Der Fußballer Alphonso Davies vom FC Bayern München ist ein prominentes Beispiel: Nach einer Corona-Infektion diagnostizierten Ärzte bei ihm eine Herzmuskelentzündung, auch Myokarditis genannt. Immer wieder gibt es Berichte über ähnliche Fälle, insbesondere bei jungen Männern. Wie hoch ist das Risiko wirklich? Und welche Rolle spielen Corona-Impfungen? Ein Überblick:
Kann die Corona-Impfung zu einer Herzmuskelentzündung führen?
Ja, aber die Wahrscheinlichkeit ist Studien zufolge sehr gering. Dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sind im Jahr 2021 vergangenen Jahres etwa 2000 Fälle einer Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündung (Perikarditis) gemeldet worden, die mit Corona-Impfungen zusammenhängen könnten. Im gleichen Zeitraum wurden in Deutschland rund 149 Millionen Impfungen durchgeführt – auf 100.000 Impfungen kommen 1,3 Verdachtsfälle. Einer Studie aus England zufolge sind von rund 39 Millionen Geimpften 1615 Personen mit Myokarditis ins Krankenhaus eingeliefert worden oder daran gestorben.
Wie sieht es in Bremen aus?
Dem Gesundheitsamt wurden einer Sprecherin zufolge jeweils eine Myokarditis und eine Perikarditis gemeldet. Insgesamt seien Berichte über 31 Impfkomplikationen eingegangen. Die tatsächliche Zahl dürfte höher liegen, da Geimpfte Komplikationen auch selbst beim PEI melden können. Das PEI teilt auf Nachfrage mit, keine Daten auf Länderebene auszuwerten.
Welche Gruppe ist besonders gefährdet?
Von Herzentzündungen nach einer Corona-Impfung sind vor allem junge Männer betroffen. Laut Daten des PEI sind mehr als ein Drittel (Biontech-Vakzin) beziehungsweise mehr als die Hälfte (Moderna-Vakzin) aller bekannten Fälle bei Männern zwischen 18 und 39 Jahren aufgetreten. Aufgrund des höheren Risikos bei einer Moderna-Impfung empfiehlt die Ständige Impfkommission seit November für Männer unter 30 Jahren ausschließlich den Biontech-Impfstoff. Unabhängig von Alter und Geschlecht fällt auf, dass die zweite Impfung das höchste Risiko für eine Herzmuskelentzündung birgt.
Warum sind junge Männer besonders betroffen?
Das ist noch nicht hinreichend erforscht. Dem Bremer Kardiologen Harm Wienbergen zufolge könnte eine stärkere Immunantwort ausschlaggebend dafür sein, dass überwiegend jüngere Menschen betroffen sind. Warum es häufiger Männer als Frauen trifft, lasse sich allerdings nicht sagen.
Wie groß ist das Risiko bei einer Corona-Infektion?
Gering, aber nach wissenschaftlichen Erkenntnissen etwa viermal größer als bei einer Corona-Impfung – darauf deuten Daten aus Großbritannien und Israel hin. In absoluten Zahlen bedeutet das: vier Fälle gegenüber einem Fall bei 100.000 Betroffenen. Harm Wienbergen berichtet, sowohl Corona-Infizierte als auch Geimpfte wegen Entzündungen am Herzen behandelt zu haben. Das Verhältnis decke sich in etwa mit den Studienergebnissen.sen.
Welche Symptome treten auf?
Das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung führt unter anderem Herzrasen, Atemnot und Schwächegefühle als mögliche Symptome an. Im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion könnten diese Erscheinungen allerdings in den allgemeinen Beschwerden untergehen. Eine Herzmuskelentzündung äußere sich häufig ähnlich wie ein Herzinfarkt, so Kardiologe Harm Wienbergen. Er nennt Brustschmerzen als Beispiel. Bei milden Verläufen würden Herzmuskelentzündungen oft nur zufällig entdeckt.
Wie verläuft die Erkrankung?
Mehrere groß angelegte Studien kommen zu dem Ergebnis, dass der Verlauf einer impfbedingten Herzmuskelentzündung überwiegend mild ausfällt. Die Mehrheit der Patienten spreche gut auf Behandlung sowie Ruhe an und erhole sich rasch, heißt es in einem Bericht des PEI. Etwa 95 Prozent der Fälle verliefen harmlos, sagt auch Wienbergen.
Welche Fragen bleiben offen?
Dass eine Herzmuskelentzündung direkte Folge einer Infektion oder einer Impfung ist, liege zwar manchmal nahe, lasse sich aber kaum beweisen, erklärt Wienbergen. Auch das PEI spricht von Verdachtsfällen. Dem Institut wurden 18 Todesfälle durch eine Myokarditis oder Perikarditis gemeldet. Ein Zusammenhang mit der Impfung wird nach eingehender Prüfung in fünf Fällen „als möglich bewertet“.