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Bürgerpark-Bepflanzung Neue Bäume für den Bürgerpark

Noch zu Kaisers Zeiten angepflanzt, sind die ersten Bäume des Bürgerparks allmählich altersschwach geworden. Deshalb werden sie nun Schritt für Schritt ersetzt, teilweise durch neue Arten.
21.06.2023, 05:00 Uhr
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Neue Bäume für den Bürgerpark
Von Joerg Helge Wagner

Seit dem Jahr 2000 fallen 60 bis 80 Bürgerpark-Veteranen jährlich der Kettensäge zum Opfer. Sie müssen, denn nach gut 150 Jahren sind viele Bäume allmählich nicht mehr standsicher und damit ein Risiko für die Besucher. Sie wurden 1866 und in den Folgejahren noch von Wilhelm Benque, dem Schöpfer von Bremens größter Grünanlage, und seinen Arbeitern gepflanzt. Etliche brandheiße Sommer, eiskalte Winter und zwei Weltkriege haben sie überlebt. Doch nun ist ihre Zeit gekommen, sie müssen einer neuen Generation und zum Teil auch neuen Arten weichen.

Auch dies ist ein langwieriger Prozess: "80 Prozent der Erstbepflanzung sind noch da", versichert Bürgerpark-Direktor Tim Großmann. Der gelernte Ingenieur und Landschaftsarchitekt ist Herr über insgesamt rund 12.000 Bäume auf dem 136 Hektar großen Gelände. Gerade arbeitet man an einem digitalen Baumkataster – wenn es fertig ist, lässt sich auch exakt sagen, wie viele Bäume seit der Gründerzeit im Bürgerpark stehen. Der komplette Austausch werde sich noch 20 bis 30 Jahre hinziehen, schätzt Großmann.

Zumeist wurden damals Eichen und Buchen gepflanzt, später zudem Eschen, Linden und Erlen. "Auch Benque hat schon gemischt", betont der Parkdirektor, "und jetzt pflanzen wir für die nächsten 150 Jahre." Im Gegensatz zu Benque kann er dabei nicht mehr von einem stabilen Klima ausgehen. Also fährt man zweigleisig: Da ein Teil der Wissenschaft davon ausgeht, dass sich die bisher heimischen Arten an heißere und trockenere Sommer anpassen, wird die Hälfte der altersschwachen Bäume durch junge gleichartige Exemplare ersetzt. Bei den übrigen Ersatzbäumen werden neue Arten gepflanzt, die nicht nur Hitze und Trockenheit besser aushalten, sondern auch widerstandsfähig gegen Schädlinge sind.

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Und manche Arten wird es bald gar nicht mehr geben im Bürgerpark: Fichten etwa. Die könnten zwar ohne Borkenkäfer bestehen – aber wer kann garantieren, dass es keinen Befall gibt? Statt der Fichten – in einem Stadtpark ohnehin deplatziert – wird es neue Arten geben. Douglasien etwa oder widerstandsfähigere Eichensorten aus Südosteuropa, den USA und China.

Die leiden dann nicht mehr so unter Trockenstress wie der Altbaum-Bestand. Der zeigt bei ausbleibenden Niederschlägen Symptome wie zu kleine Blätter, Laubfall schon Ende Juli und sogenannte Sommerbrüche: "Da krachen dann plötzlich große, noch völlig grüne Äste herunter", schildert Großmann. Kastanien bilden unter Stress manchmal auch eine zweite Blüte, etwa an den Alleen zum Parkhotel.

"Wir sind artenreich", unterstreicht Großmann, weil es Tradition hat. Am 1871 errichteten "Schweizerhaus" – heute Sitz der Parkverwaltung – habe Benque etwa eine Zerr-Eiche gepflanzt, die aus Südosteuropa stammt. Auch amerikanische Roteichen befänden sich unter der Erstbepflanzung des Parks, sowie Nadelgehölze, um die Attraktivität des Parks zu steigern: "Benque hatte da keine Berührungsängste."

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Attraktiv soll der Park auch bleiben, wenn die alten Riesen fallen. Deshalb werden an ihrer Stelle keine kleinen Setzlinge gepflanzt, sondern Bäume, die schon drei bis vier Meter hoch sind und in einem Meter Höhe einen Stammdurchmesser von sechs bis sieben Zentimeter haben. Bei größeren Exemplaren sind es auch mal zwölf Zentimeter. Die Bäume sind dann schon zehn bis 20 Jahre alt, und für einen gefällten aus der ersten Generation werden zwei bis drei junge gepflanzt. "Das macht rund 150 Neupflanzungen pro Jahr, und damit gewinnen wir wirklich Zeit", freut sich der Parkdirektor.

Ebensolche Freude lösen die Baumspenden zahlreicher Bürger aus, die den Generationenwechsel erst ermöglichen. Dabei geht es um Geld, nicht etwa um ausgebuddelte Buchen aus bremischen Gärten, denn die würden am neuen Ort eingehen. Großmann bezieht die neuen Pflanzen von einer spezialisierten Baumschule in Bad Zwischenahn: Dort werden die Bäume mehrfach umgesetzt, damit sie am Ende auch im Bürgerpark anwachsen – sie sind an den Stress gewöhnt. Auch die hitze- und trockenheitsresistenten Arten kommen vom Süßwasser-"Meer" bei Oldenburg. "Fremdländisch, aber hier gezogen", erklärt Großmann. Lediglich die Samen stammten aus Rumänien, Ungarn, der Sierra Nevada oder gar der Mandschurei.

Die Standardspende für einen Bürgerpark-Baum beginnt bei 600 Euro, besonders Betuchte stiften schon mal ein kleines Wäldchen, verrät Großmann. Oft werde aus besonderen Anlässen gespendet, Geburten oder Hochzeiten etwa: "Die Übergabe ist dann immer sehr schön."

Und was geschieht mit dem Holz der gefällten Bäume aus der Gründerzeit? Es wird verkauft, zumeist als Kaminholz oder Heizpellets. Für Weinfässer oder gar Stilmöbel ist die Qualität zu schlecht, schließlich drohten die Bäume bereits umzustürzen. Ein minimaler Anteil wird als Bauholz genutzt, um die alten Gebäude im Park auszubessern – aber dafür muss es weitere zehn Jahre lagern. "Finanziell ist jeder gefällte alte Baum erst einmal ein Verlust", sagt Großmann. "Aber nicht nur deshalb freue ich mich über jeden, der noch etwas stehen bleiben kann."

Zur Person

Tim Großmann (51)

ist seit Januar 2012 der siebte Direktor in der Geschichte des Bürgerparks. Sein Vater war Grünflächenamtsleiter der Stadt Bochum, er selbst studierte an der Technischen Universität Dresden Landschaftsarchitektur. Danach arbeitete er als Diplom-Ingenieur, erstellte für ein bundesweit tätiges Büro Umweltgutachten und Objektplanungen. Heute ist er für rund 30 Mitarbeiter zuständig, aber auch für den Bürgerpark-Verein mit seinen rund 3000 Mitgliedern.

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