Die FDP plakatiert für den Bundestagswahlkampf und lädt dazu die Presse ein? Klingt wenig aufregend. Doch Volker Redder, seines Zeichens Spitzenkandidat der Bremer Liberalen, wollte am Freitagmorgen nicht einfach nur eine weitere Plakatwand bekleben. Nein, sein Landesverband lud die Bremer Medienwelt zu einer "Showplakatierung der ersten Themen-Großfläche" ein. Redder höchstselbst werde "die finale Hand an der Fläche anlegen". "Showplakatierung", dazu ein Bundestagskandidat mit Kleisterpinsel auf einer Trittleiter – wer könnte da widerstehen?
Freitagvormittag, 11 Uhr, Showtime am Rembertiring, Ecke Ernst-Glässel-Straße, oder etwa doch nicht? Fünf Minuten vor Elf, niemand zu sehen. Außer Thomas Röwekamp (CDU) und Sarah Ryglewski (SPD). Doch die grinsen nur von Wahlplakaten auf der anderen Straßenseite herüber, zählen also nicht. An einer Plakatwand reißt ein junger Mann die Werbung runter. Könnte hier vielleicht...?
Ja, es könnte. Doch, doch, irgendwas mit einer Partei, betätigt der junge Mann. Mehr wisse er aber auch nicht. Er solle nur die Wand vorbereiten. "Aber es ist ja auch noch nicht Elf." Wo er recht hat, hat er recht. Und tatsächlich taucht in diesem Moment pünktlich auf die Minute Volker Redder auf. Sein Begleitprogramm fürs angekündigte Showevent besteht dann aber nicht aus Tänzerinnen und Tänzern, fetzig begleitet von einer Liveband, sondern aus Ole Humpich. Immerhin, der ist Mitglied im FDP-Landesvorstand.
Redder selbst ist überrascht, als er auf die angekündigte Showplakatierung angesprochen wird. Sorry, aber er habe die Pressemitteilung nicht gelesen. "Du plakatierst selber", sekundiert Humpich. "Wie? Ich soll auf die Leiter rauf?"
Zum Glück ist inzwischen der Chef des jungen Mannes hinzugekommen, der verantwortliche Mann für die Werbefläche. Er erklärt, wie das normalerweise so läuft. Also, sein Mitarbeiter werde alles fertigmachen. "Und Sie stellen sich dann am Ende irgendwie da so ran. Fürs Foto."
Während er noch erklärt, taucht auf der Plakatwand unter den geübten Handgriffen des jungen Mannes Volker Redder auf. Ein Schwarz-Weiß-Foto, Redder daheim im Garten am PC. "Digitalisierung rauf. Bürokratie runter", lautet der Schriftzug daneben. Ein zweites Bild des FDP-Mannes erscheint, Immer noch am Gartentisch, eine Kaffeetasse in beiden Händen, den Blick versonnen lächelnd nach rechts gewandt. Im Text daneben wird das "Überlebensthema" Digitalisierung erklärt. Ein ganzer Absatz, aber wegen der kleinen Schrift nur schwer zu lesen. Deutlich größer ist der Schriftzug ganz unten rechts: "Freie Demokraten". Doch den verdeckt von der Straße aus betrachtet eine Mauer. Dumm gelaufen, beziehungsweise dumm geklebt? I wo. Wichtiger seien doch eh die markanten Farben der FDP, sagt Redder. Als Wiedererkennungszeichen.
Das Plakat ist fertig. Bleibt die Frage nach der finalen Hand des Kandidaten. Humpich will Redder für ein Foto auf die Leiter lotsen, aber der hat inzwischen selbstkritisch und frei von jeder Eitelkeit seine Größe und sein Gewicht in Relation zur Stabilität der doch eher kleinen Leiter gesetzt. "Meinst du, die hält?" Lieber ohne Leiter. Unter rechts mit Besen in der Hand muss für die Fotos in den sozialen Medien reichen. Showtime ist eben ein andermal. Vielleicht ja in Berlin.