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Streit um Überbelegung der JVA Oslebshausen Im Bremer Gefängnis wird es eng

Wie voll ist das Gefängnis in Bremen-Oslebshausen? Teilweise überbelegt, sagt die Gewerkschaft der Justizvollzugsbeamten, die Justizbehörde sieht noch Reserven. In anderen Punkten ist man sich einig.
02.07.2018, 05:30 Uhr
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Im Bremer Gefängnis wird es eng
Von Jürgen Theiner

Steigende Gefangenenzahlen und islamistische Gefährder belasten die Situation in der Bremer Justizvollzugsanstalt. Ob das Gefängnis in Oslebshausen und seine Bremerhavener Außenstelle bereits überbelegt sind, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Justizbehörde sieht die Kapazitätsgrenze noch nicht erreicht. Die Gewerkschaft der Justizvollzugsbeamten beurteilt die Lage anders. Die Zahlen aus dem Haus von Senator Martin Günthner (SPD) gäben die Realität nicht korrekt wider, so ihr Vorwurf.

Hintergrund der Kontroverse ist eine parlamentarische Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion zur Lage in den Haftanstalten des kleinsten Bundeslandes. Darin berufen sich die Christdemokraten auf eine Umfrage der Funke-Mediengruppe bei den Justizbehörden aller 16 Bundesländer von Ende April. Sie zeigte eine generelle Tendenz zu höheren Gefangenenzahlen auf. Unter anderem in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg waren die Haftkapazitäten zu Jahresbeginn bereits ausgeschöpft.

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Und in Bremen? Nach Angaben der Justizbehörde sitzen gegenwärtig in Bremen und der Seestadt 670 Gefangene ein. Damit sei das Oslebshauser Gefängnis zu 93 Prozent und die Außenstelle zu 82 Prozent ausgelastet. So steht es im Entwurf einer Antwort auf die CDU-Anfrage, mit der sich der Senat am Dienstag beschäftigen wird und die dem WESER-KURIER vorliegt. Die Zahlen suggerieren: Da sind noch Reserven. Das stimme aber nicht, widerspricht Werner Fincke. Er ist Landesvorsitzender des Bundesverbandes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD). Die Behörde vermische in der Gesamtzahl die unterschiedlichen Bereiche des Strafvollzugs in unzulässiger Weise.

In Teilen der Anstalt eine Überbelegung

„Wahr ist, dass im Jugendvollzug und bei den weiblichen Gefangenen einige Zellen leer stehen“, so Fincke. Ganz anders sei es bei den Untersuchungshäftlingen und den erwachsenen männlichen Insassen. Für diese Gruppen könne die Regel, dass jedem Häftling ein eigener Raum zusteht, schon jetzt nicht mehr eingehalten werden. Da es aber zwischen dem Jugendvollzug und der Strafhaft für Erwachsene eine strikte, auch räumliche Trennung gebe, könnten die freien Kapazitäten nicht anderweitig genutzt werden. „Faktisch gibt es also in Teilen der Anstalt eine Überbelegung“, hält Fincke fest.

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Einig sind sich Justizbehörde und Gewerkschaft in einem anderen Punkt. Die soziale Zusammensetzung der Gefangenenklientel verändert sich und bringt neue Herausforderungen für die Justizbediensteten mit sich. Stichworte: psychische Störungen, mangelnde Deutschkenntnisse, religiöse Radikalisierungstendenzen bei muslimischen Häftlingen. Gerade mit Letzteren werde die Arbeit immer aufwendiger, sagt Werner Fincke. „Wir müssen zusehen, dass die für ihre extremistischen Ansichten unter den Gefangenen nicht auch noch Werbung machen.“

Personalausstattung muss überprüft werden

Die Arbeit im Vollzug wird also schwieriger. Auch die Justizbehörde gesteht deshalb zu, dass „die Personalausstattung der JVA neu zu überprüfen sein wird“, wie es in der Senatsvorlage heißt. Eine „effektive Nachwuchsgewinnung“ sei dabei „von besonderer Bedeutung“. Weil die Bewerberzahlen zuletzt rückläufig waren, müssten „potenzielle Bewerberinnen und Bewerber durch öffentlichkeitswirksame Maßnahmen gezielt angesprochen werden“. Fragt man Werner Fincke, dann geht es aktuell nicht nur mit der Anzahl der Bewerbungen abwärts, sondern auch mit deren Qualität. „Nach dem Sporttest ist die Hälfte weg und nach dem Deutschtest noch mal die Hälfte“, so die Erfahrung des BSBD-Landesvorsitzenden.

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Aus seiner Sicht wäre schon etwas gewonnen, wenn die Justizbehörde etwas gegen die Frustration der vorhandenen Belegschaft unternähme. Ein großes Ärgernis sei die zugesagte, aber bisher nicht eingelöste Zahlung von Zuschlägen für ungünstige Dienstzeiten. Diese Beträge seien Anfang des Jahres aufgestockt worden – theoretisch. Eine Auszahlung sei wegen anhaltender EDV-Probleme noch nicht erfolgt.

Unterdessen plant die Justizverwaltung, die in die Jahre gekommenen Häuser 1 und 2 des Oslebshauser Gefängnisses zu sanieren. Um die aktuelle Insassenzahl auch während der Umbauarbeiten unterbringen zu können, soll auf dem Gelände ein provisorisches Gebäude aus besonders gesicherten Containern errichtet werden.

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