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SUMP-Award für nachhaltige Mobilität Europäischer Preis für Bremer Verkehrspolitik

Europa schaut nach Bremen. „Diese Stadt hat kreative und innovative Wege gefunden, das Stadtklima durch saubere Transportlösungen zu verbessern“, lobte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc.
24.03.2015, 00:00 Uhr
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Europäischer Preis für Bremer Verkehrspolitik
Von Jörn Seidel

Europa schaut nach Bremen. „Diese Stadt hat kreative und innovative Wege gefunden, das Stadtklima durch saubere Transportlösungen zu verbessern“, lobte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc. Für seine „einfallsreiche und systematische Herangehensweise“ seines urbanen Verkehrsentwicklungsplans bis 2025 wurde Bremen am Montagabend in Brüssel mit dem SUMP-Award ausgezeichnet. Die Abkürzung steht für Sustainable Urban Mobility Plan, also ein Preis für nachhaltige städtische Verkehrsplanung. Er ist mit 10 000 Euro dotiert.

Damit setzte sich die Hansestadt gegen 16 Konkurrenten aus zehn Ländern durch. In die Endrunde hatten es auch Dresden sowie das belgische Gent geschafft. Am Ende sei es ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen gewesen, betonte Bulc: „Alle drei Bewerber waren beeindruckend“, so die Verkehrskommissarin, aber „Bremen hat gewonnen.“

Mit 25 Prozent Radverkehr (Zahlen von 2008) habe sich die Hansestadt als „besonders fahrradfreundlich“ bewiesen – bis 2020 sollen doppelt so viele Bremer aufs Rad umsteigen. Auch die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, die derzeit bei 14 Prozent liegt, soll stärker werden: „Hier hat Bremen noch viel Potenzial“, so das Urteil der internationalen Jury aus Verkehrs- und Stadtplanungsexperten. „Die Hansestadt hat mit ihrem hervorragenden Verkehrsentwicklungsprozess überzeugt“, betonte Jurorin Susanne Boehler von Rupprecht Consult. Zwar bleibt das Auto mit 40 Prozent auch in der Hansestadt das beliebteste Verkehrsmittel, doch mit 20 000 Carsharing-Nutzern kann sich die Großstadt sehen lassen.

Besonderen Fokus hatten die Spezialisten im dritten Jahr der Preisverleihung allerdings nicht nur auf umweltfreundliche Verkehrsmittel, sondern vor allem auf „effektives Monitoring und Evaluation sowohl im Planungsprozess als auch bei der Umsetzung“ gelegt. Die Hansestadt habe dabei „besonders beeindruckt“, hieß es in der Laudatio. „Viele Städte tun sich schwer, wenn es darum geht, Verkehrsdaten zu erheben“, erklärte Boehler auf Nachfrage. Die Hansestadt habe hingegen mit ihrer „Systematik“ klar hervorgestochen: „Man kann sich in so einem Prozess schnell in Details verlieren“ – Bremen habe aber immer die „richtigen Indikatoren“ gefunden und dabei immer auch die Bürger miteinbezogen.

„Wir fühlen uns extrem geehrt“, sagte Bremens Senator für Umwelt, Bau und Verkehr, Joachim Lohse, bei seiner Ansprache in Brüssel. „Das ist die Anerkennung für viele Jahre harte Arbeit.“ Verkehr sei in der Hansestadt traditionell ein Streitthema gewesen. Durch eine klare Zielsetzung, die neben Zugänglichkeit, Sicherheit, Intermobilität, Umweltschutz und einer engeren Verbindung mit der Region auch eine Stärkung der Wirtschaft beinhaltete, und die Miteinbeziehung von Bürgern, Verbänden sowie der Wirtschaft habe man schlussendlich einen Konsens finden können, betonte der Senator auf Nachfrage.

Der Verkehrsentwicklungsplan wurde im September in der Stadtbürgerschaft mit den Stimmen von SPD, Grünen und CDU beschlossen. Mitgewirkt hatten auch mehrere Interessenvertretungen: der Fahrradverband ADFC, der Automobilclub ADAC, die Handelskammer und der Naturschutzverband BUND. Am Ende hatten alle Verbände ihre Zustimmung gegeben.

„Natürlich war es ein großer Kompromiss“, sagte ADAC-Sprecher Bernd Plecher auf Nachfrage. „Unsere Absicht war es, dass alle Verkehrsteilnehmer gleichbehandelt werden.“ Der ADAC bekenne sich zu dem gemeinsamen Konzept. Dennoch trage er eindeutig die Handschrift eines grünen Verkehrssenators. Fahrrad- und Straßenbahnfahrer würden von dem Konzept mehr profitieren als Autofahrer.

Der Verkehrsentwicklungsplan bringe Radfahrern viel Gutes, lobte der Bremer ADFC-Geschäftsführer Klaus-Peter Land das Papier. Er erinnerte zum Beispiel an die geplante Weserbrücke zwischen Neustadt und Altenwall. Das Konzept sehe fast eine Verdoppelung der Investitionen in den Radverkehr vor, so Land. Der Preis für Bremen erfreue ihn sehr. Um die bereits begonnene Umsetzung der Pläne fortzuführen, müsse nun aber schnellstmöglich das dafür nötige Personal eingestellt werden.

Die eigentliche Bewährungsprobe stehe dem Verkehrsentwicklungsplan erst noch bevor, mahnte Andreas Otto, Handelskammer-Geschäftsführer für Standortpolitik. Bei der Umsetzung sei genauso viel Kompromissbereitschaft der Verbände und Politiker gefragt wie bei der Konzeption. „Wenn die Grünen jetzt im Wahlkampf Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit fordern, verstößt das gegen den Plan. Das finden wir nicht gut“, sagte Otto.

Mit dem Preisgeld will Senator Lohse das Projekt der Stadt noch bekannter machen – unter anderem „bei einer Fachkonferenz für interessierte Städte“. „Das Scheinwerferlicht ist nun auf Bremen gerichtet“, so Jurorin Boehler. Sie ist sich sicher, dass die Hansestadt mit der gleichen „Ernsthaftigkeit“, mit der sie bereits bei dem Wettbewerb überzeugte, weitermachen werde.

Auf der Homepage der europäischen Kampagne ist ein Video über die Siegerstadt Bremen zu sehen.

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