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Gericht bestätigt Gefahr durch Wildparken Parkregeln für E-Roller bedürfen der Kontrolle

E-Scooter-Verleih: Die Verbandsklage des Blindenverbandes in Münster wirkt sich nicht unmittlbar auf Bremen aus - aber sie ist ein wichtiger Impuls. Auch hier droht Gefahr durch wild abgestellte E-Roller.
27.02.2022, 15:42 Uhr
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Parkregeln für E-Roller bedürfen der Kontrolle
Von Justus Randt

Die Stadt Münster hat einen Antrag des Blinden- und Sehbehindertenvereins Westfalen abgelehnt, den Geschäftsbetrieb mit Elektrorollern zu untersagen, wenn keine Abstellflächen festgelegt sind. Nun müssen die Behörden nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster nachbessern.

Die Antragsteller wollen unter anderem, dass die Betreiberfirmen zum Aufräumen verpflichtet werden, wenn ihre E-Scooter im Weg stehen oder liegen. Herumliegende Roller haben auch in Bremen schon Unfälle verursacht. Deshalb begrüßt die Seniorenvertretung der Stadt Bremen den Münsteraner Gerichtsbeschluss ausdrücklich.

Bremen ist einen Schritt voraus

Anders als Bremen, das den kommerziellen Rollerverleih von Anfang an mit Sondernutzungserlaubnissen für den öffentlichen Raum geregelt hat, ist Münster derzeit darauf angewiesen, dass Betreiber „freiwillige Selbstverpflichtungserklärungen“ abgehen – und einhalten.

So geht es vielen Kommunen, die mit einer zunehmenden Zahl an E-Scootern konfrontiert sind. Bremen sollte das nicht passieren: „Die Sondernutzungserlaubnisse haben von Anfang an Regelungen enthalten, die auch erweitert und weiter angepasst wurden“, sagt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innenressorts. Auch Münster plant, sich auf dieses Modell umzustellen.

Zu diesen Errungenschaften gehört unter anderem, dass 2021 ein Unfall-Unterstützungsfonds eingerichtet worden ist und dass der Landesbehindertenbeauftragte Arne Frankenstein laut Senatsbeschluss vor der Genehmigung einer Roller-Flottenausweitung angehört werden muss. Mit seiner Forderung nach festen Stellplätzen ist auch er bislang nicht durchgedrungen.

Nach Frankensteins Dafürhalten müssen Sondernutzungserlaubnisse „unter dem Vorbehalt stehen, Parkverbotszonen auszuweiten, wenn und soweit sich Erkenntnisse zur Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs behinderter Menschen ergeben“. Andernfalls müsse der Widerruf der Erlaubnis erwogen werden. Wenn E-Scooter-Verleiher privaten Grund als Abstellflächen bereitstellen könnten, würde dies „zur Entzerrung beitragen“.

Wie es in anderen Städten aussieht

Der Roller-Boom führt angesichts der Gemengelage an Regelungen zu sehr unterschiedlichen Reaktionen. Trotz Sondernutzungserlaubnis ist der Stadt Düsseldorf die Roller-Zahl über den Kopf gewachsen. Die Behörden der Rhein-Metropole zogen im Herbst die Notbremse und verfügten, dass die Rollerflotten von fünf Verleihern auf 6500 Fahrzeuge zu halbieren sind. In Hannover, wo keine Sondernutzungserlaubnisse bestehen, wollte ein Verleiher, dem Münchener Beispiel folgend, Autoparkplätz in Stellplätze umwandeln lassen. Die Stadt lehnte ab, „da hierfür die notwendigen Bestandsgrundlagen fehlen“.

Zwischenzeitlich hatte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, gefordert: „Das Roller-Mikado in öffentlichen Räumen muss aufhören.“ Der Vergleich galt zwar Kommunen, die, anders als Bremen, weder festgelegte Nutzungszonen haben noch die Zahl der Anbieter (zwei) oder die der Elektrokleinstfahrzeuge (1500) begrenzen. Er passt aber gut zur Szene, die dem blinden Klaus Bopp aus der Neustadt 2020 zum Verhängnis wurde: Er stürzte über zwei auf dem Gehweg liegende E-Scooter und verletzte sich so schwer, dass er noch heute an den Unfallfolgen leidet.

Bopps Anwalt, der über den Verein Rechte behinderter Menschen (RBM) bundesweit Leidtragende von Scooter-Unfällen vertritt, glaubt, „aus der Münsteraner Gerichtsentscheidung könnten sich Kriterien für die Tätigkeiten der Kommunen ergeben“. Klaus Bopps Fall jedenfalls ist Motor für eine Behindertenverbandsklage vor dem Verwaltungsgericht Bremen, die der Blinden- und Sehbehindertenverein Bremen anstrebt. Ziel ist, dass Gehwege als Parkflächen für Elektroroller tabu sind.

116 Unfälle mit E-Scootern gab es 2021 in der Hansestadt

Nach Angaben der Polizei haben sich 2021 insgesamt 116 Unfälle mit E-Scootern in Bremen ereignet, dabei gab es 74 Verletzte. 22 Scooter-Fahrerinnen und -Fahrer waren allein verunglückt. Im ersten Pandemie-Jahr 2020, in dem die beiden Anbieter zeitweilig den Verleih eingestellt hatten, kam es zu 38 Unfällen, davon neun ohne andere Beteiligte. 25 Verletzte wurden registriert. 2020 gab es bundesweit 1150 Unfälle mit E-Scootern, „bei denen andere Menschen zu Schaden kamen“. Das hat kürzlich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft in seiner ersten Unfallbilanz zu den Rollern mitgeteilt.

Laut Innenressort hat das Ordnungsamt bislang keine Anzeige wegen falsch abgestellter E-Roller geschrieben. Zwei telefonische Beschwerden hätten sich bei der Überprüfung erledigt – da hätten die Fahrzeuge korrekt am Straßenrand gestanden.  „Die Frage der Abstellflächen wird Gegenstand weiterer Überlegungen bezüglich der Fortentwicklung es Gesamtkonzepts sein“. Die Suche nach Stellflächen sei personalintensiv, deshalb würden gerade Softwarelösungen und Möglichkeiten deren Finanzierung geprüft. Die Park-Frage werde im März Thema eines Treffens von Innenressort, Verkehrsressort Ordnungsamt und Landesbehindertenbeauftragtem sein, kündigt Rose Gerdts-Schiffler an. Ab 1. März gilt die Genehmigung eines Verleihers, 250 E-Roller in Bremen-Nord bereitzustellen.

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