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Vielfältige Ursachen für schwindende Zahl der Hühnervögel / Größter Verlust bei den Jungtieren vermutet Immer weniger Fasane im Landkreis

Landkreis Osterholz·Schwanewede. Sein wissenschaftlicher Name lautet Phasianus Colchicus, er gehört zur Gattung der Hühnervögel und war bereits in der Antike als Ziervogel und wegen seines wohlschmeckenden Fleisches äußerst beliebt. Doch der Anblick von Fasanen wird immer seltener.
29.08.2015, 00:00 Uhr
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Von Alexander Bösch

Sein wissenschaftlicher Name lautet Phasianus Colchicus, er gehört zur Gattung der Hühnervögel und war bereits in der Antike als Ziervogel und wegen seines wohlschmeckenden Fleisches äußerst beliebt. Doch der Anblick von Fasanen wird immer seltener. Auch im Landkreis Osterholz ist der Bestand der Bodenbrüter kontinuierlich zurückgegangen.

Die Zählung der Fasanenhähne im Rahmen der Wildtiererfassung in den letzten sechs Jahren zeigt für den Landkreis einen Rückgang von 2,8 Hähnen auf je hundert Hektar auf 2,3 Hähne. Die Zahlen für die Hegeringe 1 (Schwanewede ) und 3 (Neuenkirchen) untermauern diese Tendenz. So wurden 2009 im Hegering 1 noch 2,86 Hähne gezählt. 2013 waren es 1,9, bevor sich der Bestand im letzten Jahr auf 2,46 Hähne pro hundert Hektar stabilisierte.

In Neuenkirchen fallen die Zahlen noch deutlicher aus: Von 2,73 Vögeln 2009 fiel der Index 2014 auf 1,16 Fasanenhähne. „In Neuenkirchen hat allerdings auch das Hochwasser in der Brut- und Setzzeit eine große Rolle gespielt“, gibt Kreisjägermeister Heiko Ehing zu bedenken. Worin genau die Ursachen des Populationsverlusts liegen, ist nicht in Gänze geklärt. Heiko Ehing, der für die Niedersächsischen Landesforste zuständig ist, vermutet eine Reihe von Gründen, die in ihrer Kombination Auswirkungen auf die Besätze haben.

Da nur wenige verendete erwachsene Tiere gefunden wurden, vermutet man den größten Verlust bei den Jungtieren. Die Fortpflanzungszeit der Fasane beginnt Ende März und ist meist Anfang Juni abgeschlossen. Dabei könnte vor allem die nasskalte Witterung Ende April ein Faktor gewesen sein.

Während erwachsene Tiere hauptsächlich pflanzliche Kost wie Sämereien, Zwiebeln und Wurzeln zu sich nehmen, brauchen die Jungtiere in den ersten vier Wochen viel tierisches Eiweiß, dass sie durch Insekten zu sich nehmen. „Wenn das Wetter feucht ist, sind die Insekten aber nicht aktiv, sondern klammern sich an Grashalmen fest. Die Küken finden dann keine Ameisen, Asseln oder Spinnen“, erläutert Ehing. In den ersten Wochen sei überdies das Gefieder nicht so weit entwickelt, dass die benötigte Körpertemperatur aufrechterhalten werden könne: „Die Küken krabbeln dann zum Temperaturausgleich unter das Gefieder der Henne und können in dieser Zeit nicht fressen.“

Ein weiterer Faktor sei die Zunahme von Prädatoren, also natürlicher Fressfeinde. Bei der Brut und Aufzucht des Nachwuchses sind Fasane durch Fuchs, Steinmarder und Iltis, aber auch durch Rabenkrähe, Habicht, Sperber, Bussard und Elster gefährdet. Um den Einfluss der Rabenvögel auf die Bodenbrüter zu erforschen, hatte der Stifterverband für Jagdwissenschaften in sechs Fasanenrevieren Nordrhein-Westfalens Untersuchungen durchgeführt, um den Verlust der Eier zu dokumentieren. Dafür wurden präparierte Gelege mit unbefruchteten Fasaneneiern ausgelegt und durch Kameras überwacht.

Innerhalb des Untersuchungszeitraums wurde festgestellt, dass 46 Prozent der Gelege durch Raubtiere verloren gingen. Die Hälfte der Verluste ging auf das Konto von Rabenkrähen. „Werden Prädatoren zu wenig bejagt, kann sich ein reduzierter Besatz schwer erholen. Da haben Sie dann statt 100 nur noch 30 Nester , die im Nu von den Prädatoren entdeckt werden“, erklärt Ehing den Teufelskreis.

Bei einer frühen Mahd spielen Kreiselmäher den Raubtieren oft in die Hände. Es könne passieren, dass die Messer des Mähers ein Gelege zerstören oder dass die Eier zumindest freigelegt würden: „Das erspähen die Rabenvögel sofort und stürzen sich darauf“. Der Einsatz von Warnpiepern, die auf dem Prinzip von Feuermeldern basieren, könne hilfreich sein. Normalerweise würde es die Henne aber schaffen, sich mit den Küken so schnell wie möglich von der Freifläche in Richtung einer Hecke zu bewegen. Überdies kann es bei einem Gelegeverlust bis zu zwei Mal zu Nachbruten kommen.

Obwohl keinerlei Seuchen wie etwa die Vogelgrippe nachgewiesen werden konnten, habe man in den Körpern verendeter Altvögel im Zeitraum von 2011 bis 2013 in Niedersachsen Antikörper entdeckt, die auf die Existenz pathogener Erreger schließen lassen. Es habe sich vor allem um Erreger von Atemwegserkrankungen gehandelt. „Es kann sein, dass diese Bronchialviren einen Einfluss auf die Fortpflanzung haben“, so Heiko Ehing. Bei warmem Wetter und ausreichendem Vorhandensein von Insekten könne der Erreger von den Küken abgewehrt werden. Bei nasskalter Witterung sei der Körper aber geschwächt und der Erreger könne ausbrechen.

Martin Meyer-Lührmann macht vor allem die Folgen der intensivierten Landwirtschaft mit immer großflächigeren Ackerschlägen für den Rückgang der Tiere zuständig. Er ist der Bezirksvorsteher der Jägerschaft Osnabrück und Emsland. Dem Niederwild würden immer weniger Rückzugsräume zur Verfügung stehen. Indirekt sei hierfür auch das Gesetz für erneuerbare Energien und der daraus folgende Boom von Biogasanlagen samt steigender Anzahl von Maisfeldern verantwortlich. „Niederwild kann sich nicht in nackten Maisfeldern verstecken, sondern braucht Rückzugsmöglichkeiten!“, macht er die – politisch gewollte – Konzentration der Landwirtschaft in immer größeren Flächeneinheiten verantwortlich. Es reiche nicht aus, Naturschutzgebiete für Wiesenvögel zu errichten, es müsse auch eine verstärkte Jagd auf Prädatoren geben. „Das muss man aber intelligent machen, nicht durch Totschlagfallen, bei denen es Fehlfänge gibt!“

Auch der hohe Einsatz von Pestiziden ist laut Meyer-Lührmann dafür verantwortlich, dass es immer weniger Insekten und somit weniger Nahrung gebe. Eine auf fünf Jahre angelegte Studie im Auftrag des Instituts für Wildtierkunde in Hannover habe keinerlei Hinweise auf Seuchen ergeben. Gemeinsam mit dem Institut hat der NDR die Dokumentation „Das Verschwinden der Fasane“ gedreht, die am 15. September um 18 Uhr 15 auf N3 zu sehen ist. Bei aller Sorge: Dramatisch sei ein Populationsverlust von bis zu 25 Prozent nicht – zudem immer mal wieder strenge Winter und klimatisch wechselhafte Frühjahre den Fasanen zugesetzt hätten.

Der Fasan: In einem Tierporträt des Naturschutzbundes Nabu heißt es, der Fasan stamme ursprünglich aus Mittelasien. Auch aufgrund regelmäßiger Aussetzungen lebe er aber mittlerweile in ganz Mittel- und Westeuropa. Seinen Lebensraum hat der Fasan vorwiegend in weiten Feldfluren, wo ihm Gehölze und Hecken Deckung bieten. Die am weitesten in Deutschland verbreitet Unterart ist laut Nabu der Mongolische Ringfasan; die meisten Fasane seien ein Mix aus verschiedenen Unterarten.Der Fasan darf laut dem Bundesjagdgesetz vom 16. Oktober bis 15. Januar gejagt werden.

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