Rund 100 Meter ist sie lang, die alte Wagenhalle des Straßenbahndepots Gröpelingen. Von der Stirnseite her wirkt das Gebäude mit seinen vier flachen Giebeln wie ein betagter Zweckbau ohne besondere Qualitäten. Und doch beeindruckt das Gebäude schon allein durch seine schiere Größe, es kann durchaus als horizontale Landmarke gelten. Als schlicht, aber raffiniert beurteilen Experten die Fenstergestaltung längs der Gröpelinger Heerstraße. Inzwischen hat der Zahn der Zeit an der Wagenhalle genagt, hier und da blättert der Putz ab. Was dem ganz eigenen, etwas spröden Charme aber keinen Abbruch tut.
Keine Frage, die Wagenhalle ist das mit Abstand auffälligste Bauwerk im Umfeld der Haltestelle Gröpelingen. Allerdings sind die Tage des fast 100 Jahre alten Gebäudes gezählt, es soll im Zuge der Umgestaltung des Depots verschwinden. Anfang 2020 ist laut Andreas Holling, Sprecher der Bremer Straßenbahn AG (BSAG), mit dem Beginn der Abrissarbeiten zu rechnen. Ein Stück Stadtteilgeschichte geht damit zu Ende: Errichtet wurde die Wagenhalle 1925/26 im Stil der Neuen Sachlichkeit mit expressionistischen Anleihen nach Plänen von Rudolf Jacobs, der auch das Postamt 5, die Eisenbahnersiedlung Breitenbachhof und das im Zweiten Weltkrieg zerstörte BSAG-Verwaltungsgebäude Am Wall entworfen hat.
Vergebens kämpfte der verstorbene Beiratsabgeordnete Helmut Kasten (Grüne) für den Erhalt der Wagenhalle. Auch Uwe Schwartz vom Landesamt für Denkmalpflege machte sich für die alte Bausubstanz stark, zumindest die Fassade längs der Heerstraße hätte er gern in eine Neugestaltung integriert gesehen. Wegen allzu gravierender baulicher Veränderungen kam eine Unterschutzstellung der Halle aber nicht in Betracht. Schon allein die entfernten Stützen im Einfahrtsbereich haben den ursprünglichen Eindruck stark verwässert. Gleichwohl hält Schwartz den Verlust mit Hinweis auf die historische Backsteinhalle am anderen Ende der Linie 2 für verkraftbar. „Der Denkmalbahnhof der BSAG ist Sebaldsbrück.“
Das Schicksal der Wagenhalle war freilich nicht von Anfang an besiegelt. Wie BSAG-Sprecher Holling berichtet, gab es im frühen Planungsstadium zwei Varianten für die Umgestaltung des Depots, eine hätte die Halle bewahrt. Davon sei man aber schnell abgerückt, weil die Baulichkeit nicht für die breiteren Straßenbahnen ausgelegt ist. „Das gesamte Areal wird komplett neu gestaltet“, sagt Holling. Die öffentliche Hand investiert 16,7 Millionen Euro in den Umbau des Depotgeländes, das mit drei Straßenbahn- und acht Buslinien die drittgrößte Drehscheibe im BSAG-Netz darstellt.