„Schade, ich hatte mich schon so sehr auf das Fest gefreut“, betont eine Mieterin in der Gundlach-Siedlung an der Hannoverschen Straße. Ein wenig traurig blickt sie auf die bereits am Vorabend aufgebauten Zelte und Pavillons. Eigentlich wollten rund 700 Bewohner aus Wohnblöcken an fünf Straßen im Herzen Schwanewedes am vergangenen Wochenende das 125-jährige Bestehen der in Hannover ansässigen Immobilienfirma Gundlach feiern. Dann aber kam eine Unwetterwarnung dazwischen.
Schweren Herzens musste sich Hausverwalter Reginald Halling dazu durchringen, das Fest abzusagen. „Das können wir nicht verantworten, es könnte Verletzte geben“, bemerkte Halling und verspricht: „Das Fest holen wir in irgendeiner Form nach.“ Der gelernte Energieanlagenelektroniker kümmert sich um die Verwaltung, vermittelt Reparaturen und überwacht Instandsetzungsmaßnahmen und Sanierungen.
Seit 1890 besteht das Familienunternehmen Gundlach mit Sitz in der niedersächsischen Hauptstadt. In Hannover, Lüneburg und Schwanewede hat es sich als Bauträger, Bauunternehmen und in der Haus- und Grundstücksverwaltung einen Namen gemacht. Nachhaltigkeit, Effizienz und ein mieterfreundliches Image stehen bei dem Traditionsunternehmen hoch im Kurs. In Hannover unterstützt das Unternehmen diverse ökologische, soziale und kulturelle Projekte. Jungen Künstlern werden Atelierwohnungen zur Verfügung gestellt, die Hilfsorganisation Amnesty International bekommt kostenlose Büroräume, und auch ehemaligen Strafgefangenen wird günstiger Wohnraum angeboten. Das mittelständische Bauunternehmen vergibt in Hannover alle zwei Jahre einen Musikpreis, stellt Kulissen für Filmarbeiten zur Verfügung und betreibt Wohnanlagen für Senioren.
Zu den Nachhaltigkeitsverpflichtungen, zu denen sich das Unternehmen bekennt, gehört auch der Bau von Passivhäusern und das Heizen mit Erdwärme zur Energiegewinnung. „Das gehörte schon immer zu unserer Unternehmenskultur. Mein Vater und meine Mutter, die Professorin für Nachhaltigkeit und Marketing ist, haben sehr auf die Einhaltung dieser Grundsätze geachtet“, sagt der Geschäftsführer in Hannover, Lorenz Hansen.
Der Umstand, dass das Wirken von Gundlach-Immobilien letztlich bis nach Schwanewede ausstrahlte, ist Hansens Ur-Urgroßvater zu verdanken. Friedrich Hansen war gebürtiger Bremer. Nach dem Zweiten Weltkrieg bemühte sich die Firma insbesondere um Wohnungen von Bundesbedienstete. Dort, wo in Schwanewede einst nur eine karge Heidelandschaft vorzufinden war, entstanden ab 1958 Wohnanlagen für Soldaten der von 1956 bis 1958 errichteten Lützow-Kaserne. Nicht nur mit dem Namen der neu entstandenen Hannoverschen Straße, sondern auch mit dem abzweigenden Gundlachweg dankte die Gemeinde dem Familienunternehmen. Heute wohnen 286 Mietparteien mit im Schnitt 2,5 Bewohnern in den Wohnanlagen.
Die knapp 700 Mieter in der Hannoverschen Straße, im Gundlachweg, der Breslauer und Görlitzer Straße sowie dem kleinen Heideweg sind mit Service, Instandhaltung und Sanierungsmaßnahmen in der Regel sehr zufrieden. Annette von Wilcke-Brumund, die als stellvertretende Bürgermeisterin beim vorgesehenen Schwaneweder Fest eigentlich ein Grußwort sprechen wollte, attestiert dem Unternehmen Gundlach „hervorragende Vermietereigenschaften“. Gerade mit Blick auf die zweifelhaften Machenschaften von „Heuschrecken“ und mancher Spekulanten hebe sich die Firma wohltuend von anderen Immobiliengesellschaften ab. „Die Gundlach-Siedlung ist ein echtes Schmuckstück in Schwanewede und hat den etwas abwertenden Begriff ,Siedlung‘ nicht verdient. Die Anlagen sind gepflegt, und bei Renovierungsvorhaben werden die Mieter einbezogen“, lobt von Wilcke-Brumund.
Aus der einst in Nähe der Lützow-Kaserne aus dem Boden gestampften Anlage ist längst ein bürgerliches Wohnquartier geworden. 5,60 Euro Kaltmiete zahlen die Mieter pro Quadratmeter für die Zwei- bis Vierzimmerwohnungen, die zwischen 50 und 82 Quadratmeter groß sind. „Natürlich sind auch wir ein Unternehmen, das wirtschaftlich arbeiten muss. Wir versuchen aber, das im Rahmen zu halten und Instandsetzungen nicht übermäßig mit Mieterhöhungen auf die Bewohner abzuwälzen“, betont Lorenz Hansen. Inzwischen sind die Verbindungen zur Bundeswehr weitgehend aufgelöst. Nur noch um die 20 Soldaten leben heute in den zweigeschossigen Anlagen. Ab dem Jahr 2004 änderte sich die Bewohnerstruktur. Mit der beginnenden Umnutzung der Weser-Geest-Kaserne verließen immer mehr Soldaten und ihre Familien die Siedlung. „Es gibt aber auch einige Fälle, in denen die Kinder früherer Soldaten in die Siedlung zurückgekehrt sind und eine Wohnung gemietet haben“, teilt Reginald Halling mit.
Überhaupt herrsche große Hilfsbereitschaft. Von der Solidarität zeugt auch das vor zwei Jahren initiierte Projekt „Mieter helfen Mietern“. „Einige ältere Bewohner haben Probleme mit kleineren handwerklichen Arbeiten und sind nicht mobil. Andere wollen helfen und haben das nötige Know-how. Diese beiden Parteien wollten wir zusammenbringen“, erinnert sich Reginald Halling an die Anfänge der Initiative. Seit der Schließung des als „Z-Markt“ bekannten Zentralprojekts in der Hannoverschen Straße hatten etliche Bewohner Probleme, zum Einkaufen auf den nahe gelegenen Marktplatz zu kommen. Inzwischen gibt es erste Erfolge. Ein engagierter Mieter fährt ältere Bewohner mit seinem Pkw zwei Mal monatlich zum Einkaufen und unternimmt außerdem einmal monatlich eine Fahrt zu den beiden Schwaneweder Friedhöfen.
Gärtner Frido Wätje kümmert sich um die Rasenflächen und die sieben Spielplätze des sechseinhalb Hektar großen Areals, schneidet Büsche und Hecken und nimmt kleinere Reparaturen vor. Bei größeren Arbeiten, erzählt Halling, rufe er umgehend Schwaneweder Vertragsunternehmen an. Just in diesem Moment ruft eine aufgebrachte Dame im Verwaltungsbüro des gelernten Energieanlagenelektronikers an. „Wir können nicht mehr waschen, das Wasser schießt aus dem Kanal heraus!“
Reginald Halling beschwichtigt und ruft sofort ein Sanitärunternehmen an. In den letzten Jahren sei in Schwanewede viel unternommen worden in Sachen Instandsetzung, listet er auf. Auf die Sanierung der Heizungsanlagen und die Dämmung des Boden- und Giebelbereichs folgte die Kellerdeckendämmung und die sukzessive, noch nicht abgeschlossene Erneuerung sämtlicher Dachziegel. Momentan rüste man mit Blick auf ältere Bewohner im Erdgeschossbereich vom Wannen- auf den Duschbetrieb um.