Mehr als 80 Verdachtsmeldungen aus dem gesamten Stadtgebiet sind allein beim Gesundheitsamt aufgelaufen, auch der Umweltbetrieb Bremen (UBB) ist Hinweisen auf den Eichenprozessionsspinner nachgegangen. Die feinen, widerhakenbewehrten Brennhaare, mit denen sich die Raupen gegen ihre Feinde schützen, können bei Menschen ernsthafte Gesundheitsprobleme auslösen: Laut Behörde können bei Kontakt starker Juckreiz, rote Flecken und Quaddeln entstehen, ähnlich wie bei Insektenstichen. "Manche Menschen bekommen Husten oder Atemprobleme wie Bronchitis oder Asthma. Auch die Augen können gereizt werden und sich entzünden." In seltenen Fällen könne der Kontakt mit den Brennhaaren Kreislaufprobleme verursachen.
Ursprünglich ist der Eichenprozessionsspinner, mit wissenschaftlichem Namen Thaumetopoea processionea, in den Eichenwäldern Mittel- und Südeuropas heimisch. "Durch den Klimawandel breitet sich die Art auch immer weiter nördlicher aus", heißt es beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Außer in Wäldern komme der Spinner "aber auch im Siedlungsbereich, etwa in Alleen, Gärten, Parks oder auf Friedhöfen" vor. Und das längst auch in Bremen, wie Lea Schunk, Sprecherin des Gesundheitsressorts, bestätigt. "Verglichen mit den Zahlen aus den Vorjahren, sind es durchaus mehr geworden. Da der Eichenprozessionsspinner in Niedersachsen weit verbreitet ist, war das zu erwarten."
Toxische Wirkung hält lange an
Ehe im August der unscheinbare, graue Nachtfalter schlüpft, der nur wenige Tage lebt, herrscht eine mehrwöchige sogenannte Puppenruhe – das bedeutet aber keineswegs, dass die Gefahr gebannt ist: "Die Anzahl und Länge der Brennhaare nimmt mit jeder Häutung der Raupen weiter zu", informiert der Nabu. Sehr viele Haare verlören sie während der Fraßzeit im Mai und Juni, wenn sie besonders mobil seien. "Das Problem besteht darin, dass die Brennhaare lange Zeit giftig bleiben und auch Jahre nach dem Befall noch Reaktionen beim Menschen verursachen können." Härchen, die an der Kleidung oder den Schuhen haften, lösen immer wieder toxische Reaktionen aus, wenn sie berührt werden. Meist kämen Menschen damit in Berührung, wenn sie sich in der Nähe befallener Bäume aufhielten oder an ihnen vorbeispazierten – "besonders an windigen Tagen". Hauptsächlich bestehe Gefahr in der Zeit von Ende Mai bis Anfang Oktober.
Der Umweltbetrieb Bremen rät dazu, die Haut zu schützen, Raupen nicht zu berühren, nach möglichem Kontakt mit Raupenhaaren sofort die Kleidung zu wechseln und gründlich zu duschen. Funde seien häufig eher Zufallsentdeckungen "bei der normalen Baumkontrolle", sagt Bürgerparkdirektor Tim Großmann. Befallsfunde von Parkbesuchern hingegen seien meist Fehlalarme: "Es gibt diverse Motten und Falter, die sich so verspinnen." Besonders häufig würden Eichenprozessionsspinner (ESP) und Gespinstmotte verwechselt.
Im Bürgerpark seien in diesem Jahr bereits fünf Spinner-Nester gefunden worden, im vergangenen Jahr waren es zwei. Er rechnet damit, dass der Klimawandel deren Verbreitung weiter begünstigen werde. Wie es der Umweltbetrieb hält und es auch Privatpersonen tun sollten, hat Großmann eine Fachfirma damit beauftragt, die Raupen abzusaugen. Eine andere Methode sei es, die Nester mit Fadenwürmern zu besprühen, die dem Eichenprozessionsspinner den Garaus machten. "Das ist aber technisch sehr aufwendig, die Raupen müssen das richtige Stadium haben, und es darf nicht zu windig sein", sagt der Parkdirektor. "Das ist eher etwas für die einzelne Eiche auf dem Schulhof." Dem Befall vorzubeugen, sei nicht möglich.