Einige neue Akteure hat Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) jetzt ins Boot geholt, um aus Bremen eine "sichere und saubere Stadt" zu machen. Doch das seit langem geforderte ressortübergreifende Konzept gegen illegale Graffiti und Farbvandalismus gibt es immer noch nicht. Die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnungsbau wird zwar über Mäurers Aktionen - wie jüngst die medienwirksame Reinigung von Spundwänden in Vegesack - informiert, aber damit endet die diesbezügliche Zusammenarbeit auch schon. In der Senatskanzlei sieht man den Elan des Innensenators mit Wohlwollen, doch eine Orchestrierung mit anderen Ressorts findet bislang nicht statt.
Genau dies wünscht sich aber der Eigentümerverband Haus & Grund: "Bürgermeister Andreas Bovenschulte muss den Kampf gegen die Verwahrlosung der Stadt zur Chefsache machen", fordert Geschäftsführer Ingmar Vergau. "Er sollte die zuständigen Ressorts beim Namen nennen: Inneres, Stadtentwicklung, Wirtschaft." Zudem müsse genug Geld zur Verfügung stehen, um im gesamten Zwei-Städte-Staat gegen die Schmierereien an Fassaden vorzugehen.
Beides fehlt. "Irgendwelche Geldtöpfe dafür gibt es nicht und auch keine gemeinsame Arbeitsgruppe", stellt Jens Tittmann klar, der Sprecher von Bau- und Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne). Die Bremer Stadtreinigung (DBS) sei zwar dem Ressort zugeordnet, könne aber als Anstalt öffentlichen Rechts nicht einfach beauftragt werden, Sudeleien an privaten Fassaden zu entfernen. Die DBS werde nur tätig bei extremistischen oder sexistischen Parolen an öffentlichen Bauwerken.
Damit will man sich im Innenressort nicht zufrieden geben. Die Reinigungsaktion in Vegesack, an der sich in der vorigen Woche ehrenamtlich die Maler-Innung sowie Handels- und Handwerkskammer beteiligt hatten, sieht man als Auftakt für flächendeckendes staatliches Handeln. "Der weitere Schritt ist nun, ein Gesamtkonzept gegen Farbvandalismus zu entwickeln", betont Mäurers Sprecherin Karen Stroink. Das sei schließlich der Auftrag des Senats, dem eine entsprechende Petition vorausgegangen war.
Das war Ende Februar 2021. Und laut Stroink hatte es seitdem bis zur Aktion in Vegesack viele ressortübergreifende Gespräche gegeben. Trotzdem sei "zum jetzigen Zeitpunkt noch offen, was diesem Pilotprojekt folgen wird". Die Finanzierung für weitere Maßnahmen ist bislang nicht gelöst. Doch der Koordinator des Projekts „Sichere und saubere Stadt“ - Polizeioberrat Christian Modder - entwickle nun ein Konzept, das noch in diesem Jahr vorgestellt werden soll. Schließlich sei "völlig klar, dass eine ehrenamtliche Unterstützung bei der Reinigung des öffentlichen Raumes durch das Maler- und Lackiererhandwerk nicht wiederholt geleistet werden kann".
Nachstreichgarantie wird nicht fortgesetzt
Bei Haus & Grund sei man "begeistert" von Mäurers Vorstoß, sagt Vergau. Vor allem, weil der Innensenator ausdrücklich auf ein Modell der Stadt Freiburg verwiesen hat. In der südbadischen Universitätsstadt erhielten private Eigentümer, die Graffiti an ihren Gebäuden durch die Maler-Innung entfernen lassen, eine sogenannte Nachstreichgarantie: Sollte eine Fassade innerhalb eines halben Jahres erneut mit Graffiti beschmiert werden, übernehme die Stadt bis zu zweimal die Kosten zur Beseitigung. Allerdings werde diese Initiative nicht mehr fortgesetzt, wie das Innenressort selbst einräumt, da die Finanzierung ausgelaufen sei.
Eine Antwort aus Freiburg, wie oft die "Nachstreichgarantie" in Anspruch genommen wurde, gab es auch Tage nach der Anfrage nicht. Vergau zitiert jedoch einen Kollegen aus der Stadt, dass es "sichtbar besser geworden" sei. 2023 werde es in Freiburg "mit der Maler-Innung wieder eine Schwerpunkaktion in einem Stadtteil geben, um Graffiti auszumerzen".
Auch die FDP-Fraktion hatte ein badisches Beispiel angeführt: In Pforzheim müssen ertappte illegale Sprayer unter ehrenamtlicher Aufsicht von Fachpersonal aus der Maler-Innung ihre Schmierereien beseitigen - so konnten sie hohe Schadensersatzansprüche der Geschädigten vermeiden. Zwar hat das "Anti-Graffiti-Mobil" (AGM) im Sommer 2021 seine Arbeit unterbrochen, ist im benachbarten Enzkreis aber weiter unterwegs. Und eine Fortsetzung des seit 2003 laufenden Projekts ist nach Auskunft des federführenden Polizeipräsidiums Pforzheim geplant. Denn "seit dem Bestehen des AGM wurden insgesamt etwa 30.000 Quadratmeter an besprühten oder beschmierten Flächen gestrichen beziehungsweise gereinigt", berichten die Ordnungshüter. "Durch die stetige und konsequente Schadensbeseitigung konnte insbesondere das Stadtgebiet Pforzheim in großen Teilen frei von Graffiti werden."
Vergau räumt ein, dass Immobilienbesitzer sich gegen Sachbeschädigungen durch Schmierereien versichern könnten, allerdings sei die Selbstbeteiligung oft hoch. Bei den badischen Modellen gebe es zudem "mehr öffentliches Augenmerk" für die Problematik.