Der Ball wird ruhen an diesem Wochenende auf Bremens Fußballplätzen. Vielleicht nicht am Sonntag im Weserstadion, auch wenn nach einem Corona-Fall bei Werders Profis auch in diesem Fall noch nichts sicher vorhergesagt werden kann. Auf jeden Fall aber wird es keine Spiele im Verantwortungsbereich des Bremer Fußball-Verbandes geben. Dazu zählt der gesamte Spielbetrieb unterhalb der Regionalliga, der vierthöchsten Spielklasse. Das hatte der Bremer Fußball-Verband (BHV) am Mittwochabend auf einer Sondersitzung des Verbandsbeirates festgelegt. Auch die für kommende Woche angesetzten Pokalspiele werden abgesetzt.
Was zunächst mal für einige Tage gilt, könnte zum Programm für Wochen werden, im schlechtesten Fall für mehr. Am kommenden Dienstag will der BHV erneut tagen, dann sind auf einer Videokonferenz auch die jeweiligen Vertreter der Bremer Vereine zugeschaltet. Dass sie lieber keinen Fußball mehr spielen lassen wollen, dass sie immer größere Sorgen haben vor einer Ansteckung durch einen Zweikampf auf dem Platz, ist dabei eher nicht das Thema. Das Thema ist eher, wie das alles noch zu organisieren und kontrollieren sein soll.
Aus diversen Gründen, die oftmals gar nicht unmittelbar mit dem Fußball zusammenhängen, landen immer mehr Spieler und in der Folge ganze Mannschaften in Quarantäne. „Speziell die umfangreichen Quarantänemaßnahmen bereiten den Vereinen zunehmend Schwierigkeiten, leistungsfähige Mannschaften auf die Spielfelder zu schicken. Dadurch ist ein fairer Wettbewerb zunehmend gefährdet“, heißt es in einer BHV-Mitteilung. Für die betroffenen Spieler und Spielerinnen könne die Quarantäne zudem zu Problemen im beruflichen Umfeld führen.
In den Vereinen ist es oft nur eine Handvoll Ehrenamtlicher, die alles organisieren und regeln muss. „Ich fände es gut“, sagt einer dieser Ehrenamtlichen, „wenn wir jetzt mal circa vier Wochen Pause machen, und dann schauen, wie hoch die Infektionszahlen sind.“ Christof Frankowski, Abteilungsleiter beim TuS Schwachhausen, sagt das. Andere halten eine erst mal kürzere Unterbrechung für angebracht. Dass die Situation aber permanent beobachtet und notfalls neu bewertet werden müsse, sagen alle Befragten in der Szene. Der Verband sagt, er wolle sich seiner Linie treu bleiben, und nicht für die Vereine entscheiden, sondern gemeinsam mit ihnen.
Exponentiellen Anstieg bremsen
„Training und Wettkampf sind wahrlich keine Superspreader-Events“, sagt Bremens grüne Sportsenatorin Anja Stahmann, derzeit auch Vorsitzende der Sportministerkonferenz in Deutschland. Aber der Sport sei auch kein Bollwerk gegen das Virus. Je weiter es sich verbreitet, desto mehr werde es auch in den Sport hineingetragen. Vordringliches Ziel müsse es also sein, den exponentiellen Anstieg zu bremsen. Sport ist kein Corona-Treiber, ist aber dennoch betroffen. Zugespitzt formuliert ist das seit Monaten die gängige Wahrnehmung. Nicht nur im Fußball, der deutschen Sportart Nummer eins.
Je kälter es jetzt draußen wird, desto mehr rücken so auch wieder die Hallensportarten in den Blickpunkt – und versuchen auch hier Verbände oder Vereinsvertreter, eine gangbare Linie zu finden. Am Montag hatte sich das Präsidium des Bremer Handball-Verbandes (BHV) auf eine Art Freiwilligen-Modell verständigt. Liegt der Inzidenzwert (Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen) über 50, dürfen Spiele sanktionsfrei abgesagt werden. Ergebnis: Fast alle betreffenden Mannschaften, die unter die BHV-Obhut fallen, haben für dieses Wochenende zurückgezogen. „Der Spielbetrieb geht gegen null“, sagt Jens Schoof, Vizepräsident Spieltechnik.
Am Mittwochabend hatte dann in Hannover das Präsidium des niedersächsischen Verbandes HVN getagt, in den Bremen als Region eingegliedert ist und der den Ligabetrieb für die Ober- bis zur Landesliga lenkt. Man habe sich dem Bremer Modell weitgehend angeschlossen, berichtet Schoof, der auch zum HVN-Präsidium gehört. Die Regelung sei insofern modifiziert worden, als bereits ab einem Inzidenzwert 35 eine Absage beziehungsweise Verlegung möglich sein soll.
Im BHV werde man besprechen, ob die Absage-Grenze ebenfalls von 50 auf 35 gesenkt werden solle. Er halte das für sinnvoll, sagt Jens Schoof. Ob dieses Modell bald auch im nordwestdeutschen Volleyball versucht wird, ist am Mittwochabend auf einer Vorstandstagung vertagt worden. Ende Oktober wollen die 17 Regionen des Nordwest-Verbandes sich virtuell treffen und schauen, ob sie es so machen wollen wie jetzt schon die Handballer oder auch die Volleyballer aus Hamburg.
Allerdings, das ist seit Monaten der Glaskugel-Faktor, könnten Ende des Monats noch ganz andere Zahlen und Beschlüsse im Raum stehen. Aktuell ist es so: Wenigstens in den höheren Klassen, organisiert durch nationale oder regionale Verbände, wird noch mehr gespielt als nicht gespielt. In der Fußball-Regionalliga fallen nur zwei Begegnungen aus. Altona 93 und Atlas Delmenhorst sind in Quarantäne.
Basketballer bleiben bei Freiwilligkeit
Der Niedersächsische Basketballverband (NBV), dem der Bremer Basketball-Verband (BBV) spieltechnisch als eine von insgesamt acht Regionen angehört, setzt weiterhin auf Freiwilligkeit der Mannschaften und Vereine. Am Dienstag hat das NBV-Präsidium mit BBV-Vizepräsident Carsten Bierwirth als Bremer Regionsvertreter getagt. Das Ergebnis: keine generelle Absage des Spielbetriebs, wohl aber die Möglichkeit für die Klubs, ohne Zahlung von Gebühren Partien verlegen zu lassen.
„Wir sind nicht schlauer als die Gesundheitsämter und halten uns an deren Vorgaben“, sagt Bierwirth, „aber solange der Sport erlaubt ist, werden wir ihn auch ausüben.“ Diese Sichtweise sei durchaus kontrovers diskutiert worden, sagt der BBV-Vize. Auch sein Bremer Vorstandskollege Thomas Behrens, im Verband zuständig für die Organisation des Spielbetriebs, sieht das anders. „Freiwilligkeit ist für mich keine Verantwortlichkeit“, sagt Behrens – ihm wäre die Unterbrechung der Saison lieber.
Im Hockey werde es unterhalb der Oberligen und in der Jugend keine Hallensaison geben, sagt Martin Schultze vom Bremer HC. Bis kommenden Sonntag haben die Regional- und Oberligisten Zeit, sich zu entscheiden, ob sie in der Halle spielen möchten. Wenn mindestens die Hälfte der Teams einer Liga Ja sagt, werde gespielt, sagt Schultze.