Mit dem "Deichradio" schufen die zwei Musikbegeisterten Gundmar Köster und Lars Riegelmann vor fünf Jahren eine Plattform für regionale Bands. Das Ziel: alles spielen, außer Mainstream. Mittlerweile haben sie mit ihrem Musik-Programm auch außerhalb des Bremer Nordens eine große Fangemeinde.VON CHRISTIAN PFEIFF
Bremen-Nord. Jede lokale Musikszene braucht neben Proberäumen, Equipment und Produktionsmöglichkeiten auch Plattformen, beispielsweise Radiostationen und Festivals, mit denen die Akteure ihr Schaffen auch der Öffentlichkeit präsentieren können. Diese Funktion erfüllt im Bremer Norden unter anderem das in Schwanewede beheimatete Deichradio.
"Es war von Anfang an unsere Intention, uns durch starken musikalischen Regionalbezug von anderen Webradios zu unterscheiden", erklärt Gundmar Köster, der das Deichradio gemeinsam mit Lars Riegelmann im Februar 2007 aus der Taufe hob. Dieses Anliegen und die angewandte Technik brachte der jungen Station bereits im Gründungsjahr einen Webradio-Award sowie eine Ehrenurkunde des "Goldenen Schwans" ein.
Zuvor moderierten Riegelmann und Köster gemeinsam im Dienste des Bremer Web-radios "Das Liveradio", mit dessen inhaltlichen Konzept sich die späteren "Deichradio-Gründer" jedoch nur schwer identifizieren konnten: "Die meisten Moderatoren spielten uns zu viel Musik, die auch auf den gängigen Mainstream-Radiosendern zu hören ist, unter anderem auch viele Schlager und seichten Pop."
Ein solches Phänomen wollten beide beim eigenen Webradio unterbinden: "Bei uns läuft alles bis auf Volksmusik und Pur", verspricht Köster grinsend. Der musikalische Genrepluralismus im Programm des Deichradios liegt auch in dem selbstständigen Wirken der aktuell 14 regelmäßig tätigen Moderatoren begründet: "Natürlich wollen auch unsere Moderatoren den Hörern ihre eigenen musikalischen Vorlieben näher bringen", erklärt Anke Willenberg, die seit Beginn zum festen Moderatorenstamm des Deichradios zählt.
"Jeder Moderator ist für den Inhalt und die Gestaltung seiner Sendungen selbst verantwortlich", sagt Köster. Dabei achte man jedoch stark darauf, ausschließlich legal erworbene oder erhaltene Musik zu spielen und nicht gegen Vorgaben der GEMA und der GVL zu verstoßen. "Am liebsten spielen wir deshalb natürlich labelfreie Musik", fügt Riegelmann hinzu.
Dennoch ist der Anteil label- und gema-freier Lokalbeiträge etwas zurückgegangen. Machte das Schaffen lokaler Musiker anfangs noch 20 Prozent des Programminhalts aus, liegt dieser mittlerweile in etwa bei 5 Prozent. Das liegt laut Köster auch an der fehlenden Interaktion seitens der Musiker: "Wenn uns Bands der Region neues Material zukommen lassen, spielen wir das auch. Wir können natürlich nicht alles kennen, man kann uns aber immer per E-Mail kontaktieren. Dies ist in den letzten Jahren jedoch weniger geworden. Es ist mir ein Rätsel, warum diese Gratis-Plattform derzeit so wenig genutzt wird", bedauert Köster. Zudem beobachten die "Deichradio-Gründer" auch eine gewisse Szene-Stagnation: "Aus dem Umkreis kommt selten mal eine neue Band hinzu", sagt Lars Riegelmann.
An Hörern mangelt es dem Webradio indes nicht: Bei vierzig Stunden wöchentlicher Sendezeit verzeichnet das Deichradio durchschnittlich etwa 8500 Zugriffe pro Monat, täglich interessieren sich zwischen 150 und 350 Hörern für das Programm. Dieser Hörerkreis entstammt aber wenig dem heimischen Sendegebiet: "Wir haben wesentlich mehr Hörer zwischen Oldenburg und München als aus Bremen-Nord und Schwanewede", sagt Anke Willenberg verwundert. Sogar aus den USA und Kanada habe man bereits Zuschriften erhalten.
Festival für Newcomer
Ein zweiter Aspekt, mit dem das Deichradio sowohl regionale Musiker als auch hoffnungsvolle überregionale Newcomer fördert und unterstützt, ist das "Rock den Deich-Festival", das auch in diesem Jahr am 18. August stattfindet. "Für die erste Auflage im Jahr 2009 haben wir einfach Bands aus der Region gefragt, die wir persönlich kannten", so Köster. Mittlerweile erreichen die Organisatoren aber jährlich bis zu 600 Bandbewerbungen. Während das erste "Rock den Deich-Festival" eben so viele Zuschauer zählte, versammelten sich im Vorjahr 3000 Gäste auf dem Festivalgelände. Mit der Hinzunahme des Festivalbetriebs ist für die "Deichradio-Macher" jedoch auch das Verhältnis zur lokalen Musikszene angespannter als zuvor: "Da wir nur eine begrenzte Anzahl an Spielpositionen vergeben können, müssen wir natürlich auch mal einer Band absagen. Das wird leider von manchen Musikern bisweilen als persönliche Beleidigung aufgefasst", bedauert Köster. Das Programm für das diesjährige Festival findet sich auf der Festivalhomepage www.rockdendeich.de.
Das Programm des Deichradios ist über den Livestream auf der Seite www.deichradio.de zu empfangen. Hier findet sich eine Programmübersicht sowie Interaktionsmöglichkeiten mit den sendenden Moderatoren. Unter der Telefonnummer 0541/444418382 lässt sich das Programm auch telefonisch verfolgen. Mittels diverser Zusatzprogramme und Applikationen ist außerdem ein Empfang im Autoradio oder der heimischen Stereoanlage möglich.