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Besucher aus Belgien gedenken heute der Ermordung ihrer Verwandten in Bremen / Treffen am Schützenhof in Gröpelingen Erinnerung an Meensel-Kiezegem bleibt wach

Gröpelingen. Einen intensiven Austausch und regelmäßige gegenseitige Besuche gibt es seit dem Jahr 2002 zwischen Gröpelingen und dem kleinen belgischen Dorf Meensel-Kiezegem unweit von Brüssel. Der Grund dafür ist allerdings ein trauriger: 98 Einwohner des 900-Seelen-Dorfes wurden vor 70 Jahren bei zwei SS-Razzien verhaftet.
24.08.2014, 00:00 Uhr
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Von Anne Gerling

Einen intensiven Austausch und regelmäßige gegenseitige Besuche gibt es seit dem Jahr 2002 zwischen Gröpelingen und dem kleinen belgischen Dorf Meensel-Kiezegem unweit von Brüssel. Der Grund dafür ist allerdings ein trauriger: 98 Einwohner des 900-Seelen-Dorfes wurden vor 70 Jahren bei zwei SS-Razzien verhaftet. 68 von ihnen wurden ins Konzentrationslager Neuengamme deportiert; 22 kamen nach Bremen – von denen am Ende nur zwei nach Meensel-Kiezegem zurückgekehrt sind.

Raimund Gaebelein, Bremer Landesvorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Bremen (VVN-BdA), war im Oktober 2002 in Belgien. „Auf dem Ehrenfriedhof erlebte ich dann einen kleinen Schock, als mir klar wurde, dass die Gräber fast alle leer sind“, schildert der Gröpelinger, der daraufhin im Staatsarchiv auf Spurensuche ging, die Friedhöfe absuchte und die Gräber schließlich auf dem Osterholzer Friedhof fand.

Er beschreibt, wie sich nach der Landung der alliierten Truppen am 6. Juni 1944 in der Normandie in Belgien die Lage zuspitzte: „Der belgische Widerstand verstärkte seine Aktivitäten. Am 30. Juli 1944 wurde der deutschgesinnte Großbauernsohn Gaston Merckx erschossen.

In einer ersten Racheaktion erschossen zwei Tage später Mitglieder der Deutsch-Flämischen Arbeitsgemeinschaft DeVlag und deutsche SS-Leute drei Einwohner Meensel-Kiezegems und verschleppten 15 weitere Dorfbewohner, um den Widerstand auszuräuchern. Zehn Tage später wurde das Dorf von 350 SS-Sturmtrupplern, Werkspolizei und Feldhütern eingekreist, Haus für Haus entlang der Hauptstraße Meensels durchsucht, 76 Dorfbewohner nach vorbereiteten Listen aus ihren Häusern geholt, zusammengetrieben, nach Leuven und weiter ins Gestapo-Gefängnis in Brüssel gebracht. Wer vor Beginn der Razzia aufs Feld oder zur Arbeit im Bahnwerk wollte, wurde gleich mitverhaftet. Genauso erging es Familienmitgliedern, wenn der gesuchte Angehörige nicht aufzufinden war. Sie wurden beschuldigt, Waffen, Zwangsarbeitsdienstverweigerer und einen abgeschossenen kanadischen Piloten versteckt zu haben. Kurz bevor die Alliierten die belgische Grenze überschritten, wurden 68 von ihnen ins KZ Neuengamme deportiert.

Nur fünf von ihnen überlebten die Arbeit im Stammlager oder einem der Außenkommandos. 22 dieser Männer arbeiteten auf der AG Weser oder beim Bunkerbau in Farge – davon starben sechs im Gröpelinger Außenlager „Schützenhof“, neun auf „Bahrs Plate“ in Blumenthal und fünf auf dem Todesmarsch.

Anfang August war eine Bremer Gruppe der VVN-BdA in Meensel-Kiezegem, um der Geschehnisse vor 70 Jahren zu gedenken. Nun folgt der Gegenbesuch: Am heutigen Sonntag, 24. August, besichtigt eine belgische Gruppe um 10 Uhr den Bunker Farge und trifft sich um 12 Uhr am Schützenhof in Gröpelingen, Bromberger Straße 117, zu einer Gedenkfeier. Anschließend werden die Besucher die Gräber ihrer Angehörigen auf dem Osterholzer Friedhof aufsuchen.

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