklungsprogramm (GEP). Wie berichtet, gibt es bei der Ausweisung neuer Gewerbeflächen grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten in der Koalition. SPD und Linke sind dafür, die Grünen eher dagegen. Müsste im Stadtgebiet auch noch ein größeres Areal für eine neue Abfalldeponie freigehalten werden, würde dies die laufende GEP-Debatte zusätzlich belasten. Ein möglicher Ersatz für die Blocklanddeponie sei bisher "nicht wirklich transparent diskutiert worden", heißt es denn auch in einem Besprechungsprotokoll von Fachpolitikern des rot-grün-roten Bündnisses.

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Die Blocklanddeponie gibt es seit 1969. Sie nimmt nicht den Bremer Hausmüll auf, der wird in der Findorffer Müllverbrennungsanlage verfeuert, wobei Strom und Fernwärme entstehen. Im Blockland landen stattdessen Bauschutt, belastete Böden, asbesthaltige Abfälle und ähnliches. Nach der Inbetriebnahme wurde die Anlage mehrfach erweitert und bedeckt heute eine Fläche von rund 40 Hektar. Bei der Bremer Stadtreinigung, der Betreiberin der Anlage, wird das voraussichtliche Ende der Laufzeit mit 2030 angegeben.

Das klingt, als sei noch viel Zeit, bis sich Politik und Verwaltung mit der Frage nach einem neuen Standort auseinandersetzen müssen. Doch in der Fachwelt weiß man um die langen Planungsvorläufe, die solche Projekte inzwischen haben. "Sechs bis acht Jahre wären ein grober Anhalt", erfährt man bei Bernhard Schodrowski, dem Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft. Gemeint ist der Zeitraum von der Grundsatzentscheidung für einen Standort bis zur Eröffnung einer Deponie. Ein zeitlicher Puffer für juristische Streitigkeiten ist dabei nicht enthalten, doch er wird häufig gebraucht, "denn das Thema Abfall ist emotional besetzt", weiß Schodrowski. Viele Menschen hätten Angst vor Umweltbelastungen durch Entsorgungseinrichtungen, entsprechend oft werde aus Anwohnerkreisen gegen geplante Anlagen geklagt.

Auch im niedersächsischen Umweltministerium hat man Erfahrungswerte. Bei günstigen Verläufen des Planungsverfahrens ohne anschließende gerichtliche Überprüfung sei für eine neue Deponie ein Realisierungszeitraum von weniger als fünf Jahren möglich, sagt Sprecher Matthias Eichler. Aber: "Bei anderen Vorhaben, bei denen sich Widerstände in entsprechenden Einsprüchen zu diversen Themen und gerichtlichen Auseinandersetzungen manifestiert haben, wird die Realisierungszeit eher an zehn Jahre heranreichen. Bei den Neuvorhaben stellt sich dieser Fall als die häufiger anzutreffende Konstellation dar."

In der Bremer Umweltbehörde sieht man die Dinge gleichwohl gelassen. "Wir werden uns damit zu gegebener Zeit beschäftigen", lässt Sprecher Jens Tittmann wissen. Ersatz für die Blocklanddeponie sei im Haus von Senatorin Maike Schaefer (Grüne) zurzeit "kein prioritäres Thema". Mit dieser Auskunft hat sich gegenüber dem Stand des Jahres 2016 praktisch nichts geändert. Seinerzeit hatte sich Schaefer – damals noch als Parlamentarierin – in der Umweltbehörde nach möglichen künftigen Deponiestandorten erkundigt. Als realistische Optionen nannte die Behörde neben einer abermaligen Erweiterung der Blocklanddeponie, die planerisch den gleichen Aufwand verursachen würde wie ein Neubau, vor allem den Raum zwischen Industriehäfen und Stahlwerken. Die nächsten Wohngebiete wären von einem solchen Standort mehrere Kilometer entfernt.

Worüber in Politik und Verwaltung nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird: Es gäbe noch eine andere bremische Lösung, allerdings außerhalb des Stadtgebiets: die Deponie Grauer Wall in Bremerhaven. Dort hatte es allerdings in den vergangenen Jahren heftige Auseinandersetzungen mit einer Bürgerinitiative gegeben, die die Schließung der Anlage fordert. Die Aussicht, dass nach einer Schließung der Blocklanddeponie die Bremer Mülllaster den Grauen Wall anfahren, würde in Bremerhaven mit Sicherheit erneuten Protest hervorrufen.

In Niedersachsen bräuchte sich Bremen gar nicht erst nach der Nutzung dortiger Deponien zu erkundigen. Entsorgungsmöglichkeiten für mineralische Abfälle, wie sie derzeit noch im Blockland abgeladen werden können, sind dort knapp – wie in ganz Deutschland. So werden Bauschutt und Erdaushub aus dem Berliner Raum bereits bis nach Lübeck transportiert, weil es zu wenig geeignete Entsorgungskapazitäten gibt.

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