„Hier in Walle gärtnert man gerne“, freut sich Petra Müller, die für Walle verantwortliche Stadtteil-Sachgebietsleiterin im Ortsamt West. Nachdem nämlich am Rande der Waller Feldmark, auf einer ehemals völlig zugewucherten Brache am Hagenweg/Ecke Fleetstraße, im August 2011 eine Initiative den Internationalen Garten Walle für Gartenfreunde aus aller Welt eröffnet hat, sprießen in Walle aktuell immer mehr gemeinschaftliche Gartenprojekte aus dem Boden.
In der Überseestadt hat zwischen Europahafen und Weser kürzlich die in Gröpelingen beheimatete Gemüsewerft eine „Außenstelle“ eröffnet, und auch im Kleingartengebiet ums Waller Fleet herum sind seit Ende vorigen Jahres Menschen mit grünem Daumen gemeinschaftlich aktiv, wie nun im Fachausschuss „Kultur, Sport und Migration“ des Waller Stadtteilbeirats zu hören war.
Dort wurde das Projekt „Pflanzen schafft Freu(n)de“ der Kulturwerkstatt Westend vorgestellt, bei dem das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ zum Tragen kommt, indem Flüchtlinge von Anfang an mit in die Projektarbeit einbezogen werden. Treibende Kraft hinter diesem Vorhaben ist Harry Geiger, Gartenbesitzer und Hobbygärtner seit 25 Jahren und seit nunmehr 16 Jahren im Westend aktiv – mittlerweile als Rentner.
Nachdem Geiger eines schönen Tages durch das Kleingartengebiet um das Waller Fleet spaziert und einigen Laubenpiepern dort bei unterschiedlichen Arbeiten zur Hand gegangen war, da dachte er sich: „Da gibt es so viele verwilderte Gärten – die müsste man wieder fit machen!“
Also hörte sich Geiger im Freundes- und Bekanntenkreis um, und schon bald fanden sich ehrenamtliche Mitstreiter, die sich mit ihm an die Arbeit machten: „Es mussten Häuschen repariert werden, die schon völlig vollgemüllt waren. Wir haben den Müll weggebracht und den Urwald gelichtet“, schilderte Geiger.
Zwei- bis dreimal pro Woche wurde gemeinsam mehrere Stunden lang rangeklotzt, mit dabei sind auch schon einige Flüchtlingsfamilien, die die hergerichteten Gärten später einmal übernehmen und sie dann eigenständig gärtnerisch hegen und pflegen sollen.
Über den Gartenzaun hinweg entstehen dann insbesondere auch zwischen den Kindern schnell und unkompliziert persönliche Kontakte, so der Grundgedanke: Ein erster wichtiger Schritt in Richtung Integration. Eine syrische Familie soll Geiger bei der Integrationsarbeit helfen, indem sie andere Familien begleitet: „Diese Familie lebt schon länger in Bremen, spricht die Sprache und kennt die Gepflogenheiten“, erzählt Harry Geiger – schließlich gelte es speziell in Kleingartengebieten bestimmte Regeln zu kennen und auch zu respektieren.
Bei der Stadt kommt das integrative Projekt gut an, der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr finanziert das Projekt mit Mitteln aus dem „Pop“-Programm für Stadtentwicklung. Denn die Stadt plant bekanntlich, zwischen Maschinenfleet, Ritterhuder Heerstraße, Bahnlinie und Gewerbegebiet Bayernstraße den „Naherholungspark Bremer Westen“ zu schaffen. Das Vorhaben war seinerzeit in die Projektfamilie „Knüpfwerk“ aufgenommen worden; dabei geht es darum, brach gefallene Gärten wieder zu bearbeiten oder umzunutzen und außerdem die Wegeverbindung zwischen Walle und Gröpelingen zu verbessern.
Mit Unterstützung durch „Pop“-Mittel und über ein Förderprogramm der Sparkasse konnte das Team um Geiger mittlerweile einige für die Rodungsarbeiten dringend benötigte Maschinen und Geräte anschaffen und auch eine Gärtnerin anheuern, die den Hobbygärtnern nun mit Rat und Tat zur Seite steht. Mittlerweile hat die Gruppe außerdem ein ehemaliges Kaisenhaus am Aurikelweg übernommen, das ihr nun als Basislager dient. „Wir dulden das, weil es sich dabei nicht um eine Wohnnutzung, sondern um eine kulturelle Nutzung handelt“, sagt dazu Jens Tittmann, Sprecher des Umweltressorts.
Sieben Gärten habe er aktuell unter seinen Fittichen, berichtete Geiger nun den Waller Ortspolitikern. Das Projekt sei zunächst bis November bewilligt, so Geiger – ihm sei allerdings bereits signalisiert worden, dass es anschließend weitergehen könne: „Ich hoffe, dass ich bis Ende des Jahres vier oder fünf Familien in Gärten gebracht habe.“ Für den Weg zu diesem Ziel hat er nun wohl zusätzliche Fürsprecher gefunden – die Waller Ortspolitiker nämlich zeigten sich von dem Projekt fraktionsübergreifend höchst angetan.
Informationen rund um das Projekt „Pflanzen schafft Freu(n)de: Integration über’n Gartenzaun“ der Kulturwerkstatt Westend sind unter www.harry.kultur-bremen.de zu finden.