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Unternehmen bietet drei Geschosse im Gebäude am Vegesacker Bahnhof an – für 2,5 Millionen Euro Hochhaus-Etagen zu verkaufen

Vegesack. Mal waren die Etagen ein Wohnheim für Studenten, seit zwei Jahren sind sie es für Flüchtlinge – jetzt sollen die Geschosse verkauft werden. Für 2,5 Millionen Euro.
14.06.2017, 00:00 Uhr
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Hochhaus-Etagen zu verkaufen
Von Christian Weth

Vegesack. Mal waren die Etagen ein Wohnheim für Studenten, seit zwei Jahren sind sie es für Flüchtlinge – jetzt sollen die Geschosse verkauft werden. Für 2,5 Millionen Euro. So steht es im Exposé des Maklers. Angeboten wird quasi fast das halbe Hochhaus am Vegesacker Bahnhof. Drei von acht Etagen sind zu haben, bei denen die Stadt Mieterin ist. Der Eigentümer will verkaufen, ehe der Vertrag für die Flüchtlingswohnungen ausläuft. Die Behörde sieht darin keine Schwierigkeiten, ein anderer aus dem Haus sogar eine Chance.

Die Etagen sind nicht irgendwelche Etagen. Auch das geht aus dem Exposé hervor. Darin ist von einem „sehr attraktiven Mietzins“ die Rede. Die ersten drei ­Obergeschosse werden deshalb als Anlageimmobilie angeboten. Die Wohnfläche beträgt laut Verkaufsübersicht 1341, die vermietbare Fläche 1690 Quadratmeter. Der Zustand des 50 ­Jahre alten Hauses wird als „gepflegt“ beschrieben. Im Parterre sind Läden, auf den mittleren Etagen vier Praxen und darüber Miet- und Eigentumsappartements. Nach Angaben des Maklers gibt es 24 Wohneinheiten, die von der Stadt genutzt werden.

Bernd Schneider nennt sie anders: Zweibettzimmer. Der Sprecher von Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) kommt auf 44 Räume dieser Art. Er geht davon aus, dass viele von ihnen belegt sind. Wie viele, kann Schneider auf Anhieb allerdings nicht sagen. Dafür aber, wie lange der Mietvertrag noch läuft: „Bis zum Sommer nächsten Jahres.“ Aus seiner Sicht wäre ein Verkauf der Etagen für das Ressort deshalb unproblematisch. Zumal es heute, wie Schneider sagt, nicht mehr so viele Unterkünfte für Flüchtlinge in Bremen braucht wie noch vor einigen Jahren.

Die ersten drei Obergeschosse des Hochhauses haben mal der Versorgungskasse von Radio Bremen gehört, einem Pensionsfonds. Seit zwei Jahren gehören sie der Höpkens Park Consulting + Engineering GmbH. Das Bremer Unternehmen entwickelt Wohn- und Gewerbeprojekte, baut sowohl in der Stadt als auch im Umland. Der Geschäftsführer heißt Diedrich Gerlach. Warum seine Firma die Geschosse im Hochhaus am Vegesacker Bahnhof verkaufen will, obwohl der Mietzins laut Makler sehr attraktiv ist, erklärt Gerlach mit „Geschäftspolitik“. Mehr gebe es dazu nicht zu sagen.

Dietmar Schulte am Hülse glaubt zu wissen, warum die Etagen zu haben sind. Er sagt, dass längst nicht alle Flüchtlingswohnungen dauerhaft belegt sind – und es darum schwieriger geworden ist, Einnahmen auf diese Weise zu erwirtschaften. Schulte am Hülse ist Vorsitzender des Hausbeirats und Zahnarzt. Seine Praxis liegt über den Etagen, die verkauft werden sollen. Was mit ihnen passiert, könnte ihm egal sein. Wenn da nicht die Idee wäre, die er vor Jahren schon einmal hatte: aus dem unteren Teil des Hochhauses ein Ärztehaus zu machen. Schulte am Hülse kann sich vorstellen, den alten Plan erneut zu verfolgen. „Wenn sich denn ein Planer und ein Investor finden.“

Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt kennt das Haus und die Gedankenspiele, die es gab. Genauso wie die Debatten um das ­Gebäude. Mal sorgten sich Anlieger um das Image der Immobilie, weil jemand eine Spielhalle im Parterre eröffnen wollte. Mal befürchteten sie, dass Wohnungen für Flüchtlinge die Situation am Bahnhof, der für manche damals als sozialer Brennpunkt galt und für andere heute noch immer gilt, verschärfen würde. Anwohner sammelten Unterschriften, um den Platz überwachen zu lassen.

Dass ein Teil des Gebäudes zum Verkauf steht, ist für Dornstedt nicht bloß neu, sondern auch „spannend“. Zum Thema des Beirats wird das Hochhaus, anders als die Grohner Düne, ihm zufolge deshalb aber nicht. Es sei denn, der Eigentümer hat etwas vor, das von öffentlichem Interesse ist. Doch solange niemand weiß, was wird, bleibt der Verkauf nach seinen Worten, was er bei einem Privatgebäude für gewöhnlich ist: „Eben reine Privatsache.“

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