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Sinkende Bewerberzahlen Bremer Polizei hat Probleme bei Nachwuchs-Rekrutierung

Im vergangenen Oktober gelang es der Polizei Bremen nicht, alle Ausbildungsplätze zu besetzen. Auch für den Einstellungstermin 1. April wird es eng. Aus mehreren Gründen.
25.01.2023, 05:00 Uhr
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Bremer Polizei hat Probleme bei Nachwuchs-Rekrutierung
Von Ralf Michel

"Berliner Schulabgänger sind zu krank und zu unsportlich für die Polizei" titelte unlängst die Berliner Zeitung. Die Polizei habe Mühe, ausreichend geeignete Bewerber zu finden. Eine Situation, die auch in Bremen nicht ganz unbekannt ist. Im Einstellungsverfahren für den 1. Oktober vergangenen Jahres scheiterten knapp 20 Prozent der Bewerber am Sporttest. Was aber laut Innenbehörde im Rahmen des Üblichen lag. Und zahlenmäßig deutlich weniger ins Gewicht fiel als die Hürde zuvor – der schriftliche Test, an dem etwa 30 bis 35 Prozent der Bewerber scheiterten. Und dies alles vor dem Hintergrund ohnehin sinkender Bewerberzahlen. "Zum Einstellungstermin Anfang Oktober 2022 war es schwierig, genügend Bewerber, die die Voraussetzungen erfüllten, an den Start zu bekommen", resümiert Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der Innenressorts. Tatsächlich konnten im Oktober nicht alle offene Stellen besetzt werden.

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Mit 1001 Bewerberinnen und Bewerber für 155 Stellen begann im vergangenen Jahr das Verfahren. 205 Bewerbungen mussten sofort aussortiert werden, weil sie die erforderlichen Qualifikationen nicht erfüllten. Von den verbleibenden 796 Bewerbern absolvierten 254 alle Prüfungsteile erfolgreich. Sie landeten, nach ihrer erreichten Punktzahl sortiert, auf einer Liste, denn eingestellt werden sollten ja nur 155.

Vier unbesetzte Stellen

Dann aber sagten 75 doch noch ab, fielen 17 bei einer abschließenden ärztlichen Untersuchung durch und brachen elf weitere Kandidaten ohne jede Rückmeldung den Kontakt ab. So verblieben am Ende 151 Anwärter – vier Stellen blieben unbesetzt. Und dies, obwohl der Einstellungstermin im Oktober als eher unproblematisch gegolten hatte. Hier habe man trotz rückläufiger Zahlen ausreichend Bewerber, hieß es seinerzeit seitens der Polizei. Sorge bereitete dagegen damals der Einstellungstermin 1. April 2023. Für den gab es im Herbst so wenig Interessenten, dass die abgelaufene Bewerbungsfrist auf unbestimmte Zeit verlängert wurde.

Tatsächlich endete sie erst am 8. Januar. Von den insgesamt 471 Personen, die sich bis dahin beworben haben, erfüllten nach Absolvierung aller Tests bislang 80 die geforderten Qualifikationen. 60 von ihnen erhielten bereits eine feste Zusage, die anderen 20 landeten auf einer Warteliste. Denn noch sind nicht alle 471 Bewerbungen abgearbeitet. Derzeit gibt es noch 44 Kandidaten, die für das Auswahlverfahren in Betracht kommen. Ziel ist es, zum 1. April 79 Polizeianwärter einzustellen. 75 waren ohnehin vorgesehen, dazu kommen die vier vakanten Stellen vom Oktober.

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Da sich auch in dieser Runde einige der Kandidaten bei anderen Polizeien beworben haben dürften, könne man heute noch nicht sagen, ob alle Stellen im April besetzt würden, heißt es seitens der Innenbehörde. "Wir sind aber zuversichtlich, 79 qualifizierte junge Leute begrüßen zu können."  

Um junge Leute direkter ansprechen zu können, setzt die Polizei in Bremen unter anderem auf zielgruppengerechte Werbung in den sozialen Netzwerken, berichtet Gerdts-Schiffler. Zudem bietet die Einstellungsstelle Interessierten neuerdings die Möglichkeit, sich über ein Onlineformat zur Eignungsauswahlprüfung zu informieren. Hierbei finden Veranstaltungen mit bis zu 20 Personen online statt,  Fragen können auf diese Weise sofort geklärt werden.

Grundfitness statt Bestleistung

Ausdrücklich nicht zum Programm bei der Nachwuchsrekrutierung gehört in Bremen laut Polizei die Absenkung des Niveaus bei den Einstellungstests. Zwar hat es hier 2019 Änderungen gegeben. Die jedoch hätten ausschließlich das Ziel gehabt, die Tests deutlicher an den Alltagsanforderungen der Polizei zu orientieren: Waffenbehandlung, das Überwinden von Hindernissen und Personenrettung statt Sprint, Konditionsparcours und Ausdauerlauf. Geändert hat sich zudem die grundsätzliche Herangehensweise bei der Bewertung der sportlichen Leistungen. Niemand braucht mehr am Prüfungstag Bestwerte zu erzielen, es reicht der Nachweis einer Grundfitness, die dann in der Ausbildung ausgebaut werden kann. Und wer trotzdem durchfällt, hat die Chance, den Sporttest zu wiederholen. 

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„Die Polizeibehörden im Land Bremen evaluieren ständig die Ausgestaltung des Einstellungsverfahrens und die Anforderungen an die Bewerberinnen und Bewerber", formuliert es  Daniel Heinke, Leiter der Abteilung Öffentliche Sicherheit  der Innenbehörde. Dabei würden auch gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigt. In der Vergangenheit sei beispielsweise der schriftliche Teil des Einstellungstests deutlich überarbeitet worden, um Texte zu verwenden, die mehr der Lebenswirklichkeit der Bewerber entsprechen. In diesem Kontext werde der Senator für Inneres perspektivisch gemeinsam mit den Polizeibehörden auch prüfen, ob alle derzeit bestehenden gesundheitlichen Ausschlusskriterien dauerhaft beibehalten werden müssen. 

Zur Sache

Das Testverfahren bei der Bremer Polizei

Das Bewerbungsverfahren der Polizei ist, abgesehen von der medizinischen Untersuchung, dreigeteilt. Es besteht aus einem Sporttest, einer schriftlichen Prüfung und einem Gespräch. Beim Wissenstest werden Rechtschreibung, Grammatik und Sprachgebrauch geprüft, Intelligenz, Merkfähigkeit sowie  schlussfolgerndem Denken stehen ebenfalls auf dem Prüfstand. Im Gespräch geht es um persönliche Kompetenzen der Bewerber, darunter Teamfähigkeit, Selbstreflexion oder auch die Fähigkeit, zu argumentieren und Entscheidungen zu fällen. 

Der Fitnesstest besteht aus fünf Modulen: Beim "Sicheren Arm" geht es um den sicheren Einsatz der Dienstwaffe, die Übung "Sicherer Halt" prüft, ob der Bewerber kräftig genug zupacken kann, bei "Hoch hinaus" wird die Sprungkraft getestet. Gefordert sind für Männer 43  Zentimeter, für Frauen 35. Im Modul "Retter in Not" geht es um Kraftausdauer. Unter anderem muss eine 80 Kilo schwere Puppe in einer vorgegebenen Zeit über 25 Meter transportiert werden. Der "Lange Lauf" beendet die Prüfung: Die Bewerber müssen zwölf Minuten laufen und in dieser Zeit mindestens 2250 Meter (Männer) oder 1890 Meter (Frauen) zurücklegen.

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