Das neue Abholunternehmen für den Gelben Sack hat offenbar erhebliche Startschwierigkeiten. Im Bremer Südosten blieben seit dem Jahreswechsel an zahlreichen Straßen Wertstoffsäcke stehen, so manche gelbe Tonne wurde nicht geleert. Beim langjährigen Entsorger ENO, der die Ausschreibung für die Wertstoffabfuhr verloren hatte, liefen nach Angaben von Unternehmenssprecher Michael Drost zwischen Dienstag und Donnerstag täglich rund 200 Beschwerden von Anwohnern auf.
„Wir können da nix mehr machen, sondern weisen die Bürger auf die Hotline des neuen Dienstleisters hin“, so Drost. Wer am Donnerstag die Servicenummer des Wiesbadener Abfall-Logistikers RMG wählte, bekam allerdings häufig niemanden an die Strippe. „Unsere Abfrageplätze sind zurzeit alle belegt, bitte versuchen Sie es später wieder“, lautete dann eine automatische Ansage.
Betroffen waren seit Dienstag diejenigen Stadt- und Ortsteile, die gemäß Abfuhrkalender an der Reihe waren, unter anderem Habenhausen, Mahndorf, Arbergen, Hemelingen, Sebaldsbrück. Beim WESER-KURIER meldeten sich zahlreiche erboste Anwohner, unter ihnen Karl-Bernd de Lippe aus Habenhausen.
„Eine Pleite“, schimpfte der Anwohner des Baumhauser Weges. Der neue Entsorger beweise gleich „sein ganzes Können“, so die sarkastische Reaktion von Sabrina Bojazian, ebenfalls aus Habenhausen. „Gestern sollte der gelbe Sack hier abgeholt werden und er steht dort noch heute. Prima.“ Am Ortwisch in Arbergen wurde der Gelbe Sack mit einem Tag Verspätung abgeholt, dann aber gleich doppelt, wie Anwohner Wolfram Lohße beobachtete.
Zuerst sei ein Miet-Transporter der Firma Europcar die Straße entlanggefahren, Mitarbeiter hätten die Gelben Säcke in den Laderaum gestopft. Wenig später sei ein großes Müllfahrzeug in der Straße erschienen. „Da wurde dann noch mal in die schon geleerten Gelben Tonnen geguckt“, berichtete Lohße und ergänzte: „Das machte keinen guten Eindruck. Mit der alten Firma waren wir zufrieden, mit der neuen sind wir es bisher nicht.“
Stadt hat mit dem Entsorgerwechsel nichts zu tun
Das Umweltressort des Senats sah sich am Donnerstag veranlasst, bei RMG zu intervenieren. „Ich habe die Geschäftsführung gebeten, die Reklamationen abzuarbeiten“, sagte Umweltstaatsrat Ronny Meyer dem WESER-KURIER. „Das wurde auch zugesagt.“ Städtischerseits bestehe auch die Erwartung, dass das Service-Telefon des Anbieters personell so ausgestattet ist, dass Bremer Bürger mit Anfragen und Beschwerden auch durchdringen.
Meyer legte allerdings Wert auf die Feststellung, dass die Stadt mit dem Entsorgerwechsel nichts zu tun habe. Anders als bei der Hausmüllabfuhr und der Straßenreinigung, die Bremen zum 1. Juli neu ausgeschrieben hatte, ist der Auftraggeber der Wertstoffabfuhr die Firma Bellandvision.
Ähnlich wie das bekanntere Duale System Deutschland (DSD) betreibt sie ein Rohstoff-Recyclingsystem und ist für Bremen zuständig. Bellandvision hatte sich in einer Ausschreibung zum 1. Januar für RMG und gegen den bisherigen Entsorger ENO entschieden. Die Nehlsen-Tochter war seit Beginn der Mülltrennung in den Neunzigerjahren für die Abfuhr des Gelben Sacks verantwortlich.
RMG-Geschäftsführer Klaus Kögel zeigte sich am Donnerstag überrascht von der Heftigkeit, mit der die Kritik auf sein Unternehmen einprasselte. „Natürlich ist jede Reklamation eine zu viel“, räumte Kögel auf Anfrage ein. Doch seien am Donnerstag bereits sämtliche Beschwerden über Fehler bei der Abfuhr an den vorangegangenen Tagen abgearbeitet gewesen. Bei einem Entsorgerwechsel in einer Kommune von der Größe Bremens könne es nicht ausgeschlossen werden, dass es an der ein oder anderen Stelle zunächst ein wenig ruckelt.
„So kann es zum Beispiel sein, dass unsere Leute nicht auf Anhieb wissen, dass es da und dort Poller gibt, die die Durchfahrt in eine Straße blockieren“, sagte Kögel. RMG habe aber auf jeden Fall genügend Fahrzeuge und Manpower im Einsatz. Kögel gab zu, dass die Service-Telefonnummer in den vergangenen Tagen überlastet gewesen sei. „Wir hatten in der Tat viel zu viele Anrufe. Das meiste waren Anfragen zu Abholterminen und Abgabestellen für Rollen mit Gelben Säcken.“ Kögels Appell an die Bürger: „Solche Informationen können viel einfacher unserer Internetseite entnommen werden.“
Beim Verein "Haus & Grund" hätte Kögel am Donnerstag Tröstliches hören können. Dort lagen Geschäftsführer Ingmar Vergau bis zum Nachmittag noch keinerlei Beschwerden über RMG vor. Im Gegenteil: "Uns ist berichtet worden, dass Mitarbeiter des neuen Entsorgers im Rembertiviertel mit Besen und Kehrblech verstreuten Unrat aus Gelben Säcken eingesammelt haben", so Vergau. "Das war früher nicht der Fall."
Abfuhr des Gelben Sacks
Die Firma RMG aus Wiesbaden ist seit 1. Januar zuständig für die Abfuhr der Gelben Säcke beziehungsweise die Leerung der Gelben Tonnen. Für Anfragen wurde die kostenfreie Servicetelefonnummer 08 00 / 400 60 05 eingerichtet. Anders als bisher gibt es zunächst keine Coupons für neue Rollen mit Gelben Säcken. Bis Ende März können Bürger die Verteilstellen aufsuchen und dort bis zu zwei Rollen erhalten. Erst im April soll wieder auf ein Coupon-System umgestellt werden. Informationen über Verteilstellen für Gelbe Säcke in Bremen gibt es im Internet unter www.rmg-gmbh.de.
In Niedersachsen wird die Entsorgung der Wertstoffe von den Landkreisen organisiert und teils an Dienstleister wie Nehlsen vergeben. Im Kreis Cuxhaven zum Beispiel werden Wertcoupons für Gelbe Säcke an alle Haushalte verteilt. Im Kreis Diepholz ist die Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) zuständig. Rollen können in den Rathäusern oder an den Wertstoffhöfen abgeholt oder an den Sammelfahrzeugen angefordert werden.