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Hochschule Bremen Neues Institut für digitale Teilhabe

An der Hochschule soll erforscht werden, wie Menschen mit Behinderungen digital besser integriert werden. Gründer des Instituts sind Ex-Staatsrat Henning Lühr und Informatik-Professor Benjamin Tannert.
20.01.2021, 05:00 Uhr
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Neues Institut für digitale Teilhabe
Von Nina Willborn

„Der Mensch steht höher als Technik und Maschine“, heißt es im ersten Absatz von Artikel zwölf der Bremer Landesverfassung – im Alltag aber, vor allem dem digitalen, dürften jedoch so einige an diesem Leitsatz zweifeln. Vor allem Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen sind in vielen Fällen außen vor, wenn es beispielsweise darum geht, Online-Formulare für Behörden auszufüllen oder, in Homeoffice-Zeiten ein viel genutztes Mittel, an ­Video-Konferenzen teilzunehmen. Bei Problemen wie diesen setzt das neue Institut für digitale Teilhabe an, das der ehemalige ­Finanzstaatsrat Henning Lühr und Benjamin Tannert, Professor für angewandte Medieninformatik, ins Leben gerufen haben. Angesiedelt ist es an der Hochschule Bremen.

„Die wissenschaftliche Forschung und Unterstützung bei der Digitalisierung und Gestaltung der neuen Arbeitswelt erfordert eine noch bessere anwendungsbezogene Kooperation zwischen Wissenschaft und den tatsächlichen Anwendungen und der Projekte in Betrieben und Verwaltungen“, sagt Henning Lühr, der das neue Institut als Honorarprofessor zusammen mit Benjamin Tannert auch leiten wird. Tannert ergänzt: „Ein Umdenken ist notwendig, damit die Digitalisierung nicht für die Personen angepasst wird, sondern von vornherein so umgesetzt wird, dass alle partizipieren können. Diesen Grundgedanken wollen wir in unserer Forschung und Entwicklung, gemeinsam mit unterschiedlichsten Stakeholdern, umsetzen und vermitteln.“

„Users first“, also die Nutzer von Beginn an einzubeziehen in die Entwicklung neuer Anwendungen, sei extrem wichtig, sagt Tannert, selbst Rollstuhlfahrer. „Bislang ist es oft so, dass zwar in der Wissenschaft gute Ideen für Menschen mit Einschränkungen entwickelt werden, sie aber an dem Entstehungsprozess nicht oder erst sehr spät beteiligt werden.“ Ein Beispiel für gut gemeint, aber nicht ebenso umgesetzt: An der Universität, sagt Tannert, gebe es einen Fahrstuhl, in dem die Knöpfe mit Brailleschrift versehen seien. Für Blinde fehle aber die Sprachansage, wann der Lift die gewünschte Etage erreicht hat. Lühr: „Der Teufel steckt oft im Detail.“

Die Schwerpunkte des Instituts werden zum einen auf der Erforschung von Ansätzen für digitale Teilhabe in Arbeitsprozessen liegen. So soll es Projekte dazu geben, wie behinderte Menschen besser in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Zum anderen soll ein Fokus auf dem barrierefreien E-Government liegen, also die Online-Dienstleistungen der Behörden sowohl für Bürger als auch verwaltungsintern barrierefrei zu machen. Hintergrund ist bei diesem Thema auch das Online-Zugangsgesetz, demzufolge 575 öffentliche Dienstleistungen bis Ende 2022 im Internet angeboten werden müssen. Das Institut soll darüber hinaus Firmen oder Behörden beraten, eine Datenbank mit Projekten und Ansprechpartnern entwickeln und Wissen über digitale Inklusion in Form von Lehr- oder Fortbildungsveranstaltungen weitergeben sowie ein Netzwerk aufbauen. Als Experten und mit eigenen Projekten sind Herbert Kubicek, emeritierter Professor für Angewandte Informatik, und der IT-Experte Lothar Schröder mit an Bord.

„Eins unserer ersten Vorhaben ist, dass wir eine Testgruppe aufbauen werden“, sagt Tannert. „Ihre Mitglieder sollen die Umsetzung der Projekte begleiten.“ Auch sollen die Anforderungen digitaler Barrierefreiheit als Curriculum erarbeitet werden, das später auch bei der Weiterbildung von IT-Spezialisten eingesetzt werden soll. Ein anderes Projekte ist eine digitale Zukunftswerkstatt für Bürgerbeteiligung. Im März erscheint außerdem ein Handbuch zum Thema, herausgegeben von Lühr und Ulrike Peter.

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