Dass sich die Zeiten ändern – das lässt sich zwar registrieren, aber selten ändern. Als ich vergangenes Wochenende zum Beispiel nach einer gefühlten Ewigkeit mal wieder bei einem elektronisch verstärkten Konzert war, musste ich feststellen, dass Menschen, die ähnliche Musik mögen, im günstigsten Fall inzwischen wenigstens mittelalt sind. Was gleichermaßen für die Akteure auf der Seebühne galt. Wie tröstlich, dass auch Sven Regener, der da oben als ein Element of Crime stand, mit Veränderungsprozessen haderte und offenbarte, dass er, wann immer er nach Bremen zurückkehrt, noch immer nicht damit klar kommt, dass die Straßenbahnlinie 1 inzwischen Huchting (dahinter ist ein Graben) und Mahndorf miteinander verbindet.
Wie gut, dass ihm offenbar die jüngsten Umwälzungen im 0421-Land entgangen sind. Wobei: Mit solchen Dingen wie Haushaltssperren oder einem kollabierten Bürgerservice ist ein Wahl-Berliner kaum zu beeindrucken. Da braucht es schon Stärkeres, etwa mit Promillegehalt. Bitte sehr: In der ÖVB-Arena wird nunmehr kein lokal gebrautes Bier mehr ausgeschenkt, sondern welches aus dem Sauerland. Da schüttelt es sogar einen, der immer nur eine grüne Bierflasche mit dem Bremer Schlüssel auf dem Etikett in die lokalpatriotische Hand genommen hat, im gesetzten Alter aber zur Weinfraktion übergelaufen ist.
Womit wir beim nächsten Fass wären, das gerade geöffnet worden ist: der Absage des Weinfestes. Weil der Hillmannplatz in beachtlichem Tempo zu solch einer grundüblen Ecke verkommen ist, dass die Menschen sie zumindest nach Einbruch der Dunkelheit lieber weiträumig umgehen. Da hört der Spaß doch auf. So wie, passendes Stichwort, die Fun Factory, die demnächst am Hohentorshafen nach fast drei Jahrzehnten keine Sexspielzeuge von Weltruf mehr produzieren wird. Herrje.
Doch ein paar Konstanten gibt es in Bremen ja noch. Etwa das Gendern per Sonderzeichen im Wortinneren, anderslautende Vorgaben der Kultusministerkonferenz hin oder her. Hier das Geständnis des/der Kolumnenschreiber*in: Mir fehlt der Glaube, dass kryptische Wortkonstrukte die Gamechanger auf dem Weg zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft sein sollen.
Und über die Blüten, die das Gerundivum als von Sonderzeichen befreiter Notausgang hervorbringt, staune ich vor allem. So wie in meiner Lieblingsanzeige vor einiger Zeit im Stellenmarkt unserer geschätzten Qualitätszeitung: Da suchte ein regionales Transportunternehmen „Busfahrende (m/w/d)“. Wer könnte sich da nicht ausreichend qualifiziert fühlen? Wenn ich auf dem Weg in die Stadt den Diensten und Leistungen der BSAG vertraut habe, war ich schließlich auch schon oft ein Busfahrender.
Womöglich ging es dem 15-jährigen Bremer, der diese Woche bundesweit Schlagzeilen machte, weil er sich als Praktikant ausgab, dann das Steuer eines Busses übernahm und ihn durch die Stadt steuerte, ja ähnlich. Berlin, zurück zu Sven Regener, hat den Hauptmann von Köpenick. Und Bremen nun den Busfahrer von Sebaldsbrück.
Tagebucheintrag: Die Rechtschreibprüfung ist mit dem Begriff „Busfahrende“ übrigens überhaupt nicht einverstanden. Wie rückständig ist das denn?